Die erste Reformation, Jan Hus, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015

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Zu: Walter Rügert: Jan Hus, Auf den Spuren des böhmischen Reformators, Südverlag Konstanz 2015, ISBN 978-3-87800-065-5, Preis: 16,00 Euro

Jan hus_Cover_300dpiDieses reich bebilderte und auch im Format an einen Reiseführer erinnernde Buch lädt tatsächlich dazu ein, „auf den Spuren des böhmischen Reformators“ zu reisen, sei es nach Konstanz, wo Jan Hus vor 600 Jahren auf dem Scheiterhaufen starb, oder nach Prag, wo er lehrte und wirkte. Dazu werden noch Gedenkorte, Museen und weitere Stätten der hussitischen Reformation gezeigt.

Gleichwohl ist diese kleine Arbeit über den tschechischen Reformator Hus auf 112 Seiten solide erarbeitet und mit einem Literaturverzeichnis, Anmerkungen und einer Chronik versehen, die auch die Wirkungsgeschichte einschließt.

Wem hier in der frühen Fokussierung des Reformators auf missbräuchliche Ablassverkündigung, den Ausgang der Reformation von einer jungen Universität und der Reise zum Verhandlungsort mit freien Geleit Vergleichspunkte zu Martin Luther auffallen, liegt wohl nicht ganz falsch, obwohl Luther selbst dies wohl zunächst so nicht gesehen hat. Allerdings bezog er sich schon 1521 auf dem Reichstag zu Worms mit seiner Aussage, auch Konzilien könnten irren, auf den Hinrichtungsbeschluss des Konstanzer Konzils gegen Jan Hus und meinte: „Wir alle sind Hussiten“ (S. 89).

Obwohl sowohl Jan Hus am 6. Juli 1415 wie auch am 30. Mai 1416 sein Mitarbeiter Hieronymus von Prag vom Konstanzer Konzil zum Tod verurteilt und hingerichtet wurden, kam es danach zu einem regelrechten Aufschwung, ja zum Aufblühen hussitischer Kirchen in Tschechien. Sogar der Zweig, der weiter der katholischen Kirche angehörte, blieb hussitisch geprägt und verteilte das Abendmahl, wie die freien Hussiten, in beiderlei Gestalt. Erst im Rahmen des Dreißigjährigen Kriegs kam es nach 1620 zur Rekatholisierung Böhmens. Das Buch lädt in der Tat dazu ein, die unterschiedlichen Wirkungs- und Gedenkstätten der böhmischen Reformation aufzusuchen und dazu auch den entsprechenden historischen Hintergrund zur Kenntnis zu nehmen.

Als Wahlspruch von Jan Hus blieb der Satz „die Wahrheit siegt“ (S. 107) in Erinnerung. Man merke: Dieser Satz hat nicht nur Martin Luther beflügelt, sondern auch der Presse- und Redefreiheit moderner Demokratie zum Durchbruch verholfen, der es um die Wahrheit geht. Dies drückt auch der Schlusssatz von Walter Rügert aus: „Hus mag mit ‚Wahrheit’ etwas anderes verstanden haben, als wir das heute tun. Ohne den Anspruch, sich in ‚Wahrheit’ zu begegnen, ist aber eine friedliche Gesellschaft – auch bei unterschiedlichen Interessenlagen – vermutlich nur schwer möglich. (S. 108)

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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