Ausweg aus der Katastrophe. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2012

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Zu: Charles Eisenstein: Die Renaissance der Menschheit, Scorpio Verlag München 2012, ISBN 978-3-942166-04-2, Preis 22,95 €, 784 Seiten.

Charles Eisenstein, geboren 1967, ist ein amerikanischer Philosoph, den es zuerst als Übersetzer nach Taiwan geführt hat, wo er sich als Yoga-Lehrer ausbilden ließ. Er hat sich inzwischen der Occupy-Bewegung angeschlossen und gilt als engagierter Vordenker für alternativen Formen des Wirtschaftens. Sein neuestes Buch „Sacred Economics“ (2011) ist noch nicht auf Deutsch erschienen. Hier gibt es seit Anfang des Jahres Eisensteins erstes Hauptwerk „Die Renaissance der Menschheit“. Es ist mit über 700 Seiten ein kulturphilosophischer Entwurf.

Seine These ist recht einfach nachvollziehbar und nicht unrealistisch. Sie sei hiermit kurz skizziert. Der Wahn der Wissenschaftlichkeit und des Rationalismus ist in der Technologie verwirklicht worden. Die Zivilisation hat sich von dieser Technologie abhängig gemacht. Die Menschheit lebt in einem Zustand der Trennung von ihrer naturgemäßen Herkunft. Diese Trennung besteht nicht nur in der Gegenwart sondern reicht kulturgeschichtlich weit zurück. In der Gegenwart ist daraus eine regelrechte Sucht nach Technologie entstanden, wie alles andere dominiert. Wie beim Konzept der anonymen Alkoholiker wird, davon geht Eisenstein aus, die Menschheit inmitten der Katastrophe erkennen, dass sie umdenken und umsteuern muss. Sie wird erkennen, dass sie sich von der Technologiesucht abhängig gemacht hat.
Das Bild auf dem Buchcover ist der Turmbau zu Babel. Doch Eisensteins Untergangsvision ist zugleich das Bild der Arche Noah. Er legt ein neues „Prinzip Hoffnung“ vor, dass zugleich realistisch genug ist, die Konsequenzen der Rationalität in allen Lebensbereichen erkennen zu können. Seiner Meinung nach gibt es kein Zu-spät, da die Menschheit das Potenzial hat, sich selbst neu zu orientieren. Der Ansatz von Eisenstein ist faszinierend, weil er die gegenwärtige Katastrophe sehr genau schildert und sich ihrer Konsequenzen stellt; denn genau darin liegt die Lösung. Trotz der Anspielungen an den Turmbau zu Babel kommen recht wenig religiöse Bezüge darin vor. Eisenstein argumentiert selbst eher wissenschaftlich, stellt aber dabei fest, dass die Krise der Gegenwart hauptsächlich spiritueller Art ist. Die Lösung, der Weg aus der Katastrophe, wird eine spirituelle sein. Für die Kirche ist das Buch eine Herausforderung, da viele Argumentationslinien an die systematische Theologie erinnern: Wird sie weiterhin als Institution hingegebenem Strukturen dienen oder wird sie aus ihrem eigenen Wurzeln dem Weg in eine neue Spiritualität finden?
Das Buch ist nicht nur gedruckt zu bekommen, sondern es ist in den Sprachen Chinesisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch, Ungarisch, Rumänisch, Russisch, Serbisch und Spanisch im Internet veröffentlicht (www.kanope.de).

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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