Die Quellen der Kraft, Andacht zehn, Psalm 145, Erinnerung, Christoph Fleischer, Welver 2015

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Foto einer Krippe in Soest

Psalm 145 (Einheitsübersetzung)

1 Ein Loblied Davids.

Ich will dich rühmen, mein Gott und König, /

und deinen Namen preisen immer und ewig;

2ich will dich preisen Tag für Tag /

und deinen Namen loben immer und ewig.

3Groß ist der Herr und hoch zu loben, /

seine Größe ist unerforschlich.

4Ein Geschlecht verkünde dem andern den Ruhm deiner Werke /

und erzähle von deinen gewaltigen Taten.

5Sie sollen vom herrlichen Glanz deiner Hoheit reden; /

ich will deine Wunder besingen.

6Sie sollen sprechen von der Gewalt deiner erschreckenden Taten; /

ich will von deinen großen Taten berichten.

7Sie sollen die Erinnerung an deine große Güte wecken /

und über deine Gerechtigkeit jubeln.

8Der Herr ist gnädig und barmherzig, /

langmütig und reich an Gnade.

9Der Herr ist gütig zu allen, /

sein Erbarmen waltet über all seinen Werken.

10Danken sollen dir, Herr, all deine Werke /

und deine Frommen dich preisen.

11Sie sollen von der Herrlichkeit deines Königtums reden, /

sollen sprechen von deiner Macht,

12den Menschen deine machtvollen Taten verkünden /

und den herrlichen Glanz deines Königtums.

13Dein Königtum ist ein Königtum für ewige Zeiten, /

deine Herrschaft währt von Geschlecht zu Geschlecht.

[Der Herr ist treu in all seinen Worten, / voll Huld in all seinen Taten] (Nur LXX)

14Der Herr stützt alle, die fallen, /

und richtet alle Gebeugten auf.

15Aller Augen warten auf dich /

und du gibst ihnen Speise zur rechten Zeit.

16Du öffnest deine Hand /

und sättigst alles, was lebt, nach deinem Gefallen.

17Gerecht ist der Herr in allem, was er tut, /

voll Huld in all seinen Werken.

18Der Herr ist allen, die ihn anrufen, nahe, /

allen, die zu ihm aufrichtig rufen.

19Die Wünsche derer, die ihn fürchten, erfüllt er, /

er hört ihr Schreien und rettet sie.

20Alle, die ihn lieben, behütet der Herr, /

doch alle Frevler vernichtet er.

21Mein Mund verkünde das Lob des Herrn. /

Alles, was lebt, preise seinen heiligen Namen immer und ewig!

 

Dieser Psalm hat eine besondere Form, er ist ein Akrostichon. Ein Akrostichon ist ein Gedicht, dessen Verse jeweils mit einem solchen Buchstaben anfangen, so dass die Abfolge dieser Buchstabe oder Worte in der Reihenfolge der Verse einen Sinn ergeben.

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Iserlohn im Jüdischen Museum Westfalen vertreten – Stadtarchiv unterstützt Ausstellungsprojekt „Heimatkunde“ – Pressemeldung aus Iserlohn

Iserlohn im Jüdischen Museum Westfalen vertreten – Stadtarchiv unterstützt Ausstellungsprojekt „Heimatkunde“
 
Ende des vergangenen Jahres eröffnete das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten die Sonderausstellung „Heimatkunde. Westfälische Juden und ihre Nachbarn“. Besucherinnen und Besucher können dabei auch ein kleines Stück Iserlohner Geschichte entdecken. Das Stadtarchiv Iserlohn stellte für das Projekt historische Stadtansichten und Lithografien des Fotografen Leopold Cohen (1838-1911) zur Verfügung.Das Ausstellungsprojekt widmet sich ausgewählten Erfahrungen des Zusammenlebens von Juden und Nichtjuden in Westfalen. Das Jüdische Museum knüpft an verbreitete Vermutungen an, dass Juden ein besonderes Verhältnis zu ihrer Heimat haben, und zeigt an geschichtlichen Spuren aus dem 19. und 20. Jahrhundert, wie es zu dieser Wahrnehmung kam. Es wird sichtbar gemacht wie verschiedene Wege der Integration verliefen. Ausgehend von historischen Prozessen spannt die Ausstellung einen Bogen bis zur Gegenwart, da elf jüdische Menschen, die in Westfalen geboren wurden oder heute hier leben, in Interviews zum Thema Heimat sprechen. Eindrucksvolle Porträts ergänzen eine Videoinstallation.

Jüdisches Engagement in Städten und Gemeinden, die jüdische Beteiligung an der Herausbildung regionaler Identitäten und Kulturzeugnisse werden an Beispielen vorgestellt. Mit Leopold Cohen stammt eines dieser Beispiele aus Iserlohn. Das Stadtarchiv Iserlohn hatte Cohen, einem frühen Iserlohner Fotografen, im Jahr 2012 erstmals eine Ausstellung gewidmet. Gezeigt wurden damals vor allem die von Cohen überlieferten Stadtansichten und Postkarten. Einige dieser Bilder sind nun in der Ausstellung in Dorsten wieder zu sehen. Sie werden auch im Begleitband gezeigt, der zudem eine Kurzbiografie des Fotografen von Stadtarchivar Rico Quaschny enthält. „Leopold Cohen passt perfekt in das Thema der Sonderausstellung: er war Westfalen und Iserlohn eng verbunden, wie zahlreiche Aufnahmen belegen, und er war in die bürgerliche Stadtgesellschaft integriert“, erläutert Quaschny. Cohen war Vorsitzender des Kriegervereins 64/66 (Kriegsveteranen von 1864/66) und zugleich im Vorstand der Synagogengemeinde Iserlohn aktiv. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Iserlohner Familie Cohen fast vollständig ausgelöscht.

Das Stadtarchiv Iserlohn sucht auch weiterhin nach fotografischen Zeugnissen und historischen Postkarten von Leopold Cohen und ist für Hinweise sehr dankbar.

Die von Iris Nölle-Hornkamp herausgegebene Begleitpublikation zum Projekt „Heimatkunde“ umfasst auf 287 Seiten über 40 einzelne Beiträge. Sie erschien im Klartext-Verlag (Essen) und ist im Buchhandel erhältlich. Die Ausstellung in Dorsten ist noch bis zum 16. Mai 2015 geöffnet. Über Einzelheiten informiert die Internetseite www.heimatkunde-jmw.de.

Predigt mit Zitaten von Dorothee Sölle über die Gesellschaft der Räuber und Passanten – Christoph Fleischer

Lukas 10,25-37
25 Da trat ein Gesetzeslehrer auf, um ihn zu versuchen, und fragte: »Meister, was muß ich tun, um ewiges Leben zu ererben?« 26 Jesus erwiderte ihm: »Was steht im Gesetz geschrieben? Wie lauten da die Worte?« 27 Er gab zur Antwort: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit aller deiner Kraft und mit deinem ganzen Denken« (5.Mose 6,5) und »deinen Nächsten wie dich selbst« (3.Mose 19,18). 28 Jesus sagte zu ihm: »Du hast richtig geantwortet; tu das, so wirst du leben!« 29 Jener wollte sich aber rechtfertigen und sagte zu Jesus: »Ja, wer ist denn mein Nächster?« 30 Da erwiderte Jesus: »Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel Räubern in die Hände; die plünderten ihn aus, schlugen ihn blutig, ließen ihn halbtot liegen und gingen davon. 31 Zufällig kam ein Priester jene Straße hinabgezogen und sah ihn liegen, ging aber vorüber. 32 Ebenso kam auch ein Levit an die Stelle und sah ihn, ging aber vorüber. 33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam in seine Nähe, und als er ihn sah, fühlte er Mitleid mit ihm; 34 er trat an ihn heran und verband ihm die Wunden, wobei er Öl und Wein darauf goß; dann setzte er ihn auf sein Maultier, brachte ihn in eine Herberge und verpflegte ihn. 35 Am folgenden Morgen holte er zwei Denare (= Silberstücke) heraus (aus seinem Beutel), gab sie dem Wirt und sagte: ›Verpflege ihn, und was es dich etwa mehr kostet, will ich dir bei meiner Rückkehr ersetzen.‹ 36 Wer von diesen dreien hat sich nun nach deiner Ansicht dem unter die Räuber Gefallenen als Nächster erwiesen?« 37 Jener antwortete: »Der, welcher die Barmherzigkeit an ihm geübt hat.« Da sagte Jesus zu ihm: »So gehe hin und handle du ebenso!«

Liebe Gemeinde,

zunächst möchte ich das Gleichnis noch ein wenig nacherzählen…

Skizzieren möchte ich den Inhalt des Gleichnisses, indem ich nach möglichen Überschriften frage:

  • riskante Geschäftsreise,
  • unterlassene Hilfeleistung
  • Erste Hilfe
  • vom fremden Nächsten
  • was kostet die Pflege?

In einem Aufsatz über diesen Bibeltext hat die Theologien Dorothee Sölle Gedanken dieses Textes in die heutige Zeit übertragen. Sie erzählt Beispiele von Begegnungen und Erfahrungen, die ich kurz skizzieren möchte.

(Einige Zitate aus dem Aufsatz: Dorothee Sölle; Die Gesellschaft der Räuber und Passanten, in: Vom Nächsten, Walter Jens (Hrsg.), DtV Verlag München 1984, zuerst Stuttgart 1973, danach auch erschienen im Buch von Dorothee Sölle, Sympathie, Stuttgart 1978).

Dorothee Sölle beginnt mit der Beschreibung eines Arbeiters in einer französischen Metallfabrik. Aufgrund eines Arbeitsunfalls sind ihm verboten, schwere Lasten zu tragen. Die Kollegen glauben ihm erst, wenn er sein T-Shirt hochzieht und ihnen die Narben an seinem Rücken zeigt. Er kann nicht gekündigt werden, aber wird von einer Abteilung in eine andere versetzt. Und immer wieder das gleiche Spießrutenlaufen. Eine politische Meinung konnte er sich schon gar nicht leisten, so schreibt Dorothee Sölle: „Er war den Umständen völlig ausgeliefert. Er war das Opfer, ausgezogen, bedroht und gejagt. Auch das ist eine Geschichte von einem, der den Räubern in die Hände fiel. Jesu Erzählung spricht über das Verhalten von vier verschiedenen Gruppen von Menschen. Da gibt es Räuber und Opfer, da gibt es Vorübergehende und Helfer.“

Dorothee Sölle vergleicht die Geschichte des Arbeiters  Viktor, die dieser auf einer Tagung erzählte mit den Worten Jesu und fragte sich, ob das Ziel wohl das gleiche ist: Jesus will herausfinden, auf welche Seite wir gehören. „Predigt mit Zitaten von Dorothee Sölle über die Gesellschaft der Räuber und Passanten – Christoph Fleischer“ weiterlesen

Bedenken gegen Heidegger, Rezension von Markus Chmielorz, Dortmund und Christoph Fleischer, Welver 2015

Zu: Peter Trawny und Andrew J. Mitchell (Hg.): Heidegger, die Juden, noch einmal, Heidegger Forum 11, Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt/M. 2015, ISBN 978-3-465-04245-7, 256 Seiten, Preis 24,80 Euro

Vorbemerkung

Diese gemeinsame Rezension folgt dem Inhaltsverzeichnis dieses Buches. Die in Französisch abgedruckten Texte von Françoise und Danielle Cohen Lévinas bleiben unbearbeitet.

Heidegger, die Juden 9783465042457Der Band referiert bis auf eine Ausnahme die Vorträge der ersten internationalen Tagung des Martin-Heidegger-Instituts Wuppertal vom 30.10. bis 1.11. 2014. Das Thema der Tagung „Heidegger und die Juden“ erinnerte an den gleichnamigen Text von Jean-François Lyotard „Heidegger et, les juifs“ (1988). Diese gemeinsame Rezension folgt eher einem weltanschaulichen wie politischen Interesse, als dem Wunsch, einer Expertenmeinung eine weitere hinzuzufügen. Wir sind weniger an Heidegger als Person oder an seiner Philosophie interessiert, sondern an dem philosophischen, merkwürdig schamhaften und schweigsamen Umgang mit der Geschichte, die man mit den Stichworten Shoa, Auschwitz oder Holocaust verbindet. Zur weiteren Lektüre sei dazu das Sonderheft des Philosophiemagazins empfohlen (Philosophiemagazin, Sonderausgabe 03, Die Philosophen und der Nationalsozialismus, Hamburg 2015). Obwohl es in der Zeit zwischen 1945 und heute Gelegenheit gab, sich dazu zu äußern, z. B. nach dem ersten und weiteren Frankfurter Auschwitzprozessen ab 1963, gab erst ein Fernsehprojekt namens Holocaust Ende der siebziger Jahre den Anstoß dazu. Auch die sog. Wehrmachtsaustellung kam erst später. Der Philosoph Heidegger war in die Zeit des Nationalsozialismus persönlich involviert und steht somit beispielhaft für eine die Gesellschaft durchdringende Weltanschauung, die man sich heute kaum vorstellen kann. Allenfalls die Tatsache, dass nunmehr Heime von Asylsuchenden brennen anstelle Synagogen, kann man als ein Indiz einer solchen „metaphysischen“ Einstellung verstehen. Die Rezension referiert die Artikel überwiegend aus dem beschriebenen Lektüreinteresse heraus. Ein Fazit erübrigt sich daher. (C.F.)

„Das ‚Da-‚ des Daseins zeige nur an, dass ich den Platz eines anderen einnehme“, zitiert Klaus Englert in seinem Essay „Philosophie eines Überlebenden“ Emmanuel Lévinas‘ Antwort auf Martin Heidegger: über sechs Millionen ermordete Juden, 18 Millionen tote Zivilist_innen in der Sowjetunion, 500.000 ermordete Sinti und Roma, 15.000 in Konzentrationslagern inhaftierte Homosexuelle, deren Todesrate bei 60% lag. Völkermord und Vernichtung, ein „totaler Krieg“.

Philosophie, die Liebe zur Weisheit, sapere heißt schmecken, sapientia der Geschmack – es ist dies der bittere Geschmack des Totalitären: Das „1.000-jährige Reich“ als eine Metapher für das Ende der Geschichte, für eine perverse Eschatologie, für eine todbringende Apokalypse.

Heideggers „Schwarze Hefte“ also. Eine aktuelle Debatte, nicht zufällig 70 Jahre nach dem Ende der Schreckensherrschaft, die Grund genug ist für eine Selbstreflexion. Ein Anlass zu erhellen, worauf die Diskussion zielt und worauf sie gründet. Wie geht „postmetaphysisches Denken“, das sich so gerne auf Heidegger beruft? (M.C.)

„Bedenken gegen Heidegger, Rezension von Markus Chmielorz, Dortmund und Christoph Fleischer, Welver 2015“ weiterlesen

„Luther gegen Luther“, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015

Zu: Folker Siegert: LUTHER und das Recht, mit einem Beitrag von Frieder Lötzsch, Studienreihe Luther 3, Hrsg. von Dieter Beese, Günter Brakelmann, Arno Lohmann, Luther Verlag Bielefeld 2014, ISBN: 978-3-7858-0651-7, 202 Seiten, Preis: 12,95 Euro

SiegertEin Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, dass dieses Buch eine Sammlung unterschiedlicher Beiträge ist. Liest man es vom Ende her, so findet man zuletzt auf zwei Seiten eine „Erklärung der Evangelischen Lutherischen Kirche in Amerika gegenüber der jüdischen Gemeinschaft“, die in dem Satz gipfelt: „Im Einverständnis mit dem Lutherischen Weltbund missbilligen wir insbesondere die Aneignung der Worte Luthers seitens moderner Antisemiten zur Verbreitung des Hasses gegenüber dem Judentum bzw. jüdischer Menschen von heute.“ (S. 200)

Von hier aus gesehen wird deutlich, dass das Anliegen beider Autoren auch als (ehemalige) Mitarbeiter des Institutum Judaicum an der Uni in Münster darin besteht, einen angemessenen Umgang mit den Schmähschriften Luthers gegen die Juden (seiner Zeit?) zu finden. Der bekannte Weg mit „Luther gegen Luther“ wird hier empfohlen. Allerdings nicht dadurch, dass die judenfreundlichen Frühschriften Luthers in die Waagschale gegen die späten Schmähschriften geworfen werden, sondern dem Titel „Luther und das Recht“ entsprechend, indem Beispiele aus der Rechtsgeschichte Luthers und des Luthertums allgemein als Gegengewicht gegen zeitbedingte Aussagen gesehen werden. Folglich behandelt der Artikel von Folker Siegert, dem man den Vortragsstil noch deutlich anmerkt, Fragen des Rechts ausgehend vom römischen Recht, über das Naturrecht im lutherischen Sinn, bis hin zum Verständnis der Tora (S. 7 – 71). Nicht zufällig in der Mitte des Bandes findet sich die Quellensammlung mit dem ursprünglichen Titel „Luther und das Recht“ von Wolfgang Beyer aus dem Jahr 1935, sprachlich überarbeitet und mit Anmerkungen versehen (S. 75 – 158). Während der Artikel von Folker Siegert erst am Ende zum Thema der Behandlung antijudaistischer Texte überleitet, ist der abschließende Text von Frieder Lötzsch diesem Thema gänzlich gewidmet: „Luthers späte Judenschriften: ein Politikum mit Fehlern“ (S. 159 – 198). „„Luther gegen Luther“, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2015“ weiterlesen