Religionen im Dialog, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

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Zu: Katajun Amirpur, Thorsten Knauth, Carola Roloff, Wolfram Weiße (Hrsg.): Perspektiven dialogischer Theologie, Offenheit in den Religionen und eine Hermeneutik des interreligiösen Dialogs, Waxmann Verlag, Münster 2016, in: Religionen im Dialog, Band 10, Eine Schriftenreihe der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg, ISBN 978-3-8309-3494-3 (print), Seiten 363, Paperback, Preis: 37,90 Euro

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Akademie der Weltreligionen an der Universität Hamburg hat ein Projekt ins Leben gerufen, das der Entwicklung und Bearbeitung einer dialogischen Theologie gewidmet ist. Mitarbeit und Begleitung liegt in den Händen der Professorinnen und Professoren der Universität Hamburg, weiteren Mitarbeitern sowie solchen, die im Rahmen einer Gastprofessur am Projekt beteiligt sind. Diese Lehr- und Forschungstätigkeit wird durch Stiftungen mitfinanziert, der „Udo-Keller-Stiftung, Forum Humanum“ aber auch die „Veronika-und-Volker-Putz-Stiftung“. Kennzeichen und Merkmale einer „Dialogischen Theologie“ werden in der Form einer Thesenreihe dargestellt, womit zugleich die inhaltlichen Kriterien für die Autorinnen und Autoren vorgegeben sind.

Dieser Aufriss enthält folgende Stichworte:

 

Offenheit und Dialog mit den Kriterien: Interreligiösität und Begegnung, Demut und Wechselseitigkeit, Differenz und Säkularität (Vgl. S. 17f).

 

Interreligiöse Verstehensprozesse, Kontext und Ethik mit den Kriterien: Praxis des Dialogs und interreligiös-dialogische Hermeneutik, Kontextualität und gelebte Religion, Ethik (Vgl. S. 18).

 

Perspektiven für die Zukunft mit den Kriterien: Transformation und neue Perspektiven, Hoffnung auf neue Perspektiven (Vgl. S. 18f).

 

Diesen Kriterien entsprechend ist das Buch selbst bereits dialogisch angelegt. Der Hauptteil stellt die dialogische Offenheit in den verschiedenen Religionen dar wie Hinduismus, Buddhismus, Christentum, Judentum, Islam und Religion aus philosophischer Perspektive. Zu jeder dieser religiösen Ausrichtungen gibt es zwei Artikel. Der erste ausführliche Artikel behandelt eine wissenschaftliche Sicht von außen auf die jeweilige Religion, die dann von einem Angehörigen der betreffenden Religion beantwortet und bewertet wird.

 

Ich zeige dies exemplarisch an den Beiträgen zum Islam:

 

Katja Drechsel, Islamwissenschaftlerin, ist Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „Religion und Dialog in modernen Gesellschaften“. Wenn man sich nach den hier dargestellten Positionen aus dem Islam allgemein fragt, dann fällt auf, dass die Autorin drei Positionen heranzieht, die eine „pluralistische Entscheidung“ des Korans unterstützen. Diese werden mit einer eher exklusivistischen Auslegung verglichen.

 

Abdulkarim Soroush, Exil-Iraner mit ungenanntem Wohnort, bezeichnet im Sinn des Korans „Religionen als kontextgebundene Manifestationen des einen Gottes“ (S. 164).

 

Farid Esack (Johannesburg, Südafrika) stellt ebenso fest: „Der Koran wende sich ganz entschieden gegen exklusivistische Standpunkte und das ‚Auserwähltsein‘“ (S. 155). Innerhalb der Pluralität habe der Koran hingegen eine „gewisse Führungsrolle“. (S. 157).

 

Zuletzt kommt eine weibliche Vertreterin der Islamwissenschaft zu Wort, Jerusha Tanner Lamptey (New York, USA). Sie meint z. B., die Aussage des Korans, die Menschen sollen einem Propheten folgen, sei nicht ausschließlich auf einen einzigen bezogen.

 

Auch Hinweise auf Halima Krausen und Mouhanad Khorchide (Deutschland) gehen insgesamt in die gleiche Richtung, die überwiegend den Koran als Quelle islamischer Religion heranzieht, während die Rechtstraditionen der Scharia und die Überlieferung des Hadith kaum Erwähnung finden.

 

Auch die Antwort von Mohammed M Shabestari, Gastprofessor in Hamburg 2013, bezieht sich ausschließlich auf die Koranexegese. Das Ziel, nach den Perspektiven des Dialogs zu fragen, wird also dadurch erreicht, dass die eher abgrenzenden Positionen einer Religion ausgeblendet werden.

 

Hinzu kommt im Schlussteil die Betonung des hermeneutischen Gegenwartsbezugs. Religiös zu leben heißt, nicht den Worten einer Tradition wörtlich zu folgen und nach ihren Anweisungen zu lesen, sondern nach ihrem Sinn zu fragen. Die Darstellungen der Religion lotet also die Möglichkeit der Begründungen des Dialogs aus und fragt nach Perspektiven für eine Gemeinsamkeit von Religionen, die sich sehr wohl unterscheiden können.

 

Es ist jedoch zu wünschen, dass die Erforschung des Dialogs auf die jeweils konfessionelle Theologie zurückwirkt.

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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