An Teresa von Ávila denken, Rezension von Emanuel Behnert, Lippetal 2014

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P. Antonio Sagardoy: Teresa von Ávila, Trotzdem liebe ich die Kirche, Styria Verlag Wien, Graz Klagenfurt; ISBN 978-3-222-13464-7, gebundene Ausgabe € 14,99

9783222134647_Cover_300dpiAm 28.03.2015 jährt sich zum 500. Mal der Geburtstag von Teresa von Ávila. Sie war eine in weiten Teilen kaum bekannte und doch in vielfacher Hinsicht sehr bemerkenswerte Ordensfrau, die in eine dunkle Zeit der Umbrüche, Irrungen, Neuanfänge, in eine Zeit vielfacher Schwierigkeiten und Ablehnungen hineingeboren wird, und die es doch immer wieder schafft, sich auf sehr bemerkenswerte Weise den Herausforderungen des Lebens und des Glaubens zu stellen. Bereits 40 Jahre nach ihrem Tod wird sie Heilig gesprochen und 1970 schließlich von Papst Paul VI. zur Kirchenlehrerin erhoben. Aus Anlass des besondere Jubiläums ihres Geburtstages veröffentlicht P. Antonio Sagardoy (OCD) sein neuestes Buch, in dem er sich – wieder einmal – mit dem Leben der Teresa von Ávila beschäftigt. Dabei geht es ihm, eigenen Angaben zufolge, vor allem darum, „die Liebe zur Kirche bei Teresa von Ávila herauszustellen und zu unterstreichen.“ Dazu führt er aus: „Die Aktualität des Themas ist nicht zu leugnen: In den letzten Jahren sind wir mit problematischen Seiten des kirchlichen Lebens konfrontiert, die Gestalt von Papst Franziskus lässt aber auch in vielen Menschen neues Vertrauen zur Kirche entstehen.

Viele unangenehme Situationen hat Teresa als Frau und Mystikerin mit Vertretern der Kirche erlebt, es wahr ihr trotzdem ein Anliegen, Teil der Kirche zu bleiben. Obwohl ihre mystischen Erfahrungen von einigen Klerikern und Theologen nicht verstanden wurden, bekannte sie sich immer wieder zur Kirche. Der Begriff „Trotzdem“ im Titel des Buches macht auf all jene Hindernisse und Schwierigkeiten aufmerksam, die zu überwinden sind, oder bereits überwunden wurden.“

Aus dieser Motivation heraus ist ein durchaus in vielfacher Hinsicht lesenswertes und Gewinn bringendes Buch entstanden, das das Leben von Teresa von Ávila vor allem in seinen vielen verschiedenen Bezügen und Handlungsmotivationen darstellt. Dabei gelingt es dem Autor durchaus immer wieder durch eine Vielzahl konkreter historischer Darstellungen und die Einflechtung von Zitaten, die Aktualität, die der Glaube, das Denken und das Handeln Teresas auch für unsere Zeit und unser Leben hat, als nachdenkenswertes,Vorbild herauszuarbeiten. Durchaus wird dabei unterstrichen, dass es nicht um Nachahmung der großen Kirchenlehrerin gehen kann, wohl aber darum, dass sie uns in der Konsequenz ihres Denkens, Glaubens und Handelns durchaus noch persönlich, wie auch gesellschaftlich und vor allem auch kirchlich ein Vorbild sein kann und soll.

Sie wird hinein geboren in eine Familie, deren Wurzeln ursprünglich jüdisch waren. So muss sie schon früh erleben, was es bedeutet, als Konvertit angesehen zu werden und dabei kein Ansehen zu haben. Aufbrechen zu müssen aus ursprünglichen Beziehungen, um an einem anderen Ort ein Leben in Ruhe, Frieden und Würde leben zu können.

Sie wird hinein geboren in eine Zeit, die der Überzeugung ist, dass Frauen nicht der Wert zugesprochen werden kann, den Männer automatisch von Geburt an haben. An der Rechtlosigkeit, an der Einschränkung der Handlungsfähigkeit, an der permanenten Unterordnung der Frau unter den Mann leidet Teresa ein Leben lang und begehrt mehr als einmal in umsichtiger und weiterführender Weise dagegen auf. Dies wird vor allem  auch an einer umfangreichen Korrespondenz deutlich, die sie mit Theologen, Bischöfen, weltlichen Fürsten und sogar dem König von Spanien führt. 480 ihrer Briefe sind überliefert. Immer wieder wird im Buch auch aus ihnen zitiert. Eine Einladung, sich intensiver mit den in diesen Schreiben geäußerten Gedanken Teresas auseinanderzusetzen.

Schon früh entdeckt sie ihre Liebe zur Kirche, steht ihr aber nie kritiklos gegenüber, und wird in ihrem Glaubensleben darum immer wieder von Zweifeln, die manchmal bis an den Rand der Verzweiflung reichen heimgesucht. (Auch hierin kann sie manch einem von uns Lesern sicher zum Vorbild werden.). Bereits als 13jährige kommt sie in einem Internat der Augustinerinnen in Ávila in sehr engen Kontakt mit der Kirche. Als 21jährige dann erfolgt die Klostereinkleidung bei den Karmeliten der Menschwerdung. Doch bis zu einem bewussten Bekehrungserlebnis sollen noch einmal 18 Jahre vergehen. Jahre des Suchens und Findens, des Glaubens und des Zweifels, Jahre, in denen aber der Glaube und die Liebe zur Kirche bei Teresa – manchmal auch unbeachtet – gefestigt wird.

Ihr Ziel, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten in die Kirche einzubringen, liegt vor allem in der Erneuerung der Kirche durch die Pflege des Gebetes als positiv persönliche Beziehung zu Gott. Dazu gehört für Teresa von Ávila vor allem Konfliktsituationen und / oder das Bewusstwerden eigener, wie auch kirchlicher und gesellschaftlicher Grenzen vor Gott zu bringen, im Schweigen und Sprechen, im Beten und Handeln, in Selbstlosigkeit, Ausdauer, Humor und Gottvertrauen. Diese Wesenszüge, die sich auch in ihren Briefen und Äußerungen immer wieder spiegeln helfen Teresa, auch in schwierigen Zeiten ihr inneres Gleichgewicht nicht (vollkommen) zu verlieren. Ihr Denken und Handeln ist geprägt von ihrer Liebe zu Gott und zur Kirche. So lesen wir in ihrer Autobiographie: „O mein Jesus stärke mich und gib mir die Gelegenheit, etwas für dich zu tun. Wie soll ich es ertragen, dass ich von Dir so viel empfange, ohne dir auch nur ein wenig vergelten zu können?“ Und es ist der Weg des intensiven Gebetes, den sie für sich entdeckt, und in dem sie die Anliegen der Kirche immer wieder neu vor Gott bringt. (Und ist es nicht aktueller denn je, dass wir auch heute wieder mehr Menschen brauchen, die diesen Weg des Gebetes für die Kirche und die Welt für sich entdecken und ihn konsequent gehen?!!)

Das Buch „Teresa von Ávila – Trotzdem liebe ich die Kirche“ ist keine Biographie im eigentlichen Sinn. Es beschreibt die innige Liebe einer außergewöhnlichen Frau zu einer Institution, die es den Menschen nicht immer leicht macht, sie zu lieben. Gleichsam schimmert immer wieder durch, dass es eine Liebeserklärung des Autors an diese geistig / geistlich, mystisch begnadete Ordensfrau ist, die er mehr als einmal zärtlich „Mutter Gründerin“ nennt. Ein durchaus wiederholt lesenswertes Buch, das zum Nach- und Weiterdenken anregt. Man muss dabei allerdings bereit sein, sich unter Umständen gesellschaftliche wie klerikale historische Zusammenhänge, die als bekannt vorausgesetzt werden, im Kontext nicht berücksichtigt werden (können), eigenständig zu erarbeiten. Doch dies sehe ich nicht als Nachteil, da es die Intensität mit der Beschäftigung dieses Werkes und vor allem mit dem Leben dieser großen Heiligen, uns allen auch heute noch in vielen Bereichen ein Vorbild sein kann, vertieft.

Dies kommt zusammenfassend in besonderer Weise auf S. 110 / S. 111 des beschriebenen Buches zum Ausdruck: „Auf dem Weg mit dem Herrn erleben wir Licht und Schattenseiten. Sich auf Gott einzulassen bedeutet weder Garantie für Erfolg, noch Freisein von Schwierigkeiten. Sich auf Ihn einzulassen bedeutet, auf Ihn zu schauen, ohne auf sich selbst Rücksicht zu nehmen. Der Blick auf Ihn gibt uns die Kraft, Schritte zu tun, Entscheidungen zu treffen. Teresa schreibt: ich gestehe: meine Armseligkeit und meine Schwäche haben in mir oft Furcht und Zweifel ausgelöst. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass der Herr, seit ER mir den Habit der Unbeschuhten Karmelitinnen verlieh, und auch einige Jahre vorher, mir nicht – allein durch Seine Barmherzigkeit – die Gnade erwiesen hätte, diese Versuchungen zu besiegen und mich an das zu wagen, was … zu Seiner größten Ehre war, wie schwierig es auch gewesen sein mag. … Die größte Ehre Gottes ist der Wert, den Teresa bei ihren Entscheidungen vor Augen hat. Nicht die eigene Unzulänglichkeit, nicht die eigene Gesundheit, nicht die Gefahren unterwegs oder andere pragmatische Überlegungen sind die Beweggründe für ihre Entscheidungen, sondern allein die Stimme Gottes. Entscheidend ist nicht die Teresa – Sicht, sondern die Gottes – Sicht.“

Diese Einsicht des Autors sehe ich auch als Einladung an uns zu einem gelingenden Leben, in dem Gottes Gegenwart auch in unserem Umfeld deutlich werden kann.

Der Autor: Pater Antonio Sagardoy (OCD) ist 1945 in Pitillas in Spanien geboren. Seit 1962 ist er Mitglied des Karmelitenordens und wurde 1969 nach einem Theologiestudium in Wien zum Priester geweiht. Mehrmals war er Prior und Provinzial der Unbeschuhten Karmeliten in Österreich, ist darüber hinaus weithin bekannt durch zahlreiche Bücher zu spirituellen Themen. Seit September 2012 steht er im Dienst als Bischofsvikar für Orden in der Diözese Klagenfurt.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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