Bonhoeffer für Jugendliche, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

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Alois Prinz: Bonhoeffer, Wege zur Freiheit, Gabriel in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH, Stuttgart 2017, gebunden, 272 Seiten, Preis: 16,99 (print)

Alois Prinz erzählt prominente Lebensgeschichten für Jugendliche (Hannah Arendt, Ulrike Meinhof, Hermann Hesse, u.a.). Er wird auf dem Klappentext als ausgezeichneter Biografieautor vorgestellt. Doch worin besteht nun der Hauptunterschied zwischen Jugend- und Erwachsenenroman? Wäre der Jugendroman nicht auch für Erwachsene ein Gewinn? Im Fall von Dietrich Bonhoeffer lässt sich diese Frage nur mit einem klaren Ja beantworten.

Der Beginn mit der Amerikareise aus dem Jahr 1939 noch vor Kriegsbeginn ist vielleicht durch einen anderen Autor angeregt.  Doch der Akzent ist hier für Jugendliche passend, da Alois Prinz einen Dietrich Bonhoeffer zeigt, der in Amerika unentwegt in Gedanken „bei seinen Freunden in Deutschland“ ist. Freundschaft endet nicht am Ozean, ja vielmehr ist der Grund, wieso Dietrich Bonhoeffer das Exil vorzeitig beendet. Nicht aus religiösen, politischen oder theologischen Motiven verlässt Dietrich Bonhoeffer Amerika, um nach Deutschland zurückzukehren. Zitate aus dem Tagebuch belegen dies und lassen zudem fragen: Was ist ein Tagebuch? Wozu wäre es gut, ein solches zu führen? Die Tagebucheinträge geben der Entscheidung und ihrer Schilderung im Roman die nötige Konsequenz. Am Ende des Buches wird es um diese Freunde erneut gehen.

Die darauffolgend erzählte Lebensgeschichte verliert an keiner Stelle den Menschen Dietrich Bonhoeffer aus dem Blick. Die besonderen Bedingungen im kinderreichen Akademiker-Haushalt werden genauso detailliert erzählt wie die schwere Zeit der Trauer, um den im Weltkrieg gefallenen Bruder Walter.

Der Konfirmationsspruch und Dietrichs Entscheidung für die Theologie werden in Beziehung gebracht. Er schließt sich im Studium einer der wenigen Mitstudentinnen an, Elisabeth Zinn. Sie unternehmen gemeinsam Theater- und Ausstellungsbesuche, und doch wird keine feste Bindung daraus. Alois Prinz: „Sie sprachen viel über Theologie und Kunst, aber nie über ihre Gefühle.“ (S. 69)

Die Theologie und der politische Kontext des Widerstandes kommen nicht zu kurz, aber immer wieder sucht Alois Prinz den Blick auf den Menschen Dietrich Bonhoeffer. Obwohl sich Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer nur brieflich verlobt haben und die Zeit des von der Mutter auferlegten Kontaktverbot nicht vorüber war, als Bonhoeffer inhaftiert worden ist, blieb Maria bis zum Tod an seiner Seite. Den ersten Kuss gaben sie sich im Sprechzimmer des Gefängnisses von Tegel. Immer wieder sind es Erlebnisse, wie die Bombenangriffe auf die nahen Borsig-Werke, die den Erzähler mehr interessieren als Theologie. Doch auch die und die Fragen des politischen Widerstands kommen nicht zu kurz.

Der Tod Dietrich Bonhoeffers wird ausführlich geschildert, wie die Andacht am Morgen des Weißen Sonntags, die letzten Worte an den englischen Agenten Payne Best, das kurze Standgericht und die Hinrichtung. Doch sofort darauf erzählt Alois Prinz ebenfalls die Hinrichtung der Freunde Hans und Rüdiger sowie des Bruders Klaus. Wieder, wie am Anfang ist es die Freundschaft, die Menschen so verbindet, dass sie bereit sind, füreinander zu sterben.

So gesehen ist der Jugendroman ein Buch über Freundschaft und Liebe in extremen Lebenssituationen und Herausforderungen. Im Nachwort wird aber auch noch darüber berichtet, dass die Mitglieder des Widerstandes wie Bonhoeffer nach dem Krieg als Verräter bezeichnet wurden und dass der Deutsche Bundesgerichtshof 1956 nicht bereit war, das Urteil gegen Bonhoeffer nachträglich aufzuheben. Zum Schluss wird anhand einiger Zitate die Verantwortungsethik Bonhoeffer kurz geschildert und sein Leben als ein Weg zur Freiheit aus eigener Verantwortung heraus geschildert.

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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