Von den ersten Menschen, weitererzählt von Kain, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

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Zu: Hansjörg Roth: Das Buch Kain, Roman, Verlag Johannes Petri, Basel/Schweiz 2015, gebunden, 321 Seiten, ISBN: 978-3-03784-064-1, Preis: 27,00 Euro

 

Um mal mit der Kritik zu beginnen: Der Roman über Kain beginnt wie ein Sachbuch mit einem Vorwort. Sicherlich ist der Inhalt dieses Vorworts eine notwendige Erklärung der editorischen Intention. Indem der Autor Hansjörg Roth rabbinische Geschichten nacherzählt und in den Kontext der fiktiv-erweiterten biblischen Erzählung einbaut, hat der Romantext in der Tat auch einen dokumentarischen Wert.

Die Zeittafel am Ende des Buches dokumentiert die Grundidee des Buches. Die 930 Lebensjahre Adams können wie eine frühe Menschheitsgeschichte gelesen werden. Diese 930 Jahre sind angefüllt mit den weiteren Nachkommen Adams und Evas einschließlich aller Kinder, Enkel, Urenkel usw. Dass die frühe Menschheitsfamilie mit allen Männern und Frauen untereinander verwandt war, ist wohl vom Grundgedanken anzunehmen. Da Kain seinen Bruder Abel getötet hat, hat er dessen Frau ebenfalls geheiratet und war dann mit seinen zwei Schwestern verheiratet. Davon ausgehend entwickelten sich mehrere Familien, wobei auch Adam und Eva ja Zeit genug hatten, noch weitere Nachkommen in die Welt zu setzen.

Die Geschichte dieser Menschheitsfamilie wird, wie es schon der Titel andeutet, aus der Perspektive Kains erzählt, der ohnehin „unstet und flüchtig“ durch die damalige Welt am Rande der arabischen Wüste umherreiste. Dabei gelingt es Hansjörg Roth die Entwicklungsstufen, Wohnformen und Wirtschaftsgebräuche der frühen Menschheitsepochen mit zu erwähnen. Kain findet umherziehende Völker genauso wie seßhafte und frühe Besiedlungsformen von der Stein- bis zur Eisenzeit.

Sein Antrieb besteht darin, die Vorgeschichte und Hintergründe seines eigenen Kriminalfalls zu erforschen. War die Tötung Abels wirklich ein Mord oder war es nur ein Unfall? Woher kamen die Aggressionen und welcher Streit ist wirklich dem Tod Abels vorangegangen?

Die Kriminalgeschichte trägt den roten Faden. Für Unterhaltung sorgen die vielfältigen Varianten und Übertreibungen der biblischen Urgeschichte, die aus der rabbinischen Tradition oder wahlweise der Phantasie des Autors entstammen, die in der Überlieferung angelegten Motive weiterentwickelnd. Die Zeitebenen verschwimmen etwas, da sie immer davon abhängig sind, wen Kain nun gerade gefunden und interviewt hat.

Um das zu illustrieren gebe ich einfach ein Zitat aus dem Zusammenhang genommen wieder:

„Wahrlich, noch immer freveln die Menschen. Doch wahr ist auch: Ichkain habe vieles gehört und gesehen, mehr als ein Mensch erzählen und auf ein Holz kerben kann. Doch auch das sah Ichkain unter den Menschen, dass sie nicht aus freien Stücken freveln und nicht aus Bosheit wider dich. Sondern dass eine Furcht in ihrem Herzen nistet. Eine Furcht vor dem Tod, der über ihnen schwebt, beständig und stets, bis zu einem ungewissen Tag, den sie nicht kennen, so dass sie sich ins Leben stürzen, gleich wenn es ein Abgrund wäre. Und sie geben sich den Genüssen hin, gleich wenn der morgige Tag ihr letzter sei.“ (S. 100).

Der Text des Romans ist immer wie von biblischer Sprache geprägt und wird unterbrochen von „Liedern Adams“, die auf die Erde in Genesis 1 insgesamt bezugnehmend immer wieder einzelne Aspekte herausnehmen und illustrieren. Trotz der etwas verfremdeten Sprache ist „Das Buch Kain“ spannend und unterhaltsam und trotzdem eine sachlich fundierte Anthropologie in erzählter Gestalt.

Predigt über Genesis 3 mit Zitaten von Hansjörg Roth – Das Buch Kain, Christoph Fleischer, Welver 2017

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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