Christliche Meditation, Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2013

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Zu: Andreas Ebert und Peter Musto: Praxis des Herzensgebets, Einen alten Meditationsweg neu entdecken, Claudius Verlag München 2013, Medienpaket Buch und CD mitgeführten Meditationen, ISBN 978-3-532-62444-9, Preis: 16,90 Euro

Die Praxis des Herzensgebets, ursprünglich aus der Tradition des Dominikaner-Ordens, verbindet sich heute mit Elementen, die aus der Meditation des Buddhismus ebenfalls bekannt sind. Es geht um eine ganz andere Art des Gebets, als sie sonst im Christentum geläufig ist. Eine Voraussetzung dafür ist das Denken der Mystik, dass uns Gott in allem begegnet. So überrascht es nicht, dass auf ein Zitat des Angelus Silesius aus dem Cherubinischen Wandersmann verwiesen wird: „Die Ros´ ist ohne Warum, sie blühet, weil sie blühet.“ (S. 14) Das Herzensgebet ist im Zusammenhang der Erfahrung einer schweren und leidvollen Haftzeit zweier Jesuitenpater in Argentinien wieder entdeckt worden, die ursprünglich aus Ungarn stammten und nach ihrer Freilassung wieder dorthin zurückgekehrt sind. Einer von beiden ist Franz Jalics, auf dessen Arbeit zu Meditation und Kontemplation in der Einleitung hingewiesen wird.

Das Buch von Peter Musto, ebenfalls ungarischer Jesuit und Andreas Eber, Evangelischer Pfarrer und „Beauftragter für geistliche Übungen“, gibt sich das Konzept eines autodidaktischen Lernprogramms für den Zeitraum von zehn Wochen. Die Frage mag erlaubt sein, ob diese Einteilung praktikabel ist, da die Lektüre zur täglichen Meditationszeit hinzugerechnet werden muss. Da es ein Praxisbuch ist, wird es sinnvollerweise mit einer täglichen, durch die einzelnen Abschnitte des Buches gelenkten Meditationspraxis begleitet. Jeder Tagesabschnitt enthält einen Gedanken, der dann in die Mitte der Übung gestellt werden kann. Zur Erleichterung und um zu erkennen, wie das gedacht ist, sind sieben praktische Beispiele auf der dazugehörigen CD enthalten. Was die Konzentration auf den Atem angeht, ist eine gewissen Nähe zum Buddhismus auffällig, die aber zufällig erscheint, da die bewusste Atmung zur Einführung in die Stille und Sammlung gut geeignet ist.
Der Grundgedanke des Herzensgebets ist insofern anders, als die ursprüngliche Gebetsvorstellung, als dass sich dort der Mensch in Antwort auf die von Gott gehörten Worte aus Bibel und Predigt zuwendet und in einem (inneren) Gespräch Anliegen und Gedanken (laut) ausspricht. Dieses Reden, dieser Dialog mit Gott, wird in den biblischen Psalmen praktisch vorgeführt und ist auch seitdem immer ganz ähnlich verstanden worden und zeigt sich in den Gesten der Klage, der Bitte, des Lobes und des Glaubens.
Später kann im Herzensgebet auch ein einzelnes biblisches Wort in den Mittelpunkt der Übung gestellt werden. Zunächst ist es aber ein meditatives Gebet in der Stille, in der die Beter mit Gottes Gegenwart rechnen und diese auch, in und bei sich selbst wahrnehmen. Gott muss nicht erst herbeigerufen oder angesprochen werden, sondern ist bereits da, da wir in seiner Gegenwart leben und existieren. Gott ist die Quelle der Kraft wie der Ursprung des Lebens in allem. Nicht das Begriffsgerüst einer Dogmatik beschreibt nun den Inhalt der Gottesbegegnung, sondern die Erfahrung des göttlichen Geistes im Leben selbst. Das Handbuch „Praxis des Herzensgebets“ verbindet inhaltliche Reflexion mit praktischer Anleitung. Ein religiöses oder theologische Vorwissen ist nicht erforderlich. Wie bei jeder autodidaktischen Arbeit ist es jedoch sicherlich nicht falsch, einmal ein Seminar zur Meditation zu besuchen oder zu Einkehrtagen in ein Kloster zu gehen.

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Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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