Die falsche Suche nach dem Glück, Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2012

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Zu: Georg Römpp: Das Anti-Glücksbuch, Francke Verlag Tübingen 2012, ISBN 978-3-7720-8454-6, Preis: 16,99 €

Zunächst erwarten die Lesenden ein anderes Buch, ein Buch, das im echten Sinn des Wortes ein Anti-„Glücksbuch“ ist, also ein Buch, das die Lifestyle-Literatur unserer Tage darstellt und kritisiert. Die kleine biografische Notiz über den Autor im Impressum und ein Blick in einen Bücherkatalog zu Georg Römpp zeigt, dass es hier um Philosophie gehen wird.

Der promovierte Philosoph bewährte sich bisher als Wissenschaftsautor und veröffentlichte wissenschaftliche Taschenbücher über Aristoteles, Hegel, Kant, Nitzsche, Platon und Wittgenstein, dazu weitere Bücher über Husserl und Heidegger. Folglich fokussiert das Anti-Glücksbuch einen der zentralsten philosophischen Begriffe vor dem Hintergrund der tagesaktuellen philosophischen Diskussion um das Verhältnis von Glück und Lebenskunst.  Die am Buchmarkt verbreitete Glücks- und Wellness-Literatur kommt im Buch nicht direkt vor. Trotzdem muss man sagen, dass der Autor zeigt, dass die Denksysteme hinter den vorgestellten Begriffen ausschlaggebend sind. Insofern packt er das Problem bei den Wurzeln und zeigt, dass die „Suche nach Glück“ ein unmöglicher Versuch ist, den Sinn des Lebens zu definieren. In dieser Hinsicht berührt das ideologiekritische Denken Römpps die Theologie, sofern sie sich nicht ihrerseits dem Platonismus verschrieben hat und die Suche nach irdischem Glück ins Jenseits verlegt. Im Grunde ist das Buch ein philosophisches Lehrbuch, indem es unterschiedliche philosophische Fragestellungen an einem Beispielsbegriff durchspielt, der Frage nach dem Glück. Das zunächst erwartete Anti-Wellness-Buch als Anti-Glücksbuch muss wohl noch geschrieben werden. Wer allerdings Lust hat auf Denken und Klärung, liegt bei diesem Buch über das Glück genau richtig. Es ist ein Fachbuch ohne Quellenangaben und Literaturverweise, was wohl bewirken soll, dass die Leserinnen und Leser ausschließlich zum Bilden einer eigenständigen Position herausgefordert werden. Indem Georg Römpp von der Begriffsdefinition ausgeht, zeigt er so allerdings auch die Schwäche der traditionellen Methodik der Philosophie auf, die letztlich in der Definition des Begriffs schon das Ergebnis vorweg nimmt. Ein Tipp für wissenschaftliches Arbeiten ist: Die Einleitung schreibe man zum Schluss. Spannend wäre die Antwort auf die Frage, wie die Anti-Glücks-Diskussion aus der Sicht der Dekonstruktion aussehen würde, bzw. an welchen Stellen der Autor diese Denkrichtung aufgreift. Wird etwa mit dem Begriff „Lebenskunst“, den der Autor als Alternative zum „Glück“ bevorzugt, nicht ein neuer Begriff an die Stelle des alten Glückswortes gesetzt, der etwa auch im Sinn östlicher Spiritualität eine mehr präsentische Orientierung an die Stelle eine begrifflichen Zukunftsorientierung setzt, letztlich aber auch eine Suche nach „Glück“ im Leben darstellt? Georg Römpp zeigt schon in der Einleitung, dass sich die Denkstrukturen hinter den Begriffen ändern müssen und dass die Vorstellungen, die die Begriffe assoziieren, nicht objektiviert werden sollen. Ein Buch, das zum Denken anregt, vielleicht auch als Geschenk für Menschen, die gerne denken.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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