Vernünftig von Gott reden, Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2013

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20131124-071214.jpgZu: Hubertus Halbfas: Der Herr ist nicht im Himmel, Sprachstörungen in der Rede von Gott, Sprachstörungen in der Rede von Gott, Schriften zur Glaubensreform/Band 2, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013, mit Audio-CD: Vortrag von Hubertus Halbfas, gehalten am 6. März 2013 in Göttingen, ISBN 978-3-579-08162-5, Preis: 9,99 Euro

Dieser kleine Band mit einem Umfang von 48 Seiten enthält die schriftliche Fassung eines Vortrags, mit beigefügter Audio-CD, den der Autor vor Religionspädagogen in Göttingen gehalten hat. Die Thematik wurde für ihn angeregt durch von Roger Lenaers wie „In Gott leben ohne Gott“ (2011) und „Gläubiger Abschied von der Religion“ (2012).
Die Sache, um die es Hubertus Halbfas geht, ist am deutlichsten im Vorwort ausgesprochen: „Mit dem Übergang vom vormodernen zu einem modernen Gottesbild verbindet sich der Abschied von einem Glaubensmodell, das der Welt eine himmlische Parallelwelt verordnet. Solange dieser Dualismus besteht, verfehlt das kirchliche und theologische Reden das Weltbild des heutigen Menschen.“ (S. 6)

Einstieg und Anlass des Vortrags ist eine Bemerkung Dietrich Bonhoeffers zu dieser gedanklichen Herausforderung der Moderne in einem seiner Gefängnisbriefe. Auch ihm geht es wie dem Autor nicht darum, die Rede von Gott abzuschaffen, sondern eine Sprache zu finden, die es einem religiösen Menschen ermöglicht, sich in der modernen Welt zu artikulieren. Die Frage, die sich stellt und die auch erörtert wird, ist jedoch, ob das christliche Denken nicht so fest mit dem Dualismus verknüpft ist, dass es damit wenigstens noch symbolisch funktionieren können müsste.
Wer das moderne Weltbild akzeptiert, das seit Galilei existiert, kann das Denken der religiösen Parallelwelt nur als „Theismus“ begreifen, wie es schon Theologinnen und Theologen wie Paul von Buren (1924 – 1998), Dorothee Sölle (1929 – 2003) und John A.T. Robinson (1919 – 1983) beschrieben haben. Halbfas jedoch beschreitet keinesfalls den Weg der „Entmyth(olog)isierung“, sondern entdeckt mit Paul Tillich (1886 – 1965) Gott als neu gedeutete Wirklichkeit, die Gott als Grund und Ursprung des Lebens ansieht. „‚Wer um die Tiefe weiß, weiß auch um Gott.‘ (Tillich)“ (S. 31).
Im letzten Teil des Vortrags wendet Hubertus Halbfas den erkannten Wandel des Gottesbildes auf das Glaubensbekenntnis an. Er sieht den Weg zu Gott als den „Weg des Menschen zu sich selbst“ (S. 35). Die Mythisierung der biblischen Glaubensgestalten ist nicht unbedingt ein Produkt der biblischen Worte und Gedanken, die ebenso gut immanent oder als Deutungssprache mit Symbolen interpretiert werden können. Die Mystiker haben schon seit dem Mittelalter entdeckt, dass eine realistische Wirklichkeitsauffassung (Monismus) nicht im Widerspruch zur Bibel steht. Ob allerdings Hubertus Halbfas am Ende seines Vortrags zu Recht Gedanken der modernen Physik aufgreift, mögen die Leserinnen und Leser selbst entscheiden. Zweifelsohne jedoch ist die Erinnerung an den Mystikexperten Willigis Jäger (OSB, geb. 1925), angebracht. Dass Gott der „Grund (ist), aus dem alles fließt“ (S. 47) müsste auch interreligiöse Gedanken anregen, die hier nur angedeutet werden. Und ob jede oder jeder in der modernen Glaubenswelt von der Tiefe und dem Grund des Lebens sprechen möchte, steht allen frei. Die Kirche jedoch sollte dieses Denken aufgreifen und sich damit vom hierarchischen Gottesbild verabschieden. Näheres dazu wird auf der Homepage des Vereins zur Glaubensreform zu lesen sein (glaubensreform.de).

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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