Bürgermeister Wigant begrüßt Entscheidung des OVG zum Flughafen, Pressemeldung, Kreisstadt Unna

Ein passendes Video:

Unna, den 26. Januar 2022

Nacht und Abendflug rechtswidrig

Mit Freude und auch Erleichterung hat Unnas Bürgermeister Dirk Wigant die heutigen Entscheidungen (Mittwoch, 26. Januar 2022) des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster aufgenommen. In dieser Entscheidung hat das OVG die Genehmigung der Bezirksregierung Münster über die Zulassung von Flugverkehr in den abendlichen Nachtstunden am Flughafen Dortmund aus dem Jahr 2018 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.

Lärmschutz hat Vorrang

„Für uns steht der Schutz der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Unna an erster Stelle. Deshalb freue ich mich auch, dass das Gericht in seiner Entscheidungsfindung dem Lärmschutz der Bürgerinnen und Bürger deutlichen Vorrang eingeräumt hat“, sagte Unnas Bürgermeister Dirk Wigant. Geklagt hatten fünf Privatpersonen und die Stadt Unna.

Schon 2015 hatte das OVG die ursprüngliche Fassung der Genehmigung vom 23. Mai 2014, mit der erstmalig planmäßige Landungen bis 23 Uhr und planmäßige Starts bis 22.30 Uhr zugelassen worden waren, wegen Abwägungsmängeln für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.

Mit der Änderungsgenehmigung vom 1. August 2018 sollten diese Abwägungsfehler behoben werden. Danach waren planmäßige Landungen bis 23 Uhr, verspätete Landungen bis 23.30 Uhr und verspätete Starts bis 22.30 Uhr zugelassen. Auch bei dieser Genehmigung stellte das Gericht Abwägungsfehler fest.

In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass die Lärmschutzbelange der Bevölkerung, die das Gewicht der für die Verlängerung der Betriebszeit sprechenden öffentlichen Verkehrsinteressen mindern, von der Bezirksregierung als zuständiger Genehmigungsbehörde unzureichend festgestellt und berücksichtigt worden sind. Die Bezirksregierung hat Fluglärmbelastungen mit einem nächtlichen Dauerschallpegel von weniger als 45 dB(A) nicht in ihre Abwägung  einbezogen. Ebenso wenig sind durch die Bezirksregierung die Lärmbetroffenheiten durch maximale Einzelpegel ermittelt und berücksichtigt worden.

Rechtskraft erst in vier Wochen

Allerdings hat das Gericht die Genehmigung der Bezirksregierung noch nicht aufgehoben. Die Flugzeuge dürfen vorerst weiterhin nach 22 Uhr am Dortmunder Flughafen starten und landen – das aber nur so lange, bis die Urteile des OVG rechtskräftig sind – einen Monat nach Zustellung des Urteils.

Zwar hat das OVG die Klage der Kreisstadt Unna als unbegründet abgewiesen, weil die Klagebegründungsfrist nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz nicht eingehalten worden sein soll. Diese Frage ist durchaus strittig, für den Rechtsstreit aber im Ergebnis ohne Belang, da das OVG die Genehmigung, jedenfalls aus anderen Gründen für rechtswidrig erachtet hat.

Für die Bürger*innen der Kreisstadt Unna zählt allein, dass die Genehmigung der Bezirksregierung aus dem Jahr 2018 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

 

 

 

Museum Haus Opherdicke, Pressemeldung Kreis Unna, 14.01.2022

Mit Kultur ins neue Jahr (unter 2G oder 2G+, Zusatz des Bloggers)

Kreis Unna. Langsam schleicht er sich ein: Der Alltag im neuen Jahr. Wer jetzt schon eine kleine Auszeit braucht, für den lohnt sich vielleicht der Besuch im schönen Museum Haus Opherdicke: In aller Ruhe in die Bilder der aktuellen Ausstellung „Hermann Stenner und seine Lehrer“ eintauchen – das geht noch bis zum 27. Februar immer mittwochs bis sonntags.

BZ: Museum Haus Opherdicke. Foto: Oliver Nauditt

Auch das Bistro hat geöffnet – selbstverständlich ist der Besuch nur unter Einhaltung der aktuellen Regeln möglich. Das heißt 2G (geimpft oder genesen) fürs Museum und für das Bistro 2G+ (geimpft oder genesen plus Booster oder negativer Test). Also Nachweise und Ausweis beim Besuch nicht vergessen. Zu den neuen Regeln zählt auch, dass eine OP-Maske für einen Besuch nicht mehr ausreicht – die FFP2-Maske ist Pflicht.

 

Einführungsvideo und Skulpturenpark

Wer die Ausstellung im kreiseigenen Wasserschloss in Holzwickede besucht, sollte zunächst in den Medienraum des Museums gehen. Dort gibt ein Einführungsvideo, in dem viel Wissenswertes zur Ausstellung von einer Expertin erklärt wird. Und wenn das Wetter passt, lohnt sich im Anschluss nach dem Bummel durchs Museum auch ein Spaziergang durch den Skulpturenpark für eine kleine Auszeit zu Jahresbeginn. PK | PKU

Zusatz vom Blogger: Ich habe einige Bilder auf Google hochgeladen, die man auf Google Maps findet (Opherdicke, Bilder auf google maps)

 

Ausstellung „ESEL“ in Unna, ein Hinweis an die Kuratorinnen, Christoph Fleischer, Fröndenberg 2021

Das Stadtmuseum in Unna zeigt zur Zeit die Ausstellung über den Esel. Daher möchte ich zunächst aus einer kurzen Pressenotiz zitieren, die zudem auf eine noch aktuelle Führung hinweist:

„DER ESEL. Viel mehr als Unnas Stadtsymbol“
Kostenlose Führung durch die Ausstellung

Kreisstadt Unna.

Seit dem 21. November ist die Ausstellung „DER ESEL. Viel mehr als Unnas Stadtsymbol“ im Hellweg-Museum Unna für Gäste geöffnet. Die erste Führung findet am Sonntag, 5. Dezember, statt und startet um 15 Uhr. Es gilt die 2G-Regel.

Bei dem einstündigen Rundgang mit Historikerin und Museumspädagogin Birgit Hartings erfahren die Besucher*innen nicht nur, wieso der Esel in Unna eine so wichtige Rolle spielt. Auch die ihm zugeschriebenen Eigenschaften und der Wandel vom Nutztier zum Freizeitpartner in unseren Breitengraden werden thematisiert. Danach begeben sich die Teilnehmenden auf die vielfältigen Spuren, die der Esel in der Kulturgeschichte hinterlassen hat. Diese lassen sich unter anderem in Religion, Kunst, Literatur und Sprache, aber auch im Strafwesen finden. Eine Schandmaske aus der Frühen Neuzeit gehört zu den Höhepunkten der Ausstellung.

Dieses Verlies ist direkt in das Gebäude des Stadtmuseums integriert.

Auf dem folenden Bild ist ebenfalls ein Esel dargestellt. Dieser steht vor der Krippe am Unnaer Weihnachtsmarkt. Er erinnert ein wenig an eine Comikfigur.

Mir selbst kam ein anderer Esel in den Sinn, auf den die Unnaer Ausstellung nicht hinweist, der Esel aus der Drüggelter Kapelle (Möhnesee). Und so schrieb ich die Kuratorinnen der Ausstellung in einer Email an:

Warum steht der Esel im Wasser oder am Wasser? Er ist ohne Gepäck, warum? Hat das etwas mit dem Übergang zwischen Soester Börde und Arnsberger Wald zu tun?

Kathrin Götker:

Ein möglicher Zusammenhang zwischen der Darstellung eines Esels im/am Wasser und dem Übergang zwischen Soester Börder und Arnsberger Wald ist mir nicht bekannt. Falls es eine entsprechende Erzähltradition gibt, wäre das aber sicherlich eine gute Erklärung für diese spezielle Darstellung.

Ansonsten: Da der Esel keine Anzeichen von Domestizierung zeigt, wird es sich sicherlich um die Darstellung eines Wildesels handeln. Sollte er tatsächlich im Wasser stehen (das ist auf dem Foto nicht richtig zu erkennen), wäre das in der Tat sehr ungewöhnlich, da Esel das Betreten von Wasser üblicherweise meiden. Vielleicht steht das Tier doch eher an einer Wasserstelle?

Durch die Position am Kapitell eines Kirchenbaus liegt ein Zusammenhang zur christlich-allegorischen Bildwelt nahe, die sowohl sehr negative (Teufelstier, Tier der Ungläubigen, …) und auch sehr positive (Tier der Genügsamkeit, Duldsamkeit, Einfältigkeit, später auch: Tier der Pilger, …) Deutungen bereithält. Eine konkrete Verbindung zum Wasser findet sich z. B. im Buch der Natur des Konrad von Megenberg und in der Enzyklopädie De proprietatibus rerum des Bartholomäus Anglicus. Dort wird die natürliche Vorliebe des (Wild-)Esels für reines, bewegtes Wasser (und die Ablehnung von trübem Wasser) mit der Tugend der Genügsamkeit und der intuitiven Orientierung an der lebendigen Lehre Gottes (und der Verachtung der weltlichen Lehre) in Verbindung gebracht. Könnte das eine Spur sein? Gibt es vielleicht weitere Bildwerke an anderen Kapitellen, so dass sich ein Programm erschließen ließe?

Die Email, die, so Frau Götker, zunächst nicht für eine Veröffentlichung gedacht war, zeigt doch sehr sachkundig den Umgang mit ikonografischem Material. Selbstverständlich kann man hier aus dem zeitlichen Abstand heraus nur spekulieren. Die sonstige Ausstattung der Kirche ist mager an Bildwerken. Lediglich die Architektur des Zwölf-Säulen-Kreises weist auf die Israelpilgerfahrten wenn nicht gar auf die Kreuzzüge hin.

Der Esel rastet am frischen fließenden Wasser der Möhne, das Bild gefällt mir. Ob er hier auch mit auf die Pilgerfahrt ins Heilige Land geht, muss offen bleiben. Die Verbindung zur Schöpfung sowohl im Tier des Wildesels, der später zum Haus- und Lasttier wurde, als auch im Wasser passt zum Standort der Drüggelter Kapelle sehr wohl.

Zum Schluss ein Hinweis auf Johann Moritz Schwager aus Jöllenbeck. Der umtriebige Pfarrer der Aufklärung, der fleißig literarisch aktiv war, hinterließ einige Reisebeschreibungen aus dem achtzehnten Jahrhundert. Dabei kam er ausgerechnet auch nach Unna und dort fielen auch ihm die vielen Hausesel als Nutztiere auf:

Link: https://museen.de/der-esel-unna.html

Frankfurter Buchmesse 2021, Notizen, Christoph Fleischer, Fröndenberg 2021

 

Foto Niklas Fleischer

Vorrede: Anmerkung zum Format dieses Kurzberichts.

Dem zuvor erschienen Bericht von Niklas Fleischer kann ich nur zustimmen und möchte keinen zweiten anfügen. Niklas hat mich lediglich gebeten, seinem Bericht meine inhaltlichen Notizen hinzuzufügen. Ich muss zugeben, dass ich diese erst aus dem Fundus meiner Mitbringsel rekonstruiert habe. Es geht ja eigentlich auch nur darum, dadurch zu veranschaulichen, dass die traditionelle Buchmessenarbeit durchaus möglich war und vielleicht abgesehen von der etwas schlechteren Auswahl durch die neue Raumaufteilung auch weniger hektisch ausgeführt werden konnte. Ich habe gerade in dem Bericht der Frankfurter Buchmesse selbst noch gesehen, dass das Programm digital zu verfolgen war. Daran haben wir nun offensichtlich weniger teilgenommen, aber das ist trotzdem gut und sinnvoll, zumal diese Beiträge ja meist auch später noch eingesehen werden können.

Foto Niklas Fleischer
Ein Hinweis:

Da dies bewusst nur Notizen sind, führe ich das Format der Buchangaben nicht so gründlich aus, bitte also die Leserinnen und Leser sich im Internet durch Stichwortsuche einen passenden Ort für ihre Recherchen zu suchen. Meist sind das die Verlagsseiten, aber auch die Portale der großen Internet-Buchhändler.

Blaue Frau

Zunächst fiel mir die „Blaue Frau“ von Antje Ravik Strubel aus dem Verlag S.Fischer ins Auge, da es die diesjährige Preisträgerin des deutschen Buchpreises ist, und ich vor der Buchmesse davon gehört hatte. Es interessiert mich auch inhaltlich, da es um die Aufarbeitung einer Vergewaltigung geht, die als Traumatisierung einen Menschen das ganze Leben verfolgen kann. Der Verlag S. Fischer wartete seit 2007 auf einen erneuten Buchpreis. Es ist wirklich einer von den guten Literaturverlagen.

Foto Niklas Fleischer

Mensch, Gott

Bei Suhrkamp finde ich eine Auswahl von Texten von Wolf Biermann unter der Überschrift, „Mensch, Gott“ mir wird sofort klar, dass die Texte, nicht nur die Lieder von Biermann auch religiöse Anspielungen haben und profan christliche Inhalte verbreiten. Man denke nur an das Lied: „Ermutigung“, das in der christlichen Friedensbewegung rauf und runter gesungen wurde. Da ich den Newsletter von Suhrkamp bekomme und im Blogger-Verteiler bin, versuche ich mal ein Rezensionsexemplar zu erhalten.

 

Michelangelo

Bei Wagenbach, dem linken Literaturverlag, finde ich den Schwerpunkt „Kunst“ interessant. Erste Raffaels Schule von Athen und jetzt „Michelangelo“, das fällt ins Auge. Man setzt dabei auf Qualität. Der Preis des Buches wird ab dem 1.1.2022 bei 98,00 Euro liegen, vorher ein wenig niedriger. Da kann man nur sagen: Was nichts kostet, das taugt nichts.

 

St. Maria zur Wiese

Machen wir bei Kunst weiter: Da meine Wege neuerdings in die Normandie führen, fiel mir das Buch über die Normannen ins Auge. Es sind zwei Ausstellungsbände zum Preis von einem, 49,00 Euro und ist eine Koproduktion von „Schnell und Steiner“ mit der Stadt Mannheim. zu Hause nehme ich den Katalog zur Hand und finde etwas, das mir auch sehr interessant erscheint mit lokalem Bezug: Eva Maria Bongardt: „Die Kirche St. Maria zur Wiese in Soest und ihre Bildausstattung.“ Das Buch ist bereits erschienen und kostet ambitionierte 76,00 Euro. Wer die Kirche kennt und vielleicht schon Gottesdienste dort gefeiert hat, weiß, dass die Bildaustattung phänomenal ist.

Pandemie, die erste

Beim Passagen-Verlag aus Wien fiel mir auf: Jean-Luc Nancy: „Ein allzu menschlicher Virus“. Das Buch ist frisch erschienen. Die Pandemie gibt in der Tat zu denken. Das Büchlein ist zudem auch nicht allzu dick. Für mich ist Jean-Luc Nancy als Schüler irgendwie auch inhaltlich der Nachfolger von Jacques Derrida, der Begründer der Postmoderne.

Liberale Glaubenshaltung

Kommen wir mal zu religiösen Themen: Beim Vier Türme Verlag des Benediktinerklosters Münsterschwarzach schreibt der allseits bekannte Anselm Grün, und vermittelt eine sakrale Haltung, die mit der modernen Lebensauffassung vereinbar ist und spirituelle Impulse gibt. Reizvoll sind dazu im Katalog die Neuerscheinungen „Checkliste Himmel“, Glaube zum Ausfüllen. Oder genauso postmodern: Gesine Palmer: „Vielfalt statt Konsens in den Religionen“. vielleicht wird die liberale Glaubenshaltung, von der hier die Rede ist, auch mal die Kirche retten.

Geschlechtervielfalt

Hierzu gibt es im eher unbekannten Verlag Nünnerich-Asmus (www.na-verlag.de“ ein Ausstellungskatalog mit dem sinnigen Titel „G*tt w/m/d“, Geschlechtervielfalt in biblischen Zeiten. Die dazu gehörige Ausstellung wird bis zum 19.12.2021 im Bibelhaus Frankfurt gezeigt.

Jesus oder Paulus

Bei C.H.Beck fällt mein Blick auf das Buch von Johannes Fried: „Jesus oder Paulus“ (22,00 Euro). Ist ja klar: wenn Jesus nicht am Kreuz gestorben ist, wie Fried in einem andren Buch darstellt, dann muss er nach der Kreuzigung weitergelebt haben. Doch davon ist außer bei als Erscheinung des Auferstandenen in der Bibel nicht die Rede. Wäre also spannend zu lesen, wie der Altmeister der profanen Geschichte die Gegenwart Jesu weiter begründet. Auch der richtige Tod des Erlösers würde mich dann auch interessieren.

Ist die Zukunft der Kirche bezahlbar?

Pragmatisch ist da eher der Neuenkirchener Verlag mit der Arbeit von David Guttmann und Fabian Peters: #Projektion2060, Die Freiburger Studie zu Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuer, Analyse – Chancen – Visionen, 26,00 Euro. Es ist diesmal keine Umfrage, sondern eine ökonomische Studie, die sich sehen lässt.

Etwas Psychologie zum Schluss:

Bei Hogrefe greife ich das Gesamtverzeichnis 2022 ab, zumal da noch einige Rezensionen offen sind. …

Beim Psychosozialverlag aus Gießen wird ein Buch aus 2020 offen verschenkt: Steven Taylor: „Die Pandemie als psychologische Herausforderung“ (Übersetzt aus dem Amerikanischen).

Eine Neuerscheinung berührt mich persönlich: Anja Röhl: Heimweh-Verschickungskinder erzählen, Hardcover, 24,90 Euro (weitere Info hier: www.verschickungsheime.de).

1700 Jahre jüdisches Leben

Zu guter Letzt: Aus dem Homunculus-Verlag bekomme ich hoffentlich recht bald das Rezensionsexemplar von Uwe Seltmann: „Wir sind da! 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.“ Es ist kein Katalog zur gegenwärtigen Jubiläumsausstellung, sondern eher ein begleitendes Sachbuch.

Wäre doch gelacht, …

…wenn ich von dieser Buchmesse nicht auch Anregungen und Lesetipps mitgenommen hätte. Mein Eindruck: Die bleibende Präsenz der Verlage ohne Massenandrang ist für diese Aufnahme von Informationen kein Nachteil gewesen.

Foto Niklas Fleischer

Bericht mit Fotografien von der Frankfurter Buchmesse 2021 – Gastland Kanada Niklas Fleischer, Dortmund 2021

Foto vom Autor: Blick auf die Agora der Buchmesse, mit Messeturm

Einleitung

Messen… Mensch, da war ja mal etwas, bevor Covid-19 die Art, wie wir öffentlich umgehen und uns mit anderen Menschen versammeln gänzlich umgekrempelt hat. Zur Erinnerung, die Älteren werden es auch noch kennen: der Duden beschreibt Messen als „große [internationale] Ausstellung von Warenmustern eines oder mehrerer Wirtschaftszweige“.

Vorahnung auf einen anderen Messeverlauf

Genug der der Ironie: Ziemlich genau vor zwei Jahren habe ich hier an dieser Stelle das letzte Mal von der Buchmesse berichtet – zwei Jahre, in denen eher viel passiert ist. Auch wenn das öffentliche Leben durch die Impferfolge langsam wieder Fahrt aufnimmt, sind Zusammenkünfte mit vielen Menschen – zu mindestens für mich – immer noch etwas Ungewohntes, nahezu Befremdliches. Umso mehr habe ich mich gefreut, in diesem Jahr wieder auf die Buchmesse zu fahren – mit der Frage im Hinterkopf: Wie würde es wohl sein?

Re:Connect

In diesem Jahr hat sich die Frankfurter Buchmesse selber den Titel „Re:Connect“ gegeben – eigentlich ein ziemlich technischer Begriff, bei genauem Hinsehen aber eigentlich recht passend:

In der IT bezeichnet ein „Reconnect“ einen erneuten Verbindungsaufbau, beispielsweise nach einem Verbindungsabbruch. Wenn wir also unseren Internet-Router Zuhause neu starten, beispielsweise weil die Videokonferenz im Home-Office zur Diashow wurde, oder abends Netflix Probleme bereitet – dann ist das ein Reconnect. Wir versuchen, eine verlorene Verbindung wieder aufzunehmen – im Falle der Buchmesse sicherlich den menschlichen Kontakt zwischen AutorInnen, Verlagen und LeserInnen.

Foto vom Autor: Bücherstapel beim Lübbe-Verlag
Wie würde also dieser „erneute Verbindungsaufbau“ mit der Literaturwelt sein?

Für den Besuch hatten wir uns in diesem Jahr einen Fachbesucher-Tag ausgesucht. An diesen Tagen dient die Frankfurter Buchmesse einzig und allein Fachbesuchern, und wie in unserem Fall natürlich Bloggern und Journalisten. Verkauft wird an diesen Tagen – von Ausnahmen, wie z.B. Papeterie abgesehen – nichts, stattdessen dient die Messe an diesen Tagen der Geschäftsanbahnung zwischen Verlagen und Buchhändlern, Autoren und Verlagen, fremdsprachigen Verlagen und Übersetzern, etc. Die Öffentlichkeit hat noch draußen zu bleiben.

Hierdurch bleibt der große Andrang an diesen Tagen aus – bei meinem Besuch im Jahr 2019 wirkte die Messe an einem öffentlichen Besuchertag beinahe schon überfüllt – und kann sich in Ruhe der Geschäftsanbahnung und dem Empfang von Geschäftskunden an den Ständen widmen.

 

Der Einlass

Nach Prüfung des Tickets, des Impfnachweises und Personalausweises ging es also endlich los, wir konnten die Fahrbänder betreten und uns in Richtung von Halle 3.1 aufmachen. Was hier direkt auffiel: Von Überfüllung konnte keine Rede sein. Abstandsregeln konnten problemlos eingehalten werden. Ob dies am Fachbesuchertag lag, oder an der generellen Ticketbegrenzung auf 25000 Besucher, kann ich mangels einer Vergleichsmöglichkeit nicht genau sagen – vermutlich war es eine Mischung aus beidem. Dem Sicherheitsgefühl war dies für mich aber eher zuträglich.

Foto vom Autor: Fahrband / Skywalk („Via Mobile“)

Halle 3

Zur Erklärung, Halle 3 ist normalerweise der „Hot Spot“ der Buchmesse. Im Untergeschoss 3.0 tummeln sich die großen Deutschen Belletristik-Verlage, die viele Menschen anziehen und normalerweise Menschenaufläufe garantieren. Im Obergeschoss 3.1 finden sich hingehen spezialisierte Verlage. Schon beim Studium der Hallenpläne fiel eine Veränderung auf: Auch die wissenschaftliche Literatur – 2019, wenn ich mich recht erinnere, noch ein ganzes Stockwerk einer der kleineren Hallen – fanden sich nun hier.

Entdeckungen im Obergeschoss

Wir kamen über den Skywalk zuerst in Halle 3.1 an. Wie schon beim Eindruck war es nicht zu voll – im Gegenteil. Ein surreales Gefühl schlich sich bei mir ein: Bin ich wirklich schon auf der Buchmesse?

Foto vom Autor: Social Distancing

An dieser Stelle kamen bei mir langsam leise Zweifel auf, ob sich die Buchmesse in diesem Jahr für alle Beteiligten wirklich lohnt – oder ob es sich eher um eine Generalprobe handelt – um für die Post-Covid-Zeit nicht völlig aus der Übung zu kommen. Für Menschen, die in Pre-Covid Jahren auf der Buchmesse waren, hatte dieser Anblick definitiv etwas Surreales.

Andererseits: Man konnte die vielen Stände genießen, ohne ständig von Menschentrauben umringt zu werden. Die Atmosphäre hatte beinahe etwas Ruhiges, Intimes. Nicht unbedingt etwas, was Geschäftsleute sich wünschen, die dieses Jahr angesichts Papierknappheit und Inflationsrisiken schon genug Sorgenfalten zulegen werden – als Besucher fand ich dies jedoch eher angenehm.

Highlights und Bemerkenswertes

Dennoch war auch diese Halle mit Highlights gesegnet, beispielsweise der wie jedes Jahr großartige Stand der „Stiftung Buchdruckkunst“, andererseits auch spannender Stände politischer Bildung, wie der Neuen Darmstädter Verlagsanstalt.

Foto vom Autor: Shortlist des Förderpreises für Junge Buchgestaltung

Noch einmal zurück zur „Stiftung Buchdruckkunst“: An diesem Stand wird, wie jedes Jahr erneut deutlich, dass Bücher auch eine visuelle und haptische Kunstform sind. Im vorherigen Bild ist die Shortlist eines Förderpreises für Junge Buchgestaltung zu sehen, auf der mir vor allem das Buch „Berlin Maps“ aufgefallen war.

Nach einem eher längeren Verbleib bei diesem Stand ging es also weiter. Ein Stand pries Bücher unter dem Schlagwort „Anti-Idiotikum“ an, hier verschwand für mich aber leider der literarische Inhalt etwas unter der sehr plakativen Aufmachung.

Foto vom Autor: Anti-Idiotikum
Das Erdgeschoss – Tummelplatz der großen Verlage, aber nicht unbedingt Tummelplatz vieler Besucher

Nach einer kurzen Frischluft-Pause ging es ins Erdgeschoss, der Halle 3.0. Hier wird geklotzt, und nicht gekleckert. Auch hier – 2019 war kaum ein Durchkommen – konnte man sich jedoch bequem bewegen und Abstandsregeln einhalten. Die Bücherstapel der großen Verlage waren auch in diesem Jahr vorhanden, und auch bei der Standdekoration wurde vielerorts nicht gespart. Andererseits gingen andere Verlage in diesem Jahr auch anders an die diesjährige Buchmesse – meiner Meinung nach etwas realistischer.

Der Moritz-Verlag beispielsweise ging erfrischend an das Messejahr und aktualisierte den Jubiläums-Messestand aus dem Jahr 2019 mit ein paar kreativen Eddingstrichen auf das Messejahr 2021. Sicher, eher aus der Not heraus geboren, für mich jedoch eine großartige Analogie dafür, dass in diesem Jahr eben nicht alles „Normal“ ist.

Foto vom Autor:  „Update“
Der in sich gekehrte Schweizer

Letztlich habe ich in dieser Halle auch mein Lieblingsfoto für dieses Jahr gemacht, und habe einen in sich gekehrten Leser fotografiert, der sich in Ruhe, mit viel Platz, am Stand des Schweizer Buchpreises informieren konnte. Er möge es mir verzeihen, aber die ruhige, in sich gekehrte Stimmung dieses Bildes passt für mich wunderbar zur Gesamtstimmung, die ich ansonsten in diesem Jahr auch auf der Messe wahrgenommen habe. Angenehm, aber fast etwas zu ruhig.

Foto vom Autor: Der in sich gekehrte Schweizer

Die Agora

Wie jedes Jahr bietet die Agora Platz, Luft zu schnappen – in diesem Jahr mal zwischendurch die Maske abzusetzen – und etwas innezuhalten. Neben Speis und Trank gab es auch in diesem Jahr wieder Kunstinstallationen. Über große Videoleinwände wurden zudem Vorträge und Dialoge abgespielt.

In Erinnerung ist mir eine Installation einer Bank geblieben, wobei mir eine genaue Deutung des Kunstwerkes eher schwerfällt. Soll mir das etwas über die Schweiz sagen, oder über Europa? Andererseits ist es witzig, dass die Schweiz ausgerechnet in einem Bankenkunstwerk Nennung findet.

Foto vom Autor: Schweizer Bank

Zusätzlich stand eine Tretmühle bereit, auf der man sich durch eigene Körperkraft einen kurzen Film abspielen konnte. Bei einem haptischen Kunstwerk darf in diesem Jahr natürlich der Desinfektionsmittelspender nicht fehlen…. Ob den auch alle benutzt haben?

Auf jeden Fall ging es jetzt frisch gestärkt in die anderen Hallen.

Foto vom Autor: Kino zum Selbermachen

Die Hallen 4, 6 und Forum

Die Hallen 4 und 6 dienten in diesem Jahr vornehmlich den Internationalen Verlagen. Bis auf die englischsprachigen Stände finden sich hier viele Bücher, die mir nicht direkt zugänglich sind.

Genau in dieser gewissen Exotik liegt für mich jedoch auch der eigentliche Reiz diese Hallen zu besuchen, auch wenn ich kein Verlagsagent bin, der interessante Titel für Übersetzungen und hiesige Veröffentlichung sucht: Die Stände, Buchtitel und Cover sind in jedem Jahr aufs Neue eine visuelle Erfahrung. Im Gegensatz zur UNO und WHO ist auch Taiwan mit großen Ständen vertreten, ohne, dass es zu Konflikten oder Tumulten käme, Kanada, Japan, die vereinigten Staaten, etc. luden ein, die dortige Literatur zu erkunden.

<3860> Taiwan

 

Sehnsüchtiges Warten auf Besucher und neue visuelle Erfahrungen

Ein wenig schlich sich bei mir aber ein schlechtes Gewissen ein, da die Hallen eher leer waren und viele Standbetreiber offenbar sehnsüchtig auf Literaturagenten anderer Verlage warteten. Eine Hoffnung, die ich leider als Blogger enttäuschen musste.

Zuletzt besuchten wir noch das Forum: Auch hier fanden sich noch einige spannende Attraktionen zum Gastland Kanada. Mir fiel besonders eine Audiovisuelle-Installation zu Leonard Cohen ins Auge, bei der man sich mit Handbewegungen durch Kurzfilme und Geschichten zu Cohen informieren konnte. Etwas anstrengend zu benutzen, aber spannend. Zuletzt schmerzten jedoch eher die Beine, es stellte sich eine gewisse Reizüberflutung ein, angesichts der längeren Rückfahrt ging es mit dem Shuttlebus schließlich in Richtung des Parkhauses.

Foto vom Autor: Taiwan

Fazit

Die „Re:Connect“ war in diesem Jahr für mich eine Buchmesse der etwas anderen Art. Einerseits bin ich froh, dass es diese Institution weiterhin gibt. Auch in diesem Jahr gab es wieder großartige visuelle Eindrücke und Begegnungen, der Besuch hat sich generell absolut gelohnt.

Andererseits schlich sich bei mir in vielen Bereichen Nachdenklichkeit und etwas Mitleid ein, angesichts der vielen leeren Gänge und Stände. Viele Fragen kommen hier auf: Lohnt sich die Messe in diesem Format für alle Beteiligten noch? Wie geht es weiter? Ist eine Präsenzmesse nicht etwas verfrüht?

Re:Start oder Re:Connect?

Statt einem „Re:Connect“, wo meistens nach kurzer Wartezeit alle Verbindungen wieder zur Verfügung stehen und Netflix wieder ruckelfrei sein Programm abliefert, kam mir die Messe eher wie ein „Re:Start“ vor, also ein langsamer Neustart, bei dem beinahe von Null begonnen werden muss, gewissermaßen ein langsamer Wiederaufbau.

In vielen Bereichen scheinen Messen bereits ein Auslaufprodukt zu sein – siehe IAA. Die Konsumwelt ist deutlich kurzlebiger geworden, Produktvorstellungen aller Art gibt es inzwischen das ganze Jahr über im Internet. Dennoch ist gerade die Frankfurter Buchmesse für mich eine Institution der deutschen Kulturlandschaft. Ohne diese Messe würde etwas fehlen.

Ich hoffe deshalb auf ein Wiedersehen im Jahr 2022, hoffentlich ohne Pandemie, gerne wieder mit mehr Programm, mehr Begegnungen und mehr Ständen, aber durchaus mit den gewonnenen Platz und ohne Massenandrang. An den Schluss dieses Berichts setze ich deshalb Lichtsäulen mit dem überaus passenden Buchtitel: „Wo Geschichten neu beginnen“.

Foto vom Autor: „Wo Geschichten neu beginnen“.