Gott inmitten der Welt. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2011

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Zu: Klara Butting: Der das Licht und die Finsternis schuf: Glauben heute – biblisch – politisch – spirituell, Wittingen, Erev-Rav, 2007.

Dr. Klara Butting ist Mitherausgeberin der theologisch-politisch engagierten Zeitschrift „Junge Kirche“. Sie ist Privatdozentin im Fach Altes Testament und hat im Rahmen der „Bibel in gerechter Sprache“ die Bücher Joel und Esther übersetzt (siehe: Bibel in gerechter Sprache, hrsg. von Ulrike Bail u.a., Gütersloh 2008). Das vorliegende Buch „Der das Licht und die Finsternis schuf“ stellt keinen geschlossenen Entwurf zum Thema vor, sondern präsentiert eine Sammlung bereits veröffentlichter Texte, Vorträge, Predigten und Aufsätze aus den Jahren 2002 bis 2007. Die Aufgabe, die sich der Rezensent stellt, ist folgende: Wie wird die im Vorwort gemachte Feststellung, dass es kein Zurück gibt zur Vorstellung vom „allmächtigen, irgendwie unbegreiflichen Gott“ als Abschied von einer hierarchisch und von Gewalt-geprägten Gottesvorstellung vollzogen? Ohne Frage: Niemand kann diese Frage ohne persönliche, biographische Zugänge beantworten. Klar, Butting nennt persönliche, biografische Krisen, auch gesundheitliche, sie hat im Freundeskreis erfahren, dass ein ihr naher Mensch an ALS erkrankte und war mit der Tatsache konfrontiert, dass ihr eigener Großvater an einer Schaltstelle der Macht durchaus auch an Verbrechen der Nazi-Zeit beteiligt gewesen ist, um nur einige der persönlichen Anspielungen zu nennen. Kann man erst klar und deutlich reden, wenn man bereit ist, solche eigentlich doch recht privaten Themen in einer Veröffentlichung zu nennen? Dazu stellt Klara Butting sich die Aufgabe, die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebe im Raum der Kirche zu verbessern, indem sie zu diesbezüglichen religiösen Vorurteilen Stellung bezieht. Der Aufsatz „Kann denn Liebe Sünde sein?“ zählt zu den stärksten Texten des Buches, indem er darstellt, dass die „Freiheit vom Gesetz“, die Paulus am Beispiel der rein und unrein unterscheidenden Speisegebote erklärt, eine religiöse Vorstellung von der unerlaubten Vermischung voraussetzt, die für ihn durch Christus aufgehoben wird. Der Expertin für Altes Testament gelingt es zu zeigen, dass die Gebote für den sexuellen Bereich ebenfalls an einer Unterbindung von Vermischung interessiert sind. Gleichzeitig in Distanz zu Texten der Bibel und andererseits aber von ihr her Orientierung zu suchen und zu finden, ist die Kunst der Hermeneutik. Klar ist, dass die Autorin immer wieder zu exegetischen Argumentationen zurückfindet, die Gott als Teil des Lebens in Beispielen der Interpretation der biblischen Begriffe, Namen und Kontexte darstellt. An Bibeltexten geht Klara Butting beispielhaft auf den jüdisch-rabbinischen Interpretationshintergrund der Bibel ein. Andererseits findet sie auch Ergebnisse durch typologische Überlegungen, indem sie etwa Aussagen aus Offenbarung 21 vom neuen Himmel und der neuen Erde auf die Interpretation der Schöpfungsgeschichte in der Genesis bezieht. Zur Ausgangsfrage: Gott ist kein Jenseitswesen, kein männlich geprägter Himmelsherrscher, sondern lebendiges Gegenüber im Glauben und im theologischen Sinn Person. Gottes Wort und Handeln in der Bibel zielt auf das Leben der Welt und nicht allein auf den Aufbau einer Kirche. Gott ist also schon in der Bibel keine von der Welt abgehobene Realität, sondern ist in der Erfahrung zu begreifen. „Wir machen Gott stark, zu tun, wozu er da ist.“ (S. 129). Gott selbst wird so, auch in der Interpretation biblischer Kontexte, zum Symbol der Vielfalt. Die Texte von Klara Butting sind inhaltlich mutig, persönlich angebunden und am Bibeltext orientiert.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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