Ausstellung zu Reformation und Taufe, Pressemeldung Stadtmuseum Münster

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30.08.2017

Die Macht des Wassers – Taufen in der Reformation

500 Jahre Reformation / Gemeinsame Ausstellung von Stadtmuseum Münster und Evangelischer Kirchenkreis Münster / Ab 1. September

Erwachsenentaufe, Kupferstich, um 1660. Foto: Stadtmuseum Münster.

Münster (SMS) Im 21. Jahrhundert bietet das Sakrament der Taufe wenig Konfliktstoff zwischen den Kirchen. Vor 500 Jahren war dies anders, da stritten Erwachsenentäufer wie in Münster mit der katholischen Kirche und mit Martin Luther, den Befürwortern der Kindertaufe. In der Ausstellung werden deshalb die drei unterschiedlichen Taufverständnisse und Taufrituale in einer inszenierten Gegenüberstellung verständlich gemacht. Das Stadtmuseum Münster präsentiert gemeinsam mit dem Evangelischen Kirchenkreis Münster  „Die Macht des Wassers – Taufen in der Reformation“ vom 1. September bis 14. Januar 2018.

„Das heutige friedliche Neben- und Miteinander der christlichen Kirchen in Deutschland war lange Zeit keine Selbstverständlichkeit“, unterstreicht die Beigeordnete für Kultur und Soziales Stadträtin Cornelia Wilkens. „Es kann daher nicht hoch genug bewertet werden, dass der Friede zwischen den christlichen Kirchen in Deutschland für uns heute selbstverständlich geworden ist.“

Erwachsenentaufe versus Kindertaufe

Erstmals konzentriert sich mit „Die Macht des Wassers – Taufen in der Reformation“ eine umfangreiche Präsentation auf diesen damals besonders wichtigen Bestandteil des christlichen Lebens. Die Glaubenstaufe Erwachsener, wie sie etwa die sogenannten Wiedertäufer propagierten, war nirgends so hart umkämpft wie in Münster: In den Jahren 1534/1535 schaute Europa nach Münster und auf die Ereignisse rund um das „Königreich der Täufer“. Die „Wiedertäufer“ waren eine religiöse Bewegung, die die Taufe Neugeborener ablehnte und Erwachsene erneut taufte. Die Täufer waren davon überzeugt, dass nur ein Mensch „in vollem Glauben“ die Taufe als Zeichen für den Beginn eines christlichen Lebens empfangen dürfe. Das Königreich des Jan van Leiden zerschlugen katholische und evangelische Truppen gemeinsam bereits zwei Jahre später.

Was heute wie ein theologisches Detail scheint, war vor 500 Jahren für die Menschen entscheidend. Durch die damals real empfundene Furcht, dass jeder ungetauft verstorbene Mensch in die Hölle komme, war eine möglichst frühe Säuglingstaufe unabdingbare Voraussetzung für das Seelenheil. Die Forderung nach einer Erwachsenentaufe war in Zeiten mit extrem hoher Kindersterblichkeit ein unerhörtes Aufbegehren gegen die kirchliche und indirekt auch gegen die weltliche Obrigkeit. Jeder Mensch musste damals – bewirkt durch die Taufe – in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen sein.

Kritik an den Täufern wurde nicht nur von katholischer, sondern vor allem von lutherischer Seite geäußert. Martin Luther, der ebenfalls für die Kindertaufe eintrat, sah durch die Praxis der Erwachsenentaufe seine noch nicht etablierte Reformation in Gefahr. Da die katholische Seite Luther als Verursacher der Bewegung der Erwachsenentäufer bezeichnete, schien die Reformation akut durch das „Königreich der Täufer“ gefährdet.

Mit Animationen und Inszenierungen ins 16. Jahrhundert

Diese Kontroversen um die Taufe greift die Ausstellung auf. Die drei Ansichten über die Taufe  werden durch unterschiedliche Objekte und eigens für die Ausstellung  entwickelte Filme in Szene gesetzt. Drei digitale Animationen des Autors und Cartoonisten Matthias Kringe vermitteln die unterschiedlichen Auffassungen zur Taufe während der Reformation.

Dem Team des Stadtmuseums um Museumsleiterin Dr. Barbara Rommé gelang es, zahlreiche Leihgaben aus Museen, Bibliotheken, Archiven und Kirchengemeinden aus ganz Deutschland nach Münster zu holen: Taufbecken, liturgische Objekte und Handschriften, Flugschriften Martin Luthers und seiner Gegner, historische Grafiken und Gemälde, Propagandamünzen der Täufer sowie Patengeschenke illustrieren anschaulich die drei unterschiedlichen Themenbereiche. Die einzigartige Sammlung des Stadtmuseums zur Täufergeschichte Münsters, ist selbstverständlich – sogar mit einer Neuerwerbung – ebenfalls im Stadtmuseum zu sehen.

Die Ausstellung beleuchtet nicht nur die verschiedenen Vorstellungen rund um den eigentlichen Taufakt zur Zeit der Reformation, sondern erläutert auch die historische Entwicklung von den Anfängen der christlichen Erwachsenentaufe in der Antike bis zur Taufe von Säuglingen, die im Spätmittelalter üblich war.

Begleitprogramm und Broschüre

Eingerahmt wird die in Kooperation mit dem Evangelischen Kirchenkreis Münster entstandene Ausstellung durch ein umfangreiches Begleitprogramm: Während der Nacht der Museen und Galerien am 2. September stehen Kurzführungen und die Uraufführung einer Neukomposition des Taufliedes von Martin Luther auf dem Programm; aber auch Fragen zur Person des Reformators werden beantwortet, nach dem Motto „Was sie schon immer einmal fragen wollten“. Eine reich bebilderte Broschüre ist im Museumsshop erhältlich (2,50Euro).

Darstellung einer lutherischen Taufe, Holzschnitt, um 1570. Foto: Stadtmuseum Münster.

 

 

 

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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