Mit Religionen leben, Bücherschau zum interreligiösen Dialog, Sammelrezension von Christoph Fleischer, Welver 2015

Print Friendly, PDF & Email

Der schreckliche Anschlag auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris am 08. Januar 2015 motivierte die französische Zeitschrift „Libération“, eine Auswahl von Texten Voltaires herauszugeben, einem der geistigen Väter der Französischen Revolution. Der Suhrkamp-Verlag Berlin hat eine deutsche Übersetzung dieser Schrift vorgelegt:

 

Voltaire: Über die Toleranz, Mit einem Vorwort von Laurent Joffrin, Suhrkamp Verlag Berlin 2015, ISBN 978-3-518-46656-8, 199 Seiten, Preis: 7,- Euro

 

Voltaire„Was ist Toleranz? Sie ist Menschlichkeit überhaupt. Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheit verzeihen.“ (S. 31, Voltaire im Philosophischen Wörterbuch). Dem ist nichts entgegenzusetzen. Diese Gedanken der Freiheit und Toleranz können durch keine religiöse oder politische Idee außer Kraft gesetzt werden.

Der Chefredakteur von Libération, Lauent Joffrin schreibt im Vorwort: „Die Sprache ist eine Waffe. Voltaire wendet sie gegen die Borniertheit von Dogmen, die Dummheit offenbarter Wahrheiten, törichte Tyrannei, die Einfältigkeit der Fanatiker.“ (S. 17) Schon dieser Text deutet an, dass zur Toleranz offensichtlich die Intoleranz gegenüber Intoleranten gehört. Ist es nicht ein Widerspruch, dass sich Vertreter der Toleranz in mancher Hinsicht dann wieder selbst als intolerant zeigen wollen oder zu zeigen müssen? Wäre Toleranz nicht als grundsätzliche Weite gegenüber anderslautenden Meinungen und Lebensweisen zu definieren?

Ist es etwa ein Zeichen von Toleranz, wenn man nach der Ermordung einer ganzen Redaktion schlicht gesagt das Maschinengewehr der öffentlichen Meinung auf jede Gestalt der Religion zu richten meint, indem man etwa die „Dummheit offenbarter Wahrheit“ behauptet?

Voltaire sieht zu Recht dann die Religion sich selbst in Frage stellen, wenn zur Behauptung des eigenen Glaubens der Wunsch kommt, Andersgläubige zu ermorden. Er nennt diese Verfechter der Religion Fanatiker.

Doch diese Rede zu Toleranz und zum Fanatismus kann offensichtlich ihrerseits zur Hetze werden, wenn sie vor dem Hintergrund von Anschlägen und Kriegshandlungen der ISIS zu Hetze und Fremdenfeindlichkeit aufruft und hat nicht gerade dieses Verständnis von Toleranz mit zu den neueren Montagsdemonstrationen in Dresden und Leipzig geführt (z. B. Pegida).

Insofern ist in meinen Augen der oben zitierte Aufruf ein zweischneidiges Schwert. Ich meine, dass derjenige, der tolerant ist, nicht gegenüber Andersdenkenden intolerant sein darf. Mörder hingegen sind vor ein Gericht zu stellen, sofern sie nicht gleich durch die provozierte Gegengewalt gestorben sind.

 

Tilman Nagel: Angst vor Allah? Auseinandersetzungen mit dem Islam, Duncker und Humblot, Berlin 2014, 422 Seiten, ISBN 978-3-428-14373-3, Preis: 29,90 Euro

 

IMG_0682Auch Tilman Nagel, emeritierter Orientalist und ausgewiesener Islamexperte, scheint sich jetzt in den Reihen der Anti-Muslime zu befinden, wenn er sich etwa im Vorwort mit Thilo Sarrazin solidarisiert und meine, man solle und müsse von „dem Islam“ sprechen. „Es kann nicht sein, daß einerseits muslimische Männer sich herausnehmen, ihre Frauen und Töchter zu drangsalieren, um sie möglichst von der nichtmuslimischen Gesellschaft fernzuhalten, andererseits aber die Frage danach, inwiefern der Islam solche Unterdrückung rechtfertigt oder gar fordert, mit einem Schweigegebot belegt wird.“ (S. 28f). Die Aussagen des Korans über Nichtgläubige sind seiner Meinung dafür verantwortlich, wenn Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Religionen sich auf dem Schulhof anpöbeln. „So dürfen koranische Aussagen über die gattungsspezifische Minderrangigkeit von Nichtmuslimen und die alltäglichen Schmähungen andersgläubiger Schüler durch ihre muslimischen Klassengenossen bei politisch korrekter Betrachtung nicht zueinander in Beziehung gebracht werden.“ (S. 23)

Tilman Nagel ist dabei ein bis in die Kreise der „Islamischen Zeitung“ anerkannter Islamkenner und Mohammedbiograph (vgl. Nagels Aussage zu Prof. Kalisch zitiert in: http://www.islamische-zeitung.de/iz3?id=12059). Er scheint nun pauschal mit jener Gestalt des Islams abzurechnen, die sich in der demokratischen und somit weltanschaulich toleranten Gesellschaft im passiven Widerstand befindet.

Gerade aber die Reaktionen vieler Moscheevereine auf die nach dem Pariser Attentat einsetzende Hetze zeigen ein anderes Bild vom Islam in Deutschland, der Mitgefühl mit den Opfern mit der Ablehnung jeder Gewalt verbindet. Denjenigen hingegen, die der Intoleranz gegenüber dem Islam mit Begriffen wie „Islamophobie“ begegnen, wirft Nagel vor, aus der Ignoranz eine Tugend zu machen, die über Verhaltensweisen von Vertretern der islamischen Religion hinwegsieht, die den Menschenrechten und der humanitären Verfassung im Einzelfall widersprechen.

Das theokratische Gottesbild des Islams verbinde Himmel und Erde derart, dass die Gläubigen sich quasi als verlängerten Arm Allahs empfinden könnten. Vor der Herausforderung des Rationalismus scheine der Islam zu kapitulieren, anstelle sich der geistigen Ressourcen der eigenen Religion zu bedienen. Dabei verweist er auf die frühe islamische Philosophie und darauf, dass in den Herrscherhäusern der islamischen Welt des Mittelalters weitgehend eine säkulare und tolerante Stimmung herrschte, während sich die Bevölkerung nach den Regeln des Korans zu richten hatte.

Nagel skizziert einen Konflikt zwischen säkularem und religiösem Denken im Islam, der wohl noch eine Zeit andauern wird. Der Orientalist zeigt Wege auf, schon in der Frühgeschichte islamischer Traditionsbildung kritische und rationale Haltungen zu finden. Die in der säkularen Gesellschaft vorgegebene Trennung von Staat und Religion als Grundprinzip wird hingegen auch bei den Vertretern der deutschen Muslime akzeptiert.

Das Buch Tilman Nagels lässt sich hingegen aber auch nicht einfach als antiislamisches Pamphlet bezeichnen. Er erinnert m.E. den interreligiösen Dialog daran, sich immer auch der eigenen Grenzen bewusst zu werden und sich auch den Unterschieden und Differenzierungen zu stellen, anstelle alles nur schönzureden. Führt eine solche Haltung zur Verweigerung des Dialogs, ist sie zu verurteilen. Verschlossene Türen fördern Obskurantismus und Intoleranz, auch in der säkularen Gesellschaft.

 

Dass die Diskussion um religiöse Minderheiten und die Geschichte der Intoleranz bis weit in die Geschichte des Christentums hineinreicht, wird in Konstanz bewusst, wo 2014 an das Konzil und die Verurteilung der böhmischen „Ketzer“ erinnerte. Im Vorfeld der Konzilsausstellung fand in Meersburg eine Tagung statt, die sich diesem Thema widmete:

 

Dorothea Weltecke, Ulrich Gotter, Ulrich Rüdiger (Hg.): Religiöse Vielfalt und der Umgang mit Minderheiten, Vergangene und gegenwärtige Erfahrungen, UVK Verlagsgesellschaft Konstanz und München 2015, 165 Seiten, ISBN 978-3-86764-536-2, Preis: 29,00 Euro

 

Weltecke-Vielfalt-9783867645362.inddDie Einleitung des Buches ist eine Standortbestimmung und gleichzeitig eine Vorstellung der einzelnen Beiträge dieses Bandes. Die weiteren Autorinnen und Autoren sind: Christoph Bochinger über religiöse Minderheiten in modernen Gesellschaften, John Tolan in einem englischen Beitrag über Rechtssysteme im Mittelalter, Martin Sökefeld über die Selbstbestimmung von Alewiten in der Diaspora, Bärbel Beinhauer-Köhler über das Erscheinungsbild und die symbolische Bedeutung von Moscheebauten in Deutschland, Wolf Krötke über die Kirche im Osten Deutschlands als religiöse Minderheit und Michael Blume, der in der Säkularisierung gleichzeitig einen Trend zur Pluralisierung religiöser Minderheiten sieht. Ich beschränke mich in dieser Rezension auf einige Bemerkungen zur Einleitung Dorothea Welteckes.

Der „absolute Wahrheitsanspruch“ gilt für Dorothea Weltecke allgemein als Grundmotiv von Religion, einer „naturgegebenen Eigenschaft“ (S. 9f), die damit in der pluralen Welt schon im Ansatz einen Konflikt konstruiert. Der Blick in die Gegenwart und historische Beispiele wechseln ab, etwa wenn das Tragen von Kopftüchern bei Musliminnen als Symbol religiöser Zugehörigkeit und Identität gesehen wird.

Die Rolle einer Religion als Minderheit muss aber andererseits eine Beteiligung an Machtpositionen nicht ausschließen, ja kann sogar förderlich sein, meint Dorothea Weltecke. Ob hier ein altes antijudaistisches Vorurteil mitschwingt, konnte ich nicht feststellen. Die Bemerkung selbst klingt aber auch eigentümlich ungenau (vgl. S. 19). Die Zwischenüberschrift „Religiöse Minderheiten haben oft die Macht“ bezieht sich in der Aufzählung auf historische Beispiele wie Christen in der mongolischen Führungsschicht des Mittelalters.

Der ständige Wechsel zwischen aktuell gesellschaftlichen und historischen Aussagen verwischt m. E. den Umgang mit der aktuellen Problematik. Es gibt allerdings auch hilfreiche Beobachtungen, wie die Tatsache der gegenseitigen Beeinflussung von religiösen Mehrheiten durch die Minderheiten und umgekehrt. Trotzdem ist die Aufgabenstellung zwar klar formuliert, aber inhaltlich schwammig: „Wissenschaftler haben also danach zu fragen, welche Prozesse und Interessen Abgrenzungen und Dramatisierungen anfeuern, auf welche Bereiche sie sich ausdehnen können und wie und warum sie andererseits ihre Kraft verlieren oder verschwinden.“ (S. 13f).

Warum „althistorische und außereuropäische Beiträge“ der Tagung nicht in den Band übernommen wurden, wird nicht begründet. Da hier eine jüdische oder muslimische Position fehlt, muss angenommen werden, dass man mal wieder lieber übereinander als miteinander spricht, nur eben auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Die Beiträge sind zwar interdisziplinär gewählt, aber m. E. schon von den Titeln her aus der Position der Mehrheitsgesellschaft formuliert.

 

Während die ersten drei Titel die Frage der Beziehung zu den Religionen aus der Sicht der Gesellschaft formuliert, sind die nächsten drei Titel aus christlicher Sicht geschrieben.

 

Franz Gmainer-Pranzl, Christus und die Religionen der Erde, In welchem Bekenntnis begegnet Gott? Kardinal König Bibliothek, Band 2, Styria Premium Wien, Graz, Klagenfurt 2013, ISBN 978-3-222-13401-2, Hardcover, 115 Seiten, Preis: 16,99

 

IMG_0912In der Mitte dieses Bandes steht die Geschichte der Entstehung der Erklärung des 2. Vatikanischen Konzils zum Verhältnis der katholischen Kirchen zu den Weltreligionen, genannt „Nostra Aetate“ (http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_decl_19651028_nostra-aetate_ge.html). Vorgestellt wird die zu diesem Konzil hinführende Arbeit des Wiener Erzbischofs Kardinal König, der zu den sogenannten Konzilsvätern gehörte.

Franz König hat sich als Religionswissenschaftler mit der persischen Religion des Zarathustra beschäftigt. Er hat dann, als er schon vom Salzburger Lehrstuhl an die Wiener Kirchenleitung wechselte, das dreibändige Werk „Christus und die Religionen der Erde“ herausgegeben. Dessen Grundposition besteht darin, den Absolutheitsanspruch des Christentums so zu handhaben, dass er nicht im Widerspruch zu anderen Religionen steht. Diese Differenzierung wirkt zwar aus heutiger Sicht befremdlich, muss aber als eine Station der Öffnung der katholischen Kirche hin zum interreligiösen Dialog gesehen werden.

Die Geschichte der Konzilserklärung war spannend und ist hier interessant beschrieben. Sie sollte zunächst auch in Reaktion auf Auschwitz als Erklärung zum Judentum erscheinen, wurde dann aber zu einer Erklärung zum Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen ausgeweitet und beschrieb die Beziehung der Religionen in globaler Perspektive. Vor jetzt 50 Jahren, am 28.10.1965, wurde die Erklärung veröffentlicht.

Kardinal Franz König erklärte: „Viele Nichtchristen suchen Gott auf rechte Weise und werden dabei von der Gnade Gottes selbst bewegt.“ (S. 83). Glaube selbst ist nun tatsächlich eine Gabe Gottes und nicht zuerst eine Lebensentscheidung oder Weltanschauung, sagt sinngemäß Kardinal König. Glaube ist eher eine von Gott inspirierte Lebensweise, die man auch unabhängig von religiöser Zugehörigkeit bemerken kann. Diese theologische Grundentscheidung von Nostra Aetate ist bis auf den heutigen Tag unübertroffen, und Papst Johannes Paul II. hat sie mit einem jährlichen Friedensgebet der Religionen in Assisi auch in die Tat umgesetzt.

Kardinal König erklärte seine Einstellung zu den nichtchristlichen Religionen folgendermaßen: „Nichtchristliche Religionen weisen oft Elemente auf, die erschlossen, gereinigt und erhöht werden müssen, damit die christliche Offenbarung durch sie sprechen kann.“ (S. 83/84). Als dem christlichen Glauben ähnliche Religionen werden der Islam, der Hinduismus und der Buddhismus genannt, wobei das Judentum als die Mutter des Christentums hier nicht gesondert aufgeführt werden musste.

Alle Religionen gehören nach Kardinal König zum „innersten Wesen des Menschen“. Auch nichtchristliche Religionen sind als „Orte des Heils und der Wahrheit“ zu betrachten. König trat für den interreligiösen Dialog ein und forderte auch für die Theologie die Erweiterung Religionswissenschaftlicher Kenntnisse (vgl. dazu S. 88). Wie so oft sind auch in diesem Punkt die Erklärungen des 2. Vatikanischen Konzils als Wegweisung anzusehen und gerade zum Gedenktag der Erklärung sollte an sie und an ihren Konzilsvater Franz König erinnert werden. Wer sich der Wahrheit der eigenen Religion und des eigenen Standpunkts sicher ist, muss dementsprechend noch nicht die Unwahrheit der Auffassung anderer Menschen behaupten. Diese Haltung impliziert einen Umgang mit der Wahrheit, der nicht mehr mit Kriterien wie wahr und falsch operiert. Dabei muss kein Perennialismus behauptet werden, der in allen unterschiedlichen Formen von Religion eine dahinter liegende Ur-Religion vermutet.

 

Benjamin Idriz, Stefan Leimgruber, Stefan Jakob Wimmer (Hg.): Islam mit europäischem Gesicht, Perspektiven und Impulse, Butzon und Bercker, Kevelaer 2010, 275 Seiten, Hardcover, ISBN 9783766613974, Preis: 17,95 Euro

 

978-3-7666-1397-4Die Mitte dieses Bandes bildet die im Jahr 2005 erschienene „Deklaration europäischer Muslime“ von Mustafa ef. Cerić, dem Oberhaupt bosnischer Muslime. Sarajewo, die Hauptstadt Bosniens, trägt wegen ihrer Religionsvielfalt den Namen „Klein-Jerusalem“. Die Stimme der bosnischen Muslime ist in der Erklärung auf Europa ausgeweitet. Ihr Ziel ist das Zusammenleben freiheitsliebender Menschen, die Muslime in Europa eingeschlossen. Die Erklärung besteht aus mehreren Teilen und richtet sich an unterschiedliche Adressatinnen und Adressaten, „An die Europäische Union“ (S. 93f), „An die in Europa lebenden Muslime“ (S. 97f.) und an „die muslimische Welt“ (S. 99f).

In den unterschiedlichen Beiträgen dieses Buches wird die Deklaration als Muster des interreligiösen Dialogs verstanden. Von hier aus wird auch die deutsche Situation in den Blick genommen, wie ebenfalls in einem Beitrag auch die Situation der Muslime in Österreich. Dort gibt es bereits seit 1912 ein Islamgesetz. Seit 1988 besitzen die Gemeinden der „Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich“ den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Die Impulse des bosnischen Islams sind mit diesem Buch ins Bewusstsein gehoben worden. Der Islam gehört schon insofern auf jeden Fall zu Europa.

 

Friedrich Schweitzer: Interreligiöse Bildung, Religiöse Vielfalt als religionspädagogische Herausforderung und Chance, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2014, ISBN 978-3-579-08185-4, Preis: 21,99 Euro

 

Interreligioese Bildung von Friedrich Schweitzer
Interreligioese Bildung von Friedrich Schweitzer

Interreligiöse Begegnung ist in der Schule Alltag. Ob diese gelingt, ist damit noch nicht gesagt. Es ist insofern schon erstaunlich, dass Friedrich Schweitzer, Professor für Praktische Theologie und Religionspädagogik in Tübingen, mit diesem Buch ein erstes (!) Grundlagenwerk vorlegt. Im dritten Kapitel wird ein wenig angerissen, wieso gerade die evangelische Kirche in der Frage interreligiöser Perspektiven keine einheitliche theologische Grundlage besitzt. Vielleicht liegt es schon daran, dass „Religionsfreiheit“ immer ein „Recht zur religiösen Selbstinterpretation“ beinhaltet (vgl. S. 71).

Der evangelische Standpunkt, wie er z. B. in den Denkschriften und Arbeitshilfen der EKD veröffentlicht wurde, ist uneinheitlich und vernachlässigt zum Teil die Religionspädagogik. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass gerade dort eine interreligiöse Herausforderung auf der Hand liegt.

Als positives Beispiel für die Entwicklung einer theologischen Position wird die Jahrestagung der Gesellschaft für Evangelische Theologie aus dem Jahr 1999 in Erfurt genannt (Anmerkung: Weth (Hg.): Bekenntnis zu dem einen Gott?). Theologisch jedoch kann auch die Vorarbeit des Missionstheologen Theo Sundermeier mit dem Begriff der „Konvivenz“ aufgenommen werden. Auch die Arbeiten über das Verhältnis der EKD zum Judentum enthalten Positionsbestimmungen zum interreligiösen Dialog.

Zusätzlich zu den Beiträgen der EKD referiert Friedrich Schweitzer noch weitere Beispiele der evangelischen Theologie wie die Arbeit von Hans Martin Barth „Evangelischer Glaube im Kontext der Weltreligionen“ (siehe S. 90-93). Konkret wird der Religionspädagoge in den Schlusskapiteln, die sich der Arbeit in Bildungsprozessen widmen. Abschließend sei das Fazit zitiert: „Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Bildungsauftrag der Kirche das wichtigste Motiv darstellt, interreligiöse Bildung auch außerhalb des Religionsunterrichts als kirchliche Aufgabe wahrzunehmen. Denn dieser Bildungsauftrag ist im Selbstverständnis der Kirche, als theologisch im Kirchenverständnis verwurzelt. Er reicht deshalb auch weit über situative Anlässe und Notwendigkeiten hinaus.“ (S. 175)

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.