Ostersonntag 2020, Emanuel Behnert, Lippetal 2020

 

„Christus spricht: Ich war tot. Aber siehe, ich  bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ (Offenbarung 1,18)

Christus spricht. Die lange Zeit des Schweigens ist vorüber. Wohl dem, der Ohren hat zu hören. Wohl dem dessen Tränen getrocknet sind und dessen Augen klar sehen und erkennen können. Wohl dem, dessen Herz nicht im Netz der Trauer hängen geblieben, sondern bereit ist, sich Neuem, Lebendigen zu öffnen. Mit diesen Gedanken möchte ich Sie liebe Schwestern und Brüder, liebe Leser, einladen vielleicht mit den Menschen in Ihrer Umgebung, oder auch virtuell verbunden über Youtube z.B., einzustimmen in ein Auferstehungslied, das uns Mut machen will, dem Leben zu trauen. Weil wir dem vertrauen dürfen, der dem Leben die Bahn gebrochen und uns eine vollkommen neue Lebensgrundlage geschenkt hat.

 

 

  1. Der Engel sagte: „Fürchtet euch nicht!
    Ihr suchet Jesus, hier ist er nicht.
    Sehet, das Grab ist leer, wo er lag:
    er ist erstanden, wie er gesagt.“
    Refr. Lasst uns lobsingen…

 

  1. Er ist erstanden, hat uns befreit;
    dafür sei Dank und Lob allezeit.
    Uns kann nicht schaden Sünd‘ oder Tod,
    Christus versöhnt uns mit unserm Gott.

Refr.: Lasst uns lobsingen…

Lassen wir uns an diesem Morgen hinein nehmen in das Ostergeschehen, wie der Evangelist Markus es uns in seinem 16. Kapitel überliefert hat:

 

1 Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. 2 Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. 3 Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? 4 Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. 5 Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich. 6 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. 7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat. 8 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich. —- Wort des lebendigen Gottes. /Dank sei Gott dem Herren.

 

Antworten wir auf die Worte des Evangeliums mit dem Bekenntnis unseres Glaubens:

Glaubensbekenntnis Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erden. Und an Jesus Christus seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn,  empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige, christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

 

Die Gnade Gottes, unseres Vaters und die Liebe unseres HERRN Jesus Christus und die Gemeinschaft im Heiligen Geist sei mit uns allen. Amen.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

  1. Haben Sie es gerade eben bewusst mitgelesen? Bewusst mitgebetet? Jenes alte, großartige Bekenntnis der christlichen Kirchen, das sich mit wenigen Unterschieden durchgesetzt und in allen christlichen Religionsgemeinschaften annährend gleich gebetet wird. Das Credo. Ich glaube…

„…„und (ich glaube) an Jesus Christus, unseren Herrn, …am dritten Tage auferstanden von den Toten … ich glaube an den Heiligen Geist, … die Auferstehung der Toten und das ewige Leben.“

Glaube ich das wirklich? Angesichts der Widernisse, die sich mir auf meinem Lebensweg in den Weg stellen? Glaube ich das wirklich, angesichts der gegenwärtigen geschichtlichen und sozialen Situation, die einen jeden von uns in eine zunehmende Isolation treibt. Und nicht für wenige zur Belastungsprobe auf Leben und Tod wird?

Kann ich in meiner gegenwärtigen Lebenssituation überhaupt noch ein positives Glaubensbekenntnis formulieren, oder in ein solches ohne Vorbehalt einstimmen? Wie kann ich, angesichts der Erfahrungen meines Lebens, die ja auch meinen Glauben prägen, eben diesen ehrlich und ohne Vorbehalt bekennen? Gott in SEINEM Handeln, auch in meinem Leben wahrnehmen? Auch und gerade dann, wenn er vollkommen fern, fremd und unnahbar scheint? Vielleicht, indem ich mich eben nicht ausschließlich an alte und großartige Überlieferungen halte, sosehr sie auch ihre Berechtigung in unserem Glaubensleben haben. Sondern vor allem, indem ich meinen Glauben auf meine ganz eigene Weise bekenne: „Als ich ein Kind war, glaubte ich wie ein Kind. Ich glaubte an einen lieben Gott … er war mir schon vertraut in Jesus … Als ich erwachsen wurde, begann ich wie ein Erwachsener zu glauben… Mal sprach ich ihm die Kompetenz ab, oft auch die Liebe. Schließlich verweigerte ich ihm überhaupt die Anerkennung … Ich diskutierte in langen Nächten über Gottes Existenz, aber da war am Morgen kein Gott … Jesus wurde zum Traum … Und Auferstehung? Auferstehung war eine zynische Lüge in der Hand der Händler, zur Täuschung der Elenden … weiß Gott aber nicht der Grund meiner Hoffnung. Nun, da ich älter werde, entdecke ich neu die verschütteten Spuren Gottes. Ich beginne wieder, seiner Liebe zu trauen. Und so sage ich heute mutig, trotzig, befreit, jedoch ohne Anspruch auf Endgültigkeit: Gott hat Zeit für mich, hat Geduld mit mir … Mir ist Gott mit den Jahren wieder lieb geworden. Er wird meine Umwege verstehen.“ (Gerhard Engelsberger in Bausteine 10/2019 – Glauben und Bekennen; Beilage der Pastoralblätter)

Gottes Spuren festzustellen in unserem Leben, bedeutet auch, darauf zu achten, darauf zu lauschen, welche Umwege Gott selbst gehen musste, um uns zu erreichen, ohne uns in unserer uns zugedachten Freiheit einzuschränken. SEIN größter und doch vollkommen gerader Umweg endete nicht am Kreuz und nicht in einer dunklen Grabeshöhle am Rand der Stadt. Sondern in SEINER Lebenszusage an uns: „ICH lebe. Und ihr sollt auch leben.“

  1. Ich blicke auf das Bild des Anfangs. Ein buntes, Leben versprühendes Bild. Drei Menschen in verschieden farbigen bunten Gewändern. Wir sehen sie nur von hinten. Sie sind dem Horizont vor ihnen zugewendet. Grün und fruchtbar erscheint er. Im Glanz der aufgehenden Sonne. Sie selbst sind beschattet von zwei grünenden Bäumen. Rechts und links von ihnen. Die Zweige über ihnen scheinen ein Dach zu bilden. „Damit dich die Sonne des Tages nicht sticht, noch der Mond des Nachts.“ Aber vor ihnen breitet sich Leben pur aus. In das sie behütet und beschirmt, eigentlich ohne Sorge hineingehen dürfen und sollen.

Und dennoch: Wer mögen sie sein? Die drei Frauen am Morgen des dritten Tages auf dem Weg zum Grab? Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome? Auf dem Weg zu einem letzten Liebesdienst an einem, der nicht mehr unter ihnen ist, es nicht sein darf und kann? Trauer sind die Pflastersteine auf ihrem Weg. Und Angst. Wann sind sie das letzte Mal einem Verstorbenen begegnet, der ihnen so nahe stand, wie dieser Freund? Vielleicht noch nie. Die Fragen nach dem „Warum“ treiben sie um. Und die Fragen nach dem „Wie“ der „Wiederbegegnung“. Und was diese in ihnen auslösen wird. Am Ende wird es Entsetzen, Zittern und grenzenlose Angst sein, die sie verstummen lässt. Und nur nach und nach merken sie, dass dieses Ende nicht wirklich das Ende ist.

Ich blicke noch einmal auf das Bild. Wer mögen sie sein? Die zwei auf dem Weg nach Emmaus? Zu denen sich ein dritter dazu gesellt hat. Ein Fremder, der „zufällig“ in die gleiche Richtung zu gehen scheint. Sie haben ihn in ihre Mitte genommen. Ohne wahrzunehmen, dass die Farbe SEINES Gewandes die des Sonnenaufgangs ist. Sie sind gefangen in ihrer Trauer. In dem, was war. In dem, was sie verloren haben. Neues, eigenes können sie sich nicht vorstellen. Und plötzlich holt das Alte sie in vollkommen befreiender Weise ein. Sie erkannten IHN, als er beim „Abendmahl“ das Brot nahm, dankte, es brach und es ihnen reichte. Als ER über dem Kelch den Segen sprach und ihn mit Worten des Lebens weiterreichte. Mitten im Untergang – nicht nur des Tages – werden sie, werden wir mit einem neuen Mut zum Leben erfüllt. Und sie machen sich neu und verändert auf den Weg. Dorthin, wo gestern noch alles und alle vom größtmöglichen Unglück überschattet gewesen ist. Lebensfreude hat die Trauer abgelöst. Und sie verkünden voller Überzeugung allen: „Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen. Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, da er das Brot brach.“                    Liebe Schwestern und Brüder! Wenn Sie in diesen Tagen ein besonderes Osterbrot, ein eigens für diese Tage gebackenen Hefezopf und eine Karaffe Wein in die Hand nehmen, halten Sie vielleicht einen Moment inne. Und erinnern sich an die Worte: Mein Leib für Euch gegeben. Mein Blut für Euch vergossen. Der Kelch des neuen und ewigen Bundes. Und fühlen Sie sich durchaus dabei verbunden mit unendlich vielen Glaubenden, die aus genau dieser Kraftquelle Tag für Tag leben. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

Lasst uns beten: Ewiger Gott, Du bist der Atem der Ewigkeit, du bist der Weg in die neue Zeit. Du bist das Leben, du bist das Leben, du bist das Leben, Gott. Wir danken dir für die Spuren des Lebens, das viel weiter ist als alles, was wir sehen und beschreiben können. Wir danken dir für die Hoffnung, die uns berührt. Darum bitten wir dich voll Vertrauen: Stärke die, denen die Hoffnung des Glaubens schwach geworden ist. Berühre die, welche sich einsam und verlassen fühlen. Lass Hoffnung und Leben wachsen bei allen, deren Leben gedemütigt und missbraucht worden ist. Sei nah unseren Kranken und allen, die sie begleiten. Nimm die Sterbenden an dein Herz. Berühre die ins Leben hineinwachsen mit deiner Liebe in Jesus. Schenke uns allen Frieden und Zuversicht in einer Zeit der Zweifel, Fragwürdigkeiten und Unsicherheiten. Mache uns immer wieder darin gewiss: Du bist da, in allem, was uns widerfährt. Und Du wirst nicht fallen lassen, oder preisgeben das Werk Deiner Hände, sondern voller Erbarmung zu jedem Deiner Geschöpfe, zu Deiner ganzen Schöpfung stehen. Auch wenn wir das vielleicht nicht wahrnehmen. Ehre sei Dir dafür in Zeit und Ewigkeit. Amen.

Wenn Sie mögen, singen Sie mit:

Jesus lebt! Ich bin gewiss, nichts soll mich von Jesus scheiden,keine Macht der Finsternis, keine Herrlichkeit, kein Leiden. Er gibt Kraft zu dieser Pflicht; dies ist meine Zuversicht.

Jesus lebt! Nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben. Welchen Trost in Todesnot wird er meiner Seele geben, wenn sie gläubig zu ihm spricht: Herr, Herr, meine Zuversicht!

Und der Friede Gottes bewahre und behüte uns auf all unseren Wegen. Und so segne uns der allmächtige Gott und schenke uns SEINEN Frieden: + Der VATER, der SOHN und der HEILIGE GEIST. + Amen.

Ich wünsche Ihnen / Euch allen ein erfülltes und behütetes Osterfest in einer stürmischen Zeit.

Ihr / Euer Emanuel Behnert.