Verleihung des Margot Spielmann-Preises 2016 – Pressemitteilung

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Jugendgeschichtspreis des Jüdischen Museums Westfalen
Dorsten, 23. November 2016

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Die Jury hat entschieden! Die Preisträger des Margot Spielmann-Preises 2016 stehen fest. Zum achten Mal konnten wieder Facharbeiten zur jüdischen Geschichte, Religion und Gegenwart sowie zur NS-Geschichte von Schülerinnen und Schüler der Oberstufen aus NRW eingereicht werden. Auch Arbeiten aus dem Deutschunterricht, die sich mit den Werken jüdischer Autoren befassten, waren willkommen. Daneben konnten auch Projektarbeiten von Schülergruppen eingereicht werden.

Am 24. November 2016 werden nun die diesjährigen Preisträger ausgezeichnet. Geehrt werden eine Schülerin und ein Schüler der Gesamtschule Waltrop und eine Schülerin der Hildegardis-Schule aus Bochum. Evelyn-Marie Vasilyev hat in Bochum mit ihrem 96jährigen Urgoßvater ein Zeitzeugeninterview geführt. Dieser hatte im Zweiten Weltkrieg als Jude in der sowjetischen Roten Armee gegen das nationalsozialistische Deutschland gekämpft. 1995 kam die Familie nach Deutschland. Der Schülerin ist es gelungen, den Zweiten Weltkrieg ausschnitthaft aus der Perspektive einer einzelnen Person, eines jüdischen Soldaten zu schildern. Für Evelyn-Marie Vasilyev ergaben sich, wie sie im Fazit ihrer Arbeit vermerkt, neue Perspektiven und Gedanken zur Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg.

Die beiden anderen Preisträger haben ihre Facharbeiten während eines 10-tägigen Aufenthalts in der Gedenkstätte Majdanek auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in der Nähe von Lublin geschrieben. Die Jugendlichen entschieden sich vor Ort anhand des im Archiv und der Bibliothek vorhandenen Materials für ihr Thema.

Dawid Barczyk schreibt in seiner Arbeit über die von den Nationalsozialisten in Polen durchgeführten Germanisierungsprozesse. Er berichtet über die Auswirkungen auf Polen und fragt nach möglichen Nachwirkungen bis in die heutige Zeit. Konkret wird er am Beispiel des Siedlungsprojekts bei Zamosc. Da sich in diesem Ort bereits früher Siedler aus der Pfalz, dem Elsass und Lothringen niedergelassen hatten, wählten ihn die Nationalsozialisten für eines der ersten Germanisierungsprojekte aus.

Finja Catherine Dickhöfer untersucht das nationalsozialistische Frauenbild anhand einer Frauenzeitschrift. Die „NS-Frauen-Warte“ war die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift. Im Archiv konnte die Schülerin auf unterschiedliche Ausgaben verschiedener Jahrgänge von 1933 bis 1945 zurückgreifen und dabei die Veränderungen im Frauenbild bzw. die Anpassung an die NS-Ideologie aufzeigen.

Da die von der Jury ausgewählten Arbeiten qualitativ gleichwertig sind, wird der Margot Spielmann-Preis 2016 zu gleichen Teilen an die drei Preisträger vergeben. Die Preisverleihung findet statt am 24. November 2016 um 18:00 Uhr im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten. Interessierte sind herzlich eingeladen.

 

Wer war Margot Spielmann?

Margot war ein jüdisches Mädchen aus Gelsenkirchen, geboren am 21. Mai 1926. 1942 wohnte sie mit ihrer Mutter Luise Kopf, dem Stiefvater Curt Kopf und ihrer Großmutter Henriette Breuer in einem sogenannten Judenhaus in der Augustastraße 7 in Gelsenkirchen.

Luise und Curt Kopf versuchten zusammen mit ihrer Tochter Margot in das unbesetzte Frankreich zu fliehen, wurden aber auf der Flucht verhaftet. Das schwer zuckerkranke Mädchen erlitt einen Schock und kam in ein Krankenhaus in Mülhausen, während ihre Eltern getrennt und deportiert wurden. Ihre Mutter saß bis zu ihrer Deportation im Gefängnis in Münster ein. Margot verblieb im Krankenhaus in Mülhausen. Dort verstarb sie vermutlich im Spätherbst 1942. Die behandelnde Ärztin teilte später mit, dass Margot – vor ihrem Abtransport – in ein tiefes Koma gefallen sei. Man habe sich im Krankenhaus absichtlich nicht mehr um die Rettung bemüht, um ihr Deportation und Ermordung zu ersparen.

Das Jüdische Museum Westfalen zeigt in seiner Dauerausstellung ein Poesiealbum von Margot Spielmann. Unter den Eintragungen finden sich die Namen weiterer junger Mädchen, die ebenfalls deportiert und ermordet wurden. Mit der Benennung des inzwischen etablierten Jugendgeschichtspreises nach Margot Spielmann möchten wir die Erinnerung an sie und viele andere Jugendliche aus der Region wachhalten.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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