Jugendgemäße Konfiarbeit, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015

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Zu: Hans-Ulrich Keßler und Burkhart Nolte: Im Himmel und auf Erden, Holk 2.0, Konfikurs, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, ISBN 978-3-579-07413-9, Preis: 7,99 Euro mit: Hans-Ulrich Keßler und Burkhardt Nolte, Im Himmel und auf Erden, Holk 2.0, Handbuch zum Konfikurs, mit DVD, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, ISBN 978-3-579-07425-2, Preis, 24,99 Euro, sowie beide Bücher zusammen als Package: ISBN 978-3-579-07417-7, Preis 29,99 Euro

Im Himmel und auf Erden von Hans-Ulrich Kessler
Im Himmel und auf Erden von Hans-Ulrich Kessler

Dass der etwas altertümliche Ausdruck Konfirmandenunterricht oder Konfirmandenarbeit schlicht auf Konfi gekürzt wird, hat sicherlich nicht nur mit der Rücksicht auf gendergerechte Sprache zu tun. Konfi kommt auch einfach besser an, weil man als Jugendlicher heute eben sowieso alles abkürzt oder am besten auch noch anglisiert, ironisch gesagt. Und wenn die Verbindung von Konfi und Jugend hier schon zum Prinzip gehört, ist das m. E. schwierig. Früher sagte man: Sie kommen als Kinder und gehen als Jugendliche. Wenn man als 12-jähriger den auf ein Jahr verkürzten Konfirmandenunterricht besucht, der am Modell der Jugendarbeit orientiert zur Konfirmandenarbeit wird, ist man vom Gesetz her noch kein Jugendlicher. Na gut, die Zeit vergeht schnell und die Pubertät mag unmittelbar bevorstehen, wenn man nicht schon mitten drin ist.

Jugendorientiert und multimedial geht zusammen. Da ist der aus Videosequenzen bestehende Film vom Engel Holk (der Treue) und seinen jugendlichen Freunden, die allesamt ein Gymnasium besuchen oder schon in der Lehre sind. Einige Texte des „Konfikurs“-Buches sind eingelesen und stehen auf einer Internetseite. Diese können direkt über Smartphone vom QR-Code abgelesen werden oder als MP3 im Unterricht, im Konfi, angehört werden, was angesichts der Vielzahl von Kindern, die nicht vorlesen können oder wollen sehr sinnvoll ist.

Vorgesehen ist, dass die Kapitel des Buches, die auch die Abschnitte des Films sind, in größeren Blockeinheiten behandelt werden. Ein Beispiel: Bei Paul geht es um gute und schlechte Noten, die er jedes Mal seinem Vater vorlegt, der hinter einem Schreibtisch im Büro sitzt. Die Reaktionen des Vaters laden zu Diskussion über Leistungsfragen ein. Dass diese Sequenz zugleich ein Gottesbild anspricht, wird leider hier nicht thematisiert.

Das Handbuch stellt im ersten Hauptkapitel „KU-Theorie – ein Plädoyer für mehr Theologie“ einen Bezug zur Konzeption von Wilhelm Gräb her: „Mit Gräb verstehen wir Religion als eine Grundbefindlichkeit von Menschen. Das funktioniert nur, wenn man bereit ist zu denken, dass sich mit dem Religionsbegriff nicht der Glaube an einen persönlichen Gott oder ein Bezug auf eine Transzendenz solcher Art verbinden muss, die als metaphysischer Gegensatz zu irgendeiner Immanenz gedacht wird. Entscheidend im Rahmen dieses Religionsbegriffes ist sein Bezug auf die Vorstellung eines Sinnganzen sowie die Verortung des einzelnen Menschen in ihm.“ (S. 17)

Wieso man dann aber das Ganze „Im Himmel und auf Erden“ nennt und einen Engel auf die Erde geschickt sein lässt, wird m. E. nicht recht deutlich. Wird in dieser Aufnahme des traditionellen Religionsmodells seine Überwindung schon möglich, da Holk 2.0 ein Engel ohne Flügel ist, wie er im Vorspann erklärt? Ein wenig mehr Theologie im Konfikurs wäre da schon sinnvoller gewesen.

Doch trotzdem, das Modell ist reizvoll und die Sequenzen sind hinsichtlich der Themen und Beispiele gut vorstrukturiert. Ganz im Sinn eines problemorientierten Modells (so nannte man das in den 1970ern) geht es um Leistung, Glück, Überforderung, Liebe, Gut und Böse wie -last but noch least- um Globalisierung. Im Handbuch gibt es für jeden Wochenendkurs einen Kursplan und viel praktisches Material. Die gewohnten, gemeindlich orientierten KU – Themen wie Taufe, Gottesdienst, Bibel, Abendmahl kommen entweder nicht vor oder sind angedockt. Vermutlich wären das aber gerade die Themen, die der schulische RU nicht vorrangig behandelt.

Immerhin: Es gibt einen pädagogischen Ansatz, der auf dem aktuellen Stand der Unterrichtskonzeption ist: Die Lernenden erstellen ein „Produkt“. Dieses Produkt hat den Charakter eines Glaubenszeugnisses, dass mit dem vorgelegten Modell und seiner Impulse erstellt wird, der „Botschaft“. Die erstellten Produkte werden einer größeren „Öffentlichkeit“ präsentiert, z. B. in Gestalt eines Gottesdienstes.

Ob das Konzept Holk 2.0 in vielen Gemeinden umgesetzt wird, ist fraglich. Trotzdem ist es sinnvoll, das inhaltliche Konzept zu würdigen und evtl. partiell zu übernehmen, so z. B. in einer Konfirmandenfreizeit. Vielleicht ist die Vorgabe des Videofilms eine Anregung, auch selbst einmal einen eigenen Film zu produzieren, zum Thema Gottesdienst oder Gemeinde, oder eines Themas, das von den Jugendlichen selbst gewählt wird. Es ist nämlich wieder eine der Schwächen des Konzepts, dass wir hier wieder besser wissen, welche Themen angesagt und gefordert sind. Wenn wir schon Themen mit Lebensbezug wählen, warum dann nicht gleich auf Wunsch der Gruppe? Müsste hier nicht auch ein Prinzip der Beteiligung eingebaut sein?

Manche Vorgaben aus dem Buch ließen sich allerdings auch in den Religionsunterricht übernehmen, wie z. B. die Sequenz über Paul (Leistung), da er Schulnoten und das Problem der Versetzung thematisiert.

Der Grundimpuls der Einheit Holk 2.0 besteht darin, sich um ein zeitgemäßes, pädagogisch begründetes Konzept zu bemühen, sich auch zum Teil zunächst von den kirchlichen oder gemeindlichen Vorgaben zu lösen und jugendgemäße Themen einzubringen. Die theologischen Inhalte sind lebensorientiert aufbereitet, exemplarisch eingebracht, was zur Fortsetzung animiert.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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