Das geeinte und einende Wesen der Frau, Rezension von Danièlle Weiss, Kufstein, Austria 2014

Print Friendly, PDF & Email

Zu: Henri Boulad: STARKES TUN-STÄRKERES SEIN, Leid und Sendung der Frau, Otto Müller Verlag, Salzburg, zweite Auflage 1999, ISBN 3-7013-0963-9, Preis: 19,90 Euro
„ Nichts hat sich in mir entwickelt ohne den Einfluss der Frauen!“ (Teilhard de Chardin) (S. 102)
Eine Hommage an die Frau, eine Lanze gebrochen für die Weiblichkeit, Betrachtungen voll Empathie und tiefer Wahrheiten. So in etwa könnte man ausrufen, immer wieder aus Neue, beim Lesen dieses Buches. Voll Geist und Spiritualität erfrischt es Kopf und Herz mit einer Fülle an positiven Betrachtungen und Zitaten, weit weg von oberflächlichen Klischees und platten Kalendersprüchen.
Im zweiten Teil zumindest, den vorzuziehen ich den geneigten Leser/innen ans Herz legen möchte. Wie der Untertitel schon andeutet, teilt der Autor sein Thema und Buch eben in LEID und SENDUNG der Frau.

Was uns da an Fakten und Tatsachen vor Augen geführt wird, ist zumindest im ersten Teil nicht immer einfach zu lesen, noch weniger zu verstehen, macht aufschreien und gleichzeitig sprachlos, angesichts der Schilderungen und Zahlen, den Leidensweg der Frauen betreffend.
Und er weiß wovon er spricht, dieser Jesuitenpater Henri Boulad, aufgrund seiner jahrelangen Betätigung als Vortragender, dessen Reden bisher in 12 Sprachen weltweit übersetzt wurden, dessen über 10 Bücher mit Begeisterung gelesen werden. Geboren 1931 im ägyptischen Alexandria studierte er Theologie, Philosophie, Pädagogik und Psychologie im Libanon, Frankreich und den USA. Sein langjähriges apostolisches Wirken als Leiter der Caritas Ägypten und Vizepräsident von CARITAS INTERNATIONAL schärfte sein Auge für die leider immer noch in vielen Teilen der Welt vorherrschende himmelschreiende Ungerechtigkeit, die auf allzu vielen Ebenen der Frau angetan wird. Schonungslos schreibt er über Ehrenmorde innerhalb der Familie und eines rigiden Moralverständnisses im Frauenbild seines Heimatlandes und der dritten Welt.
Über Mitgiftmorde, sogenannte “Küchenunfälle“ in Indien, wenn die duftigen Saris überleicht Feuer am Herd fangen. Er schreibt über die immer noch weitverbreiteten Genitalbeschneidungen, die Emanzipationsbestrebungen unter dem Halbmond und auch über die Abwertung und Geringschätzung, die Frauen vielfach noch zuteilwird. In der Gesellschaft, der Familie und der Religion, ja auch der christlichen, die die Frau auch lange Zeit zum Leiden verdammte. Keine leichte Kost! Eine befreundete Leserin kam über diese ersten Kapitel nicht hinaus und legte tränenden Auges das Buch zur Seite. Verständlich, obwohl Wegschauen keine Lösungen bringt und sicher nichts verändern kann. Wer da den Kopf in den Sand steckt knirscht danach lediglich mit den Zähnen!
Als Caritaspräsident muss man da schon den Glauben an das Gute im Menschen hegen, Hoffnung und Zuversicht in die eigene Arbeit legen, und…..in die heilenden Kräfte der Frau.
Da spinnt er voll Freude den roten Faden von biblischen Offenbarungsbildern des hl. Johannes, über Hildegard von Bingen: „Von nun an steht alle Welt im Zeichen der Frau“, zu Schiller oder Goethe vom „ewig Weiblichen hinangezogen“, zitiert Dichter, Denker, Heilige und Philosophen, versammelt alle sozusagen als Gegengewicht auf der richtigen Seite. Für einen Mann und Pater gelingt ihm das sehr gut, trotz oder gerade deshalb könnte man meinen, weiß er sich Unisono mit den zahlreichen Geistern, die patriarchales Denken und Machtansprüche als ursächlich für viele Probleme unserer heutigen Welt namhaft machen. Umweltzerstörung, Plünderung und Vergewaltigung von Natur und Mensch, ihre Unterordnung unter die Prinzipien des Wachstums, der Profitmaximierung und Ausbeutung, Krieg und Gewalt, Orientierungslosigkeit und Zerrissenheit. Die Welt des Mannes ist zersplittert und geteilt, nicht ganzheitlich und heil.
„Das beeinflusst die psychologische Situation des Menschen ungeheuer. Er fühlt sich vom Grund her beunruhigt, es quälen ihn Ängste, die ihm niemand vorwerfen sollte, denn er ist „aus seinem Korb gefallen“, wie man sagt, hat sein ererbtes Gleichgewicht verloren und kann keine wirklichen Orientierungspunkte mehr erkennen“, schreibt der Autor S. 97. „Und wenn ich diese Tatsache in ihrem Kontext lese, dann werde ich von Tag zu Tag sicherer in meiner Annahme, dass der Frau die wesentliche Rolle als einendes und vereinendes Element zukommt, sie daher in allen Bereichen der Welt aktiv werden muss, aktiv in ihrem Tun, ihrem Sein, denn so entspricht es ihrem Wesen – und vermutlich ihrer Sendung.“ Da arbeitet Henri Boulad beflissen weibliche Dimensionen ihres Wesens heraus, holt ihre Vorzüge und Qualitäten vor den Vorhang, auch im Widerspruch zu Feministinnen wie Simone de Beauvoir, die die existenzielle Geschlechterdifferenz leugnete, für die eine Frau nicht als solche geboren war, sondern durch Erziehung und prägende Einflüsse zu einer solchen erst gemacht wurde, ihre ureigensten Qualitäten unberücksichtigt lassend, und ohne sie der Wesenheit des Mannes gegenzuzeichnen. Sie, die Frau, zu erkennen und anzunehmen, sie zu fördern und zu unterstützen ist die große Herausforderung für den neuen Mann, wenn ihr Werk gelingen soll.
„Die Frau bringt uns mit der ewigen Quelle in Berührung, aus der Gott sich uns entgegenspiegelt!“ (Ernest Renan/ S. 114)

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.