Konfirmandenarbeit mit Bildungsanspruch, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015

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Zu: Hans-Martin Lübking: Kursbuch Konfirmation, ein Anwendungsbuch, Für die unterschiedlichen Modelle in der Konfirmandenarbeit, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, ISBN 978-3-579-07435-1, 88 Seiten A-4, Preis: 9,99 Euro (kurz: Anwendungsbuch); Hans-Martin Lübking: Kursbuch Konfirmation, Arbeitsbuch für Konfirmandinnen und Konfirmanden, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 3. Auflage 2015 (1. Auflage 2013), Broschur ISBN 978-3-579-06180-1,160 Seiten A-4, Preis: 11,99 Euro, weitere Ausgaben: Loseblattsammlung und Ringbuchordner mit eingelegter Loseblattsammlung (kurz: Arbeitsbuch); Hans-Martin Lübking: Kursbuch Konfirmation, Ein Praxisbuch für Unterrichtende in der Konfirmandenarbeit, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh2014, ISBN 978-3-579-07414-6, 240 Seiten A-4 mit CD-ROM, Preis: 22,99 Euro (kurz: Praxisbuch).

Anwendungsbuch.

Kursbuch Konfirmation von Hans-Martin Luebking
Kursbuch Konfirmation von Hans-Martin Luebking

Obwohl das Leitmedium sicherlich das Arbeitsbuch darstellt, ist zunächst einmal das Anwendungsbuch zu besprechen, da es in diesem Jahr neu erschienen ist. Da der Konfirmandenunterricht (KU) bzw. die Konfirmandenarbeit, wie es hier heißt, in den Landeskirchen der EKD nicht einheitlich ist, geht dieses Buch auf die unterschiedlichen Modelle dafür ein und geht davon aus, dass sich das Arbeitsbuch auch für unterschiedliche Modelle eignet. Die „Umbruchphase“ ist nicht zu ignorieren. Hans-Martin Lübking, langjähriger Leiter des pädagogischen Instituts der westfälischen Landeskirche in Schwerte-Villigst, bedauert die Verkürzungstendenz auf ein Jahr, befürwortet hingegen die neue methodische und organisatorische Vielfalt, z. B. die Unterstützung durch ausgebildete Teamerinnen und Teamer.

Die diversen Regelungen der Landeskirchen werden tabellarisch vorgestellt. Dabei zeigt sich, dass meist ein Stundenkontingent die strenge Vorgabe von einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren ersetzt hat. Meist genügen 75 Zeitstunden, wie in Westfalen, die sich auch auf ein Jahr verteilen lassen, wenn zu den wöchentlichen Doppelstunden Blöcke oder Freizeiten hinzugezählt werden.

Doch das Anwendungsbuch geht über rein organisatorische Fragen hinaus und zeigt inhaltliche Tendenzen der bundesweiten EKD-Umfragen zur Arbeit mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden auf. Diese fordert die Veränderung des passiven Gottesdienstbesuchs in der Ortsgemeinde. Besser ist mehr Beteiligung daran, dazu eine intensive Verknüpfung mit der Jugendarbeit und Mitwirkungsmöglichkeit der Konfirmanden durch Kontrakte. Zugegeben klingt „Mitwirkung“ weit umfassender, als es vom Wort „Kontrakt“ her vorzustellen ist. Meines Wissens soll die Vereinbarung den rein vorgegebenen disziplinarischen Rahmen ersetzen, sodass man sich in Zweifelsfällen gegenseitig an einen Vertrag erinnern kann. Disziplin wird durch Selbstverpflichtung ersetzt, was bei der Vergesslichkeit mancher Konfirmandinnen und Konfirmanden nur wie ein neues Vokabular für eine alte Sache erscheinen mag.

Sinnvoll erscheint, dass das Anwendungsbuch für fünf unterschiedliche Modelle thematische und methodische Vorschläge macht, die sich jeweils auf das Arbeitsbuch und/oder das Praxisbuch beziehen. Weitere Kapitel widmen sich dem Unterricht in kleinen Gruppen, der Mitwirkung von Jugendarbeit, der Rolle und Gestalt des Gottesdienstbesuchs und die Mitwirkung daran. Abschließend enthält das Buch zwei Materialpakete zu den Themen „Gerechtigkeit in der Einen Welt“ sowie „Martin Luther und die Reformation“. Die sieben Arbeitsblätter zur Reformation weisen auf die Methode der Lernstationen hin, die m. E. auch mit den Kapiteln des Arbeitsbuches funktionieren müsste. Es ist ohnehin die Frage, ob sich mit der Umstellung auf andere Planungsmodelle nicht auch die Funktion des Arbeitsbuches ändern müsste, wodurch dieses jedoch keinesfalls überflüssig wird. Was zwar in der Einführung schon angedeutet wird, ist m. E. nicht ausführlich ausgearbeitet worden. Hier ist allein davon die Rede, dass aus dem Angebot des Arbeitsbuches ausgewählt werden muss, dass der Konfirmationskurs kein „Lernprogramm“ ist und dass sich die Gestaltung auch nicht in der puren Auswahl eines Lehrbuches erschöpft (vgl. S. 4). Hingegen ist dieses Anwendungsbuch nötig geworden, weil es in der Tat nicht angebracht ist, allein davon auszugehen, dass es nur noch eine festgelegte Kursgestalt des Konfirmandenunterrichts gibt. M. E.   muss auch eine veränderte Konzeption der Konfirmandenarbeit nicht dazu führen, auf das Wort Konfirmandenunterricht gänzlich zu verzichten, wie es das Anwendungsbuch versucht. Besser wäre es vielleicht, die beiden begriffe differenziert zu gebrauchen, etwa „Konfirmandenarbeit“ für die allgemeine Konzeption und „Konfirmandenunterricht“ für die Gestaltung und Planung einzelner Kursteile.

 

Arbeitsbuch und Praxisbuch.

Kursbuch Konfirmation von Hans-Martin Luebking
Kursbuch Konfirmation von Hans-Martin Luebking

Das Arbeitsbuch „Kursbuch Konfirmation“ erschien 2011 als Nachfolger des im Jahr 2000 erschienenen Unterrichtsbuchs „Neues Kursbuch Konfirmation“ (Patmos Verlag Düsseldorf). Für die neue Ausgabe 2013 wurde das Kursbuch völlig überarbeitet. Auch das Bildmaterial hatte eine Neubearbeitung nötig. So sucht man die im vormaligen „Neuen Kursbuch Konfirmation“ bekannte Prostituierte, Illustration für die Geschichte von der Ehebrecherin, im aktuellen Buch vergeblich.

Im Jahr 2014 erschien dazu das Praxisbuch für Unterrichtende in der Konfirmandenarbeit. In der Einleitung des Praxisbuchs stellt Hans-Martin Lübking die Konfirmandenarbeit als „Bildungsauftrag der evangelischen Kirche“ (S. 6) heraus. Dennoch ist die Konfirmandenarbeit den sich ständig ändernden schulischen Gegebenheiten anzupassen, da sie weiterhin im als außerschulische Bildung geschieht und geschehen soll. Der wöchentlich stattfindende KU bleibt auch bei zeitlicher Verkürzung das vorrangige Modell. Das Unterrichtsbuch ist daher von Vorteil, da es laut einer Umfrage mehr leistet, als nur ein paar Zettel auszufüllen (vgl. S. 9). Es ist auch zur Eigenarbeit gedacht und kann auch nach dem KU als kleiner Leitfaden kirchlichen Lebens Verwendung finden.

Kursbuch Konfirmation von Hans-Martin Luebking
Kursbuch Konfirmation von Hans-Martin Luebking

In den methodisch veränderten Konfi-Kursen wird das Arbeitsbuch trotzdem mit anderen Medien, Unterrichtsformen und Erlebniselementen ergänzt. Es bietet Impulse zur Weiterarbeit, die sich nicht darin erschöpft, ein Arbeitsblatt auszufüllen. Beispielsweise wird das Interview (S. 6) schon von je her als Grundlage zum „Partnerinterview“ verwendet. Zum Gottesdienst dagegen sollte nicht hauptsächlich das sture Abfragen des Gottesdienstbesuchs im Vordergrund stehen, sondern die Mitgestaltung eigener Gottesdienste zu den Themen. Besser als der „Bericht zum Gottesdienst“ (Arbeitsbuch, S. 12) sind die Arbeitsblätter M5 „Gottesdienstcheckliste“ und M6 „Der Gottesdienst erklärt“ (Praxisbuch S. 36 und 37). Auch das Kirchenjahr sollte nicht fehlen, hier als Spiel, da es nicht nur das gottesdienstliche Leben bestimmt, sondern auch religiöse Bezüge zum Alltag herstellt (M2, Praxisbuch S. 38 – 40). Kasualien und Feiertage sind noch weitgehend kirchlich orientiert, wodurch auch ein Lebensbezug zur Konfi-Arbeit deutlich wird.

Interessant ist auch die Frage, in welchen Methoden und Inhalten die Konfirmandinnen und Konfirmanden persönlich vorkommen. Inhaltlich kommt der Alltag in jedem Kapitel vor, z. B. im Text „Samstagabend vor der Tagesschau“ (Arbeitsbuch S. 13). Der Vater eines Konfirmanden besucht den „Gottesdienst, wenn ihm danach ist“, was aber, so sagt der Konfirmand, anscheinend selten der Fall war. Wäre der Besuch des Gottesdienstes in der Konfirmandenzeit nicht auch hin und wieder eine Gelegenheit für die ganze Familie, so könnte es das hier angedachte Anspiel darstellen. Hier erscheint die Alltagsebene noch wie eine Erfahrungswelt, die mit den kirchlichen Vorgaben in Einklang gebracht werden muss. Entscheidender ist jedoch die Frage nach dem persönlichen Leben überhaupt, der ein eigenes Kapitel mit dem Thema „So wie ich bin“ gewidmet ist. Das Selbstbild der Jungen und Mädchen wird thematisiert (Arbeitsbuch S. 76), die persönlichen Stärken und Schwächen ins Spiel gebracht (Praxisbuch, CD, S. 108). Es geht um Geschlechterrollen- und -bilder, um Angst und Vertrauen, den Sinn des Lebens und um das Glück (Arbeitsbuch S. 77 – 81). Hier bietet es sich besonders an, die Konfirmanden selbst auswählen zu lassen und evtl. Mehrere Themen gleichzeitig zu bearbeiten, in größeren Gruppen in einer Gruppenarbeit oder Lernstationen.

 

Fazit.

In einer neuen Konfi-Landschaft ist ein Arbeitsbuch weniger für Hausaufgaben gedacht, als für eine Auswahl an Impulsen für Themen und Methoden. Für den Einsatz audiovisueller Methoden bietet die CD-ROM leider kein weiteres Material.

Insgesamt ist der Begriff Bildung tatsächlich tragend. Inwieweit mit dem Lehrbuch inklusiv gearbeitet werden kann, ist trotz eines kurzen Abschnitts dazu im Anwendungsbuch zu wenig beachtet worden. Dabei kann die Konfirmandenarbeit gerade in ihrer Mischung diverser Schulformen ein Modell für die Inklusion in der Gruppe sein.

Wenn der Trend der Konfirmadenarbeit weggeht von einem Modell, das zentriert ist auf Pfarrerinnen und Pfarrer zu einem Modell von Teamerinnen und Teamern, ist das zu begrüßen. Interessant und anregend sind die unterschiedlichen Erfahrungswelten der Teamerinnen und Teamer und der Konfirmandinnen und Konfirmanden. Sie werden die Frage nach dem „Sinn des Lebens“ anders stellen und anders beantworten. Das Spannungsverhältnis, was diese unterschiedlichen Antworten angeht, findet seine Aufnahme in der Weite und Tiefe des Gottesdienstes. Wenn „Gottes“-Dienst in den Mittelpunkt gestellt wird, wirken dessen Form und Sprache sind wie ein Brennpunkt zu diesem Spannungsverhältnis.

Auch in dieser neuen Konstellation des „Umbruchs“ (s. o.) wird der Einsatz des „Kursbuches Konfirmation“ als Arbeitsbuch sinnvoll sein. Das Materialpaket schafft dafür die Voraussetzungen, die mit Leben zu füllen sind.

 

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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