Preisen und Loben, Andacht von Emanuel Behnert, Lippetal 2020

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Mittwochsgedanken in der 3. Woche nach Ostern (29.04.2020)

Gnade sei mit uns von Gott unserem Vater und unserem HERRN Jesus Christus. Amen.

Altarfresko, Hohnekirche Soest, Foto Christoph Fleischer

Liebe Schwestern und Brüder!

Gedanken in der Wochenmitte. Festgemacht am Psalm der heutigen Eucharistiefeier unserer katholischen Schwestern und Brüder. Psalm 103. „Lobe den HERRN meine Seele und was in mir ist seinen Heiligen Namen. Loben den HERRN meine Seele, und vergiss nicht, was ER dir Gutes getan hat: der dir all deine Sünden vergibt und heilet all Deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit, der deinen  Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler …. (V. 1 – 3)

Preisen und Loben. Das bleibt in diesen Tagen vielen im Halse stecken. Wenn überhaupt, unverständliches Röcheln kommt aus vielen Kehlen, das auch an das Röcheln derer erinnert, die bei jedem Atemzug um ausreichend Sauerstoff ringen. Und viele von uns formulieren sicher ihre Gebete in diesen Tagen ganz anders. Und mit einer Vielzahl von „Warum – Fragen“. Loben angesichts von Einschränkungen fällt vielen von uns schwer. Aber dennoch: Wenn wir genau hinschauen: Für wie vieles gilt es eigentlich trotz allem und gegen alles auch heute noch zu danken?! Die frei gesetzte Zeit ermöglicht es mir, mich mit meinem Herzenmensch auf den Weg zu machen. Zu Fuß. Lange Spaziergänge. Fernab der „Zivilisation“. Mitten in der Natur. Ich erlebe Natur wieder ganz elementar. Mit allen Sinnen. Gut, das Schmecken habe ich bislang ausgenommen. Obwohl „es mich immer wieder schon mal gejuckt hat“, ein Gänseblümchen zu pflücken. Und einfach nur hinein zu beißen. Oder einen Löwenzahn. Oder ein paar Blätter Bärlauch.

Mit dem Rad. Plötzlich nicht mehr die kürzeste Verbindung zwischen zwei Ortschaften nehmen. Durchaus aber für den Radfahrer sicherere und bescheidene (Um)Wege in Kauf nehmen, als jene, die uns schnell, manchmal zu schnell ans vermeintlich richtige Ziel führen. Und dabei dann vollkommen Neues entdecken. Oftmals verbunden auch mit der Aufforderung an Richtungsentscheidenden Punkten: „Warte mal bitte. Ich muss mich mal eben orientieren. Ich muss mal schauen, wo wir jetzt sind.“

„Lobe den HERRN meine Seele und was in mir ist seinen Heiligen Namen. Loben den HERRN meine Seele, und vergiss nicht, was ER dir Gutes getan hat.“

Jetzt, beim entschleunigten Schreiben, beim bewussten Erleben der Natur fällt mir ein altes Evangeliumslied ein, das ich schon oft an bestimmten Punkten in meiner Umgebung im Auto gesungen habe. Zu dem mir aber eben beim Radfahren im Moment noch die Puste fehlt. Wer mag, kann es ja auf youtube anklicken und gerne, wenn ihm danach ist, mitsingen:

1) Du großer Gott, wenn ich die Welt betrachte,
die Du geschaffen durch Dein Allmachtswort,
wenn ich auf alle jene Wesen achte,
die Du regierst und nährest fort und fort,

Refr.: dann jauchzt mein Herz Dir, großer Herrscher, zu:
Wie groß bist Du! Wie groß bist Du!
Dann jauchzt mein Herz Dir, großer Herrscher, zu:
Wie groß bist Du! Wie groß bist Du!

2) Blick ich empor zu jenen lichten Welten
und seh der Sterne unzählbare Schar,
wie Sonn und Mond im lichten Äther zelten,
gleich goldnen Schiffen hehr und wunderbar,
Refr.: dann jauchzt mein Herz …

3) Wenn mir der Herr in Seinem Wort begegnet,
wenn ich die großen Gnadentaten seh,
wie Er das Volk des Eigentums gesegnet,
wie Er’s geliebt, begnadigt je und je,
Refr.: dann jauchzt mein Herz …

4) Und seh ich Jesus auf der Erde wandeln
in Knechtsgestalt, voll Lieb und großer Huld,
wenn ich im Geiste seh Sein göttlich Handeln,
am Kreuz bezahlen vieler Sünder Schuld,
Refr.: dann jauchzt mein Herz …

Ein Bespiel auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=N3IUwnqdU00

Mein (nicht vorhandenes) Loben wird plötzlich um viele Dimensionen erweitert. Und ich bin sicher: Selbst wenn mir der Atem zum Loben fehlt, wird meine Atemlosigkeit gehört. Und dankend angenommen.    Denn das ist ja das Andere: Wann sind Sie / wann bist Du das letzte Mal wirklich gelobt worden? So wahrgenommen, dass jemand gesagt hat: Pooohhhh! Wow! Gut gemacht. Gut gelungen. Einfach stark…. Was immer dann auch kommen mag an dem, was gelungen ist, oder uns in unserem Dasein, oder Sosein in besonderer Weise ausmacht. Ich bin sicher: Dass wir so wenig loben, auch unseren Schöpfer und SEINE Schöpfungs – und Rettungstaten, liegt immer wieder daran, dass wir selbst so wenig gelobt werden. Dabei sollte es doch nahezu allgemein bekannt sein, dass gerade Lob und Belohnung die Antriebsfedern in der menschlichen Erziehung, aber auch im Miteinander mit (Haus)Tieren sind, die zu einem gelingenden und glücklichen Leben beitragen. Wann sind Sie, wann seid Ihr das  letzte Mal gelobt worden? Ich persönlich weiß es nicht. Mich haben über lange Zeiten andere Dinge geprägt, die mich zu dem haben werden lassen, der ich bin. Und ich denke, je weiter wir fortschreiten auf unserem Lebensweg, umso seltener hören wir das Lob. Wichtig ist doch meistens, dass wir die an uns gestellten Erwartungen erfüllen. Eine Vereinbarung, die keines Lobes bedarf. Auch wenn es jedem von uns gut täte. Darum sollten wir vielleicht bescheiden werden und jedes „Danke“ durchaus auch als ein Lob betrachten. Einfach, damit wir das Loben nicht vergessen und verlernen. Aufmerksam werden für die kleinen Dinge des Lebens, die uns als Geschenk angeboten werden. Zum Beispiel in einem salzig schmeckenden Gänseblümchen, von dem ich weder Corona bekomme, noch den Fuchsbandwurm. Das Lächeln, das ich durch eine Maske hindurch wahrnehme. Und mit strahlenden Augen und breitem Grinsen erwidere. Die Umarmung, die trotz allem und gegen alles wage. Einfach weil jetzt der richtige Zeitpunkt dafür da ist.

„Lobe den HERRN meine Seele und was in mir ist seinen Heiligen Namen. Loben den HERRN meine Seele, und vergiss nicht, was ER dir Gutes getan hat: der dir all deine Sünden vergibt und heilet all Deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit.“

Eine Erfahrung, die Menschen aller Zeiten immer wieder gemacht haben, machen und sich daran festhalten durften und dürfen. Gerade in Zeiten der Herausforderung und des Widerstandes. Heute am 29. April erinnern sich viele Christen auf der ganzen Welt an die Heilige Katharina von Siena. Ihr Geburtsdatum ist nicht genau bekannt. Es mag um das Jahr 1347 herum gewesen sein. Sie ist nur 33 Jahre alt geworden und 1380 in Rom verstorben. 1461 zur Heiligen und 1970!! Zur Kirchenlehrerin erhoben, hat sie eigentlich ihr ganzes Leben damit zugebracht, durch eigenständiges Denken gegen die Strömungen der Zeit und der gesellschaftlichen Bedingtheiten zu schwimmen und zu kämpfen. Statt sich mit dem „gut – bürgerlichen“, in das sie hinein geboren wurde zufrieden zu geben, wandte sie sich immer und immer wieder jenen zu, denen das Leben das Elementarste vorenthielt. Dabei scheute sie nicht davor zurück, auch und vor allem politische und soziale Missstände zur Sprache zu bringen. Ohne Rücksicht auf je eigene Befindlichkeiten. In ihrem Bemühen um soziale Gerechtigkeit und religiöse Glaubenstransparenz, insbesondere auch um eine Glaubenseinheit angesichts eines großen Schismas der damaligen Zeit, wandte sie sich immer und immer wieder an Fürsten und auch an Päpste (Gregor XI / Urban VI). Und auch, wenn die profane Welt ihre Bemühungen fraglich und als vergeblich einstufen mag: angesichts ihrer Christusvisionen, die sie immer wieder erfahren durfte, blieb sie ihrem tiefen Glauben bis zu ihrem Lebensende, trotz aller Depressionen, die sie heimsuchten, immer treu. Und vielleicht hat ihr dabei das ein oder andere mal auch das Gebet geholfen, in dem es heißt: „Lobe den HERRN meine Seele und was in mir ist SEINEN heiligen Namen. … Wie sich ein Vater über seine Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die auf IHN hoffen.“ (Psalm 103.1.13)

Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in  Christus Jesus unserem HERRN. Amen.

Weitere Informationen über das Lied: Divergierende
Angaben zum Verfasser: Carl Boberg 1886 / Manfred von Glehn 1907. Das Original ist erschienen unter dem Titel „O store Gud.“ Die Melodie des Liedes stammt aus Schweden. Das Lied ist gemeinfrei.

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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