Sexualethik in der Lebenswelt verantworten, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016,

Zu: Peter Dabrock, Renate Augstein, Cornelia Helfferich, Stefanie Schardien, Uwe Sielert: Unverschämt – schön, Sexualethik: evangelisch und lebensnah. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, ISBN: 978-3-579-08222-6, Preis: 14,99 Euro

Unverschaemt - schoen von Peter Dabrock
Unverschaemt – schoen von Peter Dabrock

Sexualethik ist in der kirchlichen Debatte, auch in der ökumenischen und im interreligiösen Dialog ein gemiedenes Thema, da es wenig Konsens verspricht. Was die Vorkommnisse sexuellen Missbrauchs betrifft, hat schließlich jeder vor seiner eignen Haustür zu kehren. Wo allerdings Positionen der Sexualethik überdeutlich zu Bekenntnispositionen stilisiert werden, antwortet diese Schrift, die trotz allem das kirchenleitende Konsensprinzip verlässt: „Dazu ist es notwendig, die Beurteilung und den Umgang mit Sexualität nicht zu einer Frage des Heils zu überhöhen.“ (S. 171) Der Fettdruck entspricht dem Druckbild des Buches, in dem immer mal einige Kernsätze fett markiert werden. Das dementsprechend die Erinnerung an die Liebe Gottes folgt, und die Sexualität als dessen Geschenk bezeichnet wird, ist da schlicht konsequent. „Sexualethik in der Lebenswelt verantworten, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016,“ weiterlesen

Predigt mit Zitaten von Dorothee Sölle über die Gesellschaft der Räuber und Passanten – Christoph Fleischer

Lukas 10,25-37
25 Da trat ein Gesetzeslehrer auf, um ihn zu versuchen, und fragte: »Meister, was muß ich tun, um ewiges Leben zu ererben?« 26 Jesus erwiderte ihm: »Was steht im Gesetz geschrieben? Wie lauten da die Worte?« 27 Er gab zur Antwort: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit aller deiner Kraft und mit deinem ganzen Denken« (5.Mose 6,5) und »deinen Nächsten wie dich selbst« (3.Mose 19,18). 28 Jesus sagte zu ihm: »Du hast richtig geantwortet; tu das, so wirst du leben!« 29 Jener wollte sich aber rechtfertigen und sagte zu Jesus: »Ja, wer ist denn mein Nächster?« 30 Da erwiderte Jesus: »Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel Räubern in die Hände; die plünderten ihn aus, schlugen ihn blutig, ließen ihn halbtot liegen und gingen davon. 31 Zufällig kam ein Priester jene Straße hinabgezogen und sah ihn liegen, ging aber vorüber. 32 Ebenso kam auch ein Levit an die Stelle und sah ihn, ging aber vorüber. 33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam in seine Nähe, und als er ihn sah, fühlte er Mitleid mit ihm; 34 er trat an ihn heran und verband ihm die Wunden, wobei er Öl und Wein darauf goß; dann setzte er ihn auf sein Maultier, brachte ihn in eine Herberge und verpflegte ihn. 35 Am folgenden Morgen holte er zwei Denare (= Silberstücke) heraus (aus seinem Beutel), gab sie dem Wirt und sagte: ›Verpflege ihn, und was es dich etwa mehr kostet, will ich dir bei meiner Rückkehr ersetzen.‹ 36 Wer von diesen dreien hat sich nun nach deiner Ansicht dem unter die Räuber Gefallenen als Nächster erwiesen?« 37 Jener antwortete: »Der, welcher die Barmherzigkeit an ihm geübt hat.« Da sagte Jesus zu ihm: »So gehe hin und handle du ebenso!«

Liebe Gemeinde,

zunächst möchte ich das Gleichnis noch ein wenig nacherzählen…

Skizzieren möchte ich den Inhalt des Gleichnisses, indem ich nach möglichen Überschriften frage:

  • riskante Geschäftsreise,
  • unterlassene Hilfeleistung
  • Erste Hilfe
  • vom fremden Nächsten
  • was kostet die Pflege?

In einem Aufsatz über diesen Bibeltext hat die Theologien Dorothee Sölle Gedanken dieses Textes in die heutige Zeit übertragen. Sie erzählt Beispiele von Begegnungen und Erfahrungen, die ich kurz skizzieren möchte.

(Einige Zitate aus dem Aufsatz: Dorothee Sölle; Die Gesellschaft der Räuber und Passanten, in: Vom Nächsten, Walter Jens (Hrsg.), DtV Verlag München 1984, zuerst Stuttgart 1973, danach auch erschienen im Buch von Dorothee Sölle, Sympathie, Stuttgart 1978).

Dorothee Sölle beginnt mit der Beschreibung eines Arbeiters in einer französischen Metallfabrik. Aufgrund eines Arbeitsunfalls sind ihm verboten, schwere Lasten zu tragen. Die Kollegen glauben ihm erst, wenn er sein T-Shirt hochzieht und ihnen die Narben an seinem Rücken zeigt. Er kann nicht gekündigt werden, aber wird von einer Abteilung in eine andere versetzt. Und immer wieder das gleiche Spießrutenlaufen. Eine politische Meinung konnte er sich schon gar nicht leisten, so schreibt Dorothee Sölle: „Er war den Umständen völlig ausgeliefert. Er war das Opfer, ausgezogen, bedroht und gejagt. Auch das ist eine Geschichte von einem, der den Räubern in die Hände fiel. Jesu Erzählung spricht über das Verhalten von vier verschiedenen Gruppen von Menschen. Da gibt es Räuber und Opfer, da gibt es Vorübergehende und Helfer.“

Dorothee Sölle vergleicht die Geschichte des Arbeiters  Viktor, die dieser auf einer Tagung erzählte mit den Worten Jesu und fragte sich, ob das Ziel wohl das gleiche ist: Jesus will herausfinden, auf welche Seite wir gehören. „Predigt mit Zitaten von Dorothee Sölle über die Gesellschaft der Räuber und Passanten – Christoph Fleischer“ weiterlesen

Bücher zum Hören und Lesen, Sammelrezension zu Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer, Wilhelm Gräb und Bernhard Lang, Christoph Fleischer, Welver 2015

Im folgenden werden drei Lese-/Hörbücher des Gütersloher Verlagshauses vorgestellt:

  1. Renate Wind und Michael Koch: Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer – die Geschichte einer Sehnsucht in Texten und Tönen, Michael Kuch, Klavier, und einführende Texte zu Werken von Bach, Mendelssohn, Schumann und Brahms, mit Audio CD, Gütersloher Verlagshaus Gütersloh 2015, ISBN 978-3-579-08191-5, Preis: 16,99 €

Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer von Renate WindDieses Medienpaket geht über die kognitive Aneignung von Leben und Theologie von Dietrich Bonhoeffer (1906 bis 1945) weit hinaus. Das Foto Bonhoeffers im Gefängnishof von Tegel animiert die Autorin Renate Wind zu der Vermutung, beziehungsweise Ahnung, die Verlobung Bonhoeffers mit Maria von Wedemeyer (1924 – 1977) kurz vor Bonhoeffers Verhaftung im Jahr 1943 habe seiner Theologie einen ganz entscheidenden Impuls gegeben. In der Tat sind die Gefängnisgedichte zum Teil an Maria von Wedemeyer gerichtet oder durch Anfragen und Bemerkungen schriftlich oder mündlich von ihr motiviert. Da in der schriftlichen Verlobung durch den Brief Marias an Dietrich im Januar 1943 auf Anordnung der Mutter eine Beziehungspause vereinbart war (Wartezeit von einem Jahr), hat sich das Brautpaar erst im Besuchsraum der Haftanstalt Tegel wiedergetroffen. Die Schilderung dieser Begegnung ist das Bewegendste was es zwischen Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer gibt. Die Beziehung selbst wird von beiden als Sehnsucht bezeichnet. „Bücher zum Hören und Lesen, Sammelrezension zu Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer, Wilhelm Gräb und Bernhard Lang, Christoph Fleischer, Welver 2015“ weiterlesen

Glaube, in der Neuzeit angekommen, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2014

Zu: Tobias Schulte: Ohne Gott mit Gott, Glaubenshermeneutik mit Dietrich Bonhoeffer, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2014, ISBN 9783791725697, 413 Seiten, Preis 44,00 Euro

rf Schulte, Ohne Gott mit GottDiese Arbeit von Tobias Schulte wurde im Jahr 2013 als Dissertation der Universität Freiburg im Fach katholische Theologie angenommen. Sie versteht sich als theologische Analyse mit philosophischem Hintergrund und erscheint in einer Reihe des Pustet Verlages, Regensburg, die bezeichnenderweise „ratio fidei“ (Vernunftverständnis des Glaubens) heißt Beiträge zur philosophischen Rechenschaft der Theologie). In dieser Hinsicht sehe ich in dieser Arbeit eine gute Fragestellung für die Erforschung des Werkes von Dietrich Bonhoeffers wie überhaupt der Evangelischen Theologie des 20. Jahrhunderts, inwiefern diese die Philosophie der Neuzeit rezipiert und wie sie sich in den Dialog mit der Philosophie einordnen lässt. Dass hierbei kein Weg an Immanuel Kant vorbeiführt, zeigt der jetzige Priesteramtskandidat Tobias Schulte an einigen Stellen des Buches und setzt damit nicht nur die „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ (I. Kant) auf die Tagesordnung, sondern das transzendentale Denken überhaupt, das in der Religion die Antwort auf den Umgang mit den Grenzen der menschlichen Existenz und des menschlichen Denkens sieht, ja Gott überhaupt als den Namen dieser Grenze bezeichnet. „Glaube, in der Neuzeit angekommen, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2014“ weiterlesen

Das Denkmal wackelt nicht, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2014

Zu: Sebastian Moll: Albert Schweitzer, Meister der Selbstinszenierung, Berlin University Press 2014, ISBN 9783862800728, Preis 29,90 Euro

Cover_Moll_Albert Schweitzer

Manchmal legt der Autor Sebastian Moll den Finger in eine Wunde, die nicht blutet. Mit Albert Schweitzer hat er sich eine lange in Vergessenheit geratene Ikone der Öko- und Friedensbewegung ausgesucht. Das Buch ist in weiten Teilen aber so gründlich recherchiert, dass man es auch als Einstieg in die Beschäftigung mit Albert Schweitzer empfehlen kann. Die Beschäftigung mit einem kritischen Geist, wie es Schweitzer war, setzt offenbar einen ebenso kritischen Geist voraus. Man spürt förmlich, wie sich der Autor diesem „Meister der Selbstinszenierung“ im Laufe der hier präsentierten Recherche näher gekommen ist. „Das Denkmal wackelt nicht, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2014“ weiterlesen