Religion und Familie, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2018

Zu:

Husch Josten: Land sehen, Roman, Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2018, ISBN: 978-3-8270-1379-8, Preis: 20,00 Euro

Husch Josten ist eine bekannte Schriftstellerin, soweit erfahre ich vom Umschlagtext. Das Buch ist, so heißt es hier, ihr fünfter Roman. Die Hauptperson, der Ich-Erzähler im Roman ist hingegen ein Mann, Horand, genannt Hora. Er ist Professor für Literaturwissenschaft in Bonn.

Thema des Buches ist dessen Onkel, Bruder Athanasius, ein Ordensbruder, mit bürgerlichem Namen Georg, ein jüngerer Bruder seiner Mutter. Irgendwann haben sie sich aus den Augen verloren und Georg hatte nicht mehr viel mit der Familie zu tun.

Spannend wird das Buch im Blick auf das Thema Religion insofern, dass die Ordensgemeinschaft, zu der Bruder Athanasius gehört, der extremistischen Ordensgemeinschaft der Piusbrüder nahesteht und etwa die Liturgie in lateinischer Sprache feiert.

Die Anwesenheit Onkel Georgs in Bonn hängt damit zusammen, dass er in Geschichte über das Ordenshaus eines Klosters in der Eifel promoviert. Da trifft es sich gut, dass der Familie noch ein altes Bauernhaus in der Eifel gehört, in dem Hora und seine derzeitige Partnerin Urlaub machen, um das Kloster Maria Laach zu besuchen und auch um sich ein Bild vom Ordensleben zu machen. 

Zum Schluss, Onkel Georg ist inzwischen schwer krank geworden, tritt das Thema Familie in den Vordergrund. Wolfgang, ein weiterer Bruder, und zehn Jahre älter als Georg, ist 1935 geboren und bedingt durch Sauerstoffmangel behindert auf die Welt gekommen.

Als 1939 alle behinderten Kinder unter drei Jahren dem Staat gemeldet werden mussten, war Wolfgang schon ein Jahr älter. Wolfgang ist der Zwangstötung entkommen.

Der Roman kommt wieder auf Georg zu sprechen, der auf einer Intensivstation liegt. Er wird zuletzt zum Pflegefall und tritt keinesfalls in ein Kloster mehr ein. Doch der wahre Grund dafür ist ein anderer. Die Pointe, ist allerdings m. E. ein wenig konstruiert, wenn sie doch dazu passt, dass Hora schon ganz früh daran zweifelt, ob Onkel Georg, so wie er ihn kannte, überhaupt für ein Ordensleben geeignet war.

Das Buch kommt also wieder zum Thema Religion zurück, vielleicht plausibel aber nicht unbedingt schlüssig. Doch das Buch ist wirklich lesbar und flüssig erzählt. Es berührt tatsächlich mehrere Themenfelder der Geschichte des 20. Jahrhunderts, doch ob es wirklich ein Roman ist, wage ich zu bezweifeln. Im Sinn der Arbeit etwa von Christa Wolf, wäre als Untertitel „Erzählung“ eher passend gewesen. Die Gattungsbezeichnung Roman wird im der heutigen Literatur inflationär verwendet.