Die neue Lutherbibel, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

Print Friendly, PDF & Email

Zu: „… und hätte der Liebe nicht“, Die Revision und Neugestaltung der Lutherbibel zum Jubiläumsjahr 2017, 500 Jahre Reformation, Herausgegeben von Hannelore Jahr, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-438-06620-6, Preis: 2,00 Euro, Broschüre zum Download: https://www.die-bibel.de/ueber-uns/unsere-uebersetzungen/lutherbibel-2017/materialien-zur-lutherbibel-2017/

6620_p2

Und zu: Evangelische Kirche in Deutschland (Hg.): Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, Lutherbibel, Revidiert 2017, Mit Apokryphen, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-438-03305-5, Preis: 25,00 Euro (diverse Ausgaben ab 12,00 Euro, erscheint am 19.10.2016).

Ein Jahr lang ist die APP „Lutherbibel 2017“ von Deutsche Bibelgesellschaft umsonst

https://appsto.re/de/G3UPeb.i

Die neue Lutherbibel ist pünktlich zum Beginn des Reformationsjubiläums fertig geworden. Der Einband und auch der Schriftsatz sind völlig neu gestaltet. Dazu auch die Lutherrose, das Symbol Martin Luthers, das im vorderen Impressum kurz erklärt wird.
Die Broschüre „… und hätte der Liebe nicht“ enthält ausführliche Informationen zur Überarbeitung der Lutherbibel. Die Revision verfolgt zwei Kriterien, die nicht immer im Einklang zu bringen sind: Das Erste ist die Orientierung des Bibeltextes an der Luthersprache, soweit sie auch heute noch verständlich ist und an Luthers Bibelübersetzung in verschiedenen Bearbeitungen noch zu Lebzeiten. Daneben wird der aktuelle Stand der Bibelexegese berücksichtigt, wenn mal nicht im Text, dann in Form einer Anmerkung.

3311_standard_grauEin Beispiel: zur Bitte des „Vater Unser“ in Matthäus 6, Vers 11, „Unser tägliches Brot gib uns heute“ findet sich die Anmerkung: „Wörtlich ‚das Brot für morgen’“ (Neues Testament, S. 8).

Auch wenn die Luthersprache maskulin orientiert ist, finden sich Wendungen, die dem Maßstab der gerechten Sprache folgen wie „Brüder und Schwestern“ (z. B. 1. Timotheus 4,6).

Gerade die Weihnachtsgeschichte wird in diesem Reformationsgedenkjahr noch ein wenig mehr nach Luthertext klingen als vorher: „Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auch auf Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, […]“ (Lukas 2, 3+4). (Vgl. Broschüre, S. 15)

Interessant ist auch die Neufassung von Matthäus 28,19, in der es nicht mehr heißt, dass alle Völker zu Jüngern gemacht werden sollen, sondern jetzt lese ich dort, wie es Martin Luther selbst schrieb: „Darum gehet hin und lehret alle Völker […]“ (vgl. Broschüre S. 18)

In der Broschüre sind einige Leseproben und Druckbeispiele abgedruckt. Gut ist, dass der Fettdruck von Kernstellen geblieben ist. Während der Bibeltext in einer gut lesbaren digitalen Schrift im zweispaltigen Blocksatz gedruckt ist, sind die Psalmen einspaltig ausgeschrieben, was ihren lyrischen Charakter betont.

In der Leseprobe, in der Änderungen unterstrichen sind, wird deutlich, dass die Apokryphen die meisten Abweichungen ausweisen. Das liegt daran, dass diese Bücher, die von der Lutherbibel recht schnell ediert und zum Teil aus der Vulgata übersetzt sind, jetzt völlig neu bearbeitet und aus der griechisch verfassten Septuaginta übersetzt worden sind.

Diese neue Lutherbibel ist nicht mehr so modernistisch wie die letzten Bearbeitungen, aber vielleicht trotzdem zeitgemäßer. So heißt es im 1. Korintherbrief 13, 1: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz und eine klingende Schelle.“ Der Akkusativ „hätte die Liebe nicht“ gibt das bei Paulus Gemeinte nicht richtig wieder. Es geht nicht darum, Liebe zu haben, sondern im Genetiv ausgedrückt ist gemeint: „[…] hätte keinen Anteil an der Liebe […]“ (vgl. Broschüre S. 11).

Zum Schluss ein letztes Beispiel, in der nicht der Luthertext den Vorrang erhielt, sondern die exegetische Entscheidung. Offenbarung 21, Vers 3 heißt es: „Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ Die Anmerkung schreibt kurz: „Luther übersetzte ‚sein Volk’“ (Lutherbibel, Neues Testament, S. 297). Tatsächlich ist im griechischen Neuen Testament der Plural als bestbezeugte Variante im Text abgedruckt.

Ich wage mal am Schluss eine Prognose: Die Lutherbibel 2017 wird nicht die letzte Bearbeitung der deutschen Bibelübersetzung sein. Aber sie wird sicherlich wieder mindestens zwanzig Jahre in Gebrauch bleiben.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.