Luthercomic – originell illustriert. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2013

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Zu: Moritz Stetter: Luther, graphic novel, Gütersloher Verlagshaus Gütersloh 2013, 160 Seiten, ISBN 978-3-579-07054-4, Preis: 14,99 €

Luther von Moritz StetterMoritz Stetter, der nach dem Grafik-Studium zwischen dem Job in einer Diskothek und der Arbeit als Grafiker und Illustrator pendelt, spürt in seinen Comics „Luther“ und „Bonhoeffer“ (2010) nicht nur den äußeren Bildern der jeweiligen Lebensereignisse nach, die für die historischen Gestalten wichtig sind. Er zeichnet darüber hinaus auch die seelischen Bilder dieser Gestalten, die als Reaktion auf den Kontext der Geschichte mehr als nur die Gefühle einer Person darstellen. Diese Comic-Darstellung Stetters erzählt auf wenigen Seiten mehr als manche Romane in epischer Breite. Comics für Jugendliche und Erwachsene sind im kirchlichen Bereich eher selten, wirken oft gewollt, apologetisch und ausgedünnt. Das ist bei den Büchern von Moritz Stetter anders.

Er illustriert wesentliche Stationen Luthers, ein wenig in der Phase bis 1525 dem Film „Luther“  folgend, und verdichtet das äußere Geschehen durch innere Bilder. So gleich zu Beginn: Schon vor Luthers Eintritt ins Kloster beherrschen ihn Angstdämonen, wobei ihm der dunkle teuflische Widersacher auch später immer wieder begegnet. Man fragt sich in der Lektüre – Bilder und Text folgend –, ob Luther wirklich die päpstliche Bann-Bulle und die päpstlichen Bücher hätte verbrennen müssen, indem er sich so selbst dem Freund-Feind-Denken hingab. Die Geschichte des Bauernkriegs bekommt ein eigenes Kapitel und die Botschaft Thomas Müntzers erscheint nicht so weltfremd, wie sie in der Geschichtsschreibung oft dargestellt wurde. Luther wird nun als einer gezeigt, der die Niederschlagung der Aufstände durch die Fürsten unterstützte, wohl weil er nicht anders konnte. Der späte Luther wirkt daher verhärmt, schimpft gegen Wiedertäufer und Juden. Der antijüdische Text Luthers wird zitiert und zum Ende mit den Ereignissen des 20. Jahrhunderts verknüpft. Julius Streicher sah sich 1945 von Luthers späterem Judenhass bestätigt, Bonhoeffer dagegen merkte an, Luther hätte heutzutage das Gegenteil davon gesagt. Eine tabellarische Zeittafel ergänzt die illustrierte Biografie. Der Comic ist in einigen Zügen zu dicht am Film, lässt sich manchmal sogar grafisch davon inspirieren, wie bei der Kleidung Karls V. oder des Papstes – oder beide schöpfen jedenfalls aus dem gleichen grafischen Repertoire. Doch der Comic löst sich aber von der weichen Zeichnung des Films und lässt auch die Tragik innerhalb Luthers Lebenswerks bedenken. So wird aus dem Luther-Comic kein apologetisches Pamphlet. Nicht zu Unrecht annonciert der Verlag das Buch unter anderem als Geschenk zur Konfirmation, vom Anspruch her ist es aber auch für reflektierte junge und jung gebliebene Erwachsene geeignet.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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