Resilienz in der Theologie? Rezension, Christoph Fleischer 2017

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Cornelia Richter (Hrsg.): Ohnmacht und Angst aushalten, Kritik der Resilienz in Theologie und Philosophie, Reihe: Religion und Gesundheit, Hrsg. Von Dietrich Korsch, Cornelia Richter u.a., Band 1, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2017, ISBN-Print: 978-3-17-031139-8, Preis: 30,00 Euro

Dieser Aufsatzband ist der erste Band der neu begründeten Reihe „Religion und Gesundheit“. Die Herausgeberin dieses Bandes, Cornelia Richter, ist Professorin für systematische Theologie in Bonn. Die hier vertretenen Autorinnen und Autoren sind meist Vertreterinnen und Vertreter des gleichen Fachgebiets, dazu kommen vier aus dem Bereich Philosophie und einer aus dem Bereich Exegese.

Aufmerksam hat mich die Vorveröffentlichung eines Aufsatzes im Internet gemacht: Selbstsorge und Fürsorge zwischen Vulnerabilität und Resilienz (S. 119 – 132, academia.edu). Vorab habe ich die Arbeiten von Clemens Sedmak und Malgorzata Bogaczyk-Vormayr zur Kenntnis genommen.

Diese Rezension wird auf die Fortsetzung der Arbeit am Thema „Resilienz“ im Bereich Theologie hinweisen, aber nicht die Artikel im Einzelnen besprechen. Die Einleitung von Cornelia Richter gibt den bisherigen Forschungsstand wieder und stellt abschließend die einzelnen Artikel kurz vor. Es handelt sich um die Dokumentation einer Ringvorlesung an der Universität Köln zum Thema „Resilienz. Krisen aushalten und gestalten“ aus dem Wintersemester 2015/16.

 

Zunächst einmal muss man mit der Einleitung konstatieren, dass der Begriff „Resilienz“ nur sehr zögerlich in der Theologie aufgegriffen worden ist. Außer zu einem Themenheft der Zeitschrift PrTh aus dem Jahr 2016 findet sich noch der Hinweis auf die bereits genannten Arbeiten aus Salzburg. So heißt es: „Obwohl es zum Verhältnis zwischen Gesundheit und Spiritualität eine breite Forschungsaktivität gibt, wurde das Verhältnis von Resilienz und Spiritualität bisher unzureichend untersucht.“ (S. 13)

Cornelia Richter geht auf die vorhandene Literatur ein und stellt z. B. das Projekt „Patristik und Resilienz“ ein wenig in Frage, obwohl sie die Texte zuvor ausführlich würdigt: „Ungeachtet dieser Fülle an anregenden Motiven und Reflexionsgängen bietet die in Einleitung und Durchführung suggerierte Positivität der spirituellen Kompetenz und theologischer Zielsetzung bzw. Orientierung […] Anlass zur vertiefenden Differenzierung.“ (S. 16).

Daraufhin wird diese Differenzierung auf verschiedenen Ebenen verortet, einerseits die Kraft religiöser Überzeugung und deren Schwächung in der Krise und andererseits die Ebene der religiösen Funktion von Anfechtung mit der „existenziellen Fragmentarität“ (Vgl. S. 17).

Die vorgenannte Reflexion religiöser Faktoren soll hierbei deutlich eine Unterscheidung in aktive und passive Faktoren leisten.

Der abschließende Teil dieses Einführungsartikels enthält, wie oben angedeutet, eine Kurzfassung und Würdigung der jeweiligen Artikel, die nun erneut zusammenfassend wiedergegeben werden, um so einen Einblick in die gesamte Artikelsammlung zu geben. Dabei werden die Namen der Autorinnen und Autoren genannt, aber nicht deren Herkunft und akademische Position, die im Buch selbstredend im abschließenden Anhang aufgelistet werden.

 

Christoph Horn zeigt am Beispiel antiker Philosophen die Bedeutung von Sensibilität und Selbstkontrolle. Jochen Flebbes Untersuchung zum Neuen Testament lässt sich durch folgendes Zitat verdeutlichen: „Glaube, der sich fragend, zweifelnd und verzweifelt an Gott wendet“ lässt Leid und Kraft Gottes aufeinander bezogen erscheinen. (S. 21) Hilge Landwehr wendet sich der philosophischen Emotionstheorie zu. Thomas Wabel greift Beispiele aus der christlichen Schmerztradition bei Luther und Bach auf. Jochen Schmidt spricht von der Anerkennung des Negativen, von Ohnmacht und Klage. Thiemo Breyer zeigt die Schwierigkeit auf, die darin liegt, dass Vulnerabilität und Resilienz zueinander in Beziehung stehen. Saskia Wendel unterscheidet zwischen der Aktivierung des Selbst und dem Aushalten als ökonomische Instrumentalisierung. Ludger Heidbrink zeigt die Ambivalenz des Verantwortungsbegriffs zwischen Selbstverantwortung und Macht. Notger Slencka berichtet aus der Traumaforschung und stellt Beziehungen her zwischen Resilienz und Begriffen der Theologiegeschichte wie Schleiermachers „Abhängigkeit“ und Tillichs „Courage to be“ (S. 27). Maike Schult greift ebenfalls die Traumaforschung auf und nennt das Wachstum der Resilienz durch Traumata „posttraumatische Reifung“ (S. 28).

 

Ob die vorgenannte Differenzierung hierbei zum Tragen kommt, lässt sich verständlicherweise aus der berichtenden Einleitung kaum entnehmen. Resilienz ist eine Erfahrung, die mit Dunkelheit und Krise zu tun hat, wobei die des Schweren und Guten dazugehört: per aspera ad astra (durch das Raue zu den Sternen).

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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