Predigt: Gottes Wort kauen Ezechiel 2 – 3, Joachim Leberecht, Herzogenrath 2020f

Predigt am Sonntag Sexagesimae 2020, Markuskirche, Evangelische Lydia-Gemeinde Herzogenrath

Liebe Gemeinde,

im jüdischen Lehrhaus gibt es die Tradition, Kindern zwischen drei und sechs Jahren das Lesen der Heiligen Schrift beizubringen. Von Anfang an sollen die Kinder die Tora lesend lieben lernen. Die Lehrhaustradition verehrt die Tora, die fünf Bücher Mose, als Gottes heiliges Wort an Israel. Gleichzeitig wird im Lehrhaus auch das kritische Befragen eines Textes eingeübt. Von allen Seiten wird ein Text fragend betrachtet. Es ist keine Infragestellung der Tora, eher ein Befragen und ein Fragen-Einüben. Oft gibt es keine eindeutige Antwort auf die Fragen. Genau das ist der Spielraum, wie der heilige Text am Leben bleibt und sich mit dem Leben der Fragenden verbindet.

In der ersten Lesestunde malt der Lehrer die ersten und die letzten vier Buchstaben des Alefbets an die Tafel. Nach dem Aufschreiben liest er die Buchstaben laut vor. Dann bestreicht er die Buchstaben mit etwas Honig und bittet die Kinder, die Buchstaben aufzulecken. Ein sinnlicher Akt, der sich den Kindern einprägt. Hier wird die Gabe der Tora rituell aktualisiert. Die Buchstaben der Tora werden sinnlich erfahren. Die Tora schmeckt süß wie Honig.

Die Tradition geht zurück auf die Berufungsgeschichte des Propheten Ezechiel.

Teile der Berufungsgeschichte bilden den heutigen Predigttext. Lassen wir den Text zu uns sprechen:

Ezechiel 2 – 3,3 (ich habe den ganzen Abschnitt gewählt)

2.1 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, stelle dich auf deine Füße, so will ich mit dir reden. 2 Und als er so mit mir redete, kam der Geist in mich und stellte mich auf meine Füße, und ich hörte dem zu, der mit mir redete.

3 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, ich sende dich zu den abtrünnigen Israeliten und zu den Völkern, die von mir abtrünnig geworden sind. Sie und ihre Väter haben sich bis auf diesen heutigen Tag gegen mich aufgelehnt. 4 Und die Kinder, zu denen ich dich sende, haben harte Köpfe und verstockte Herzen. Zu denen sollst du sagen: »So spricht Gott der Herr!« 5 Sie gehorchen oder lassen es – denn sie sind ein Haus des Widerspruchs –, dennoch sollen sie wissen, dass ein Prophet unter ihnen gewesen ist.

6 Und du, Menschenkind, sollst dich vor ihnen nicht fürchten noch vor ihren Worten fürchten. Es sind wohl widerspenstige und stachlige Dornen um dich, und du wohnst unter Skorpionen; aber du sollst dich nicht fürchten vor ihren Worten und dich vor ihrem Angesicht nicht entsetzen – denn sie sind ein Haus des Widerspruchs –, 7 sondern du sollst ihnen meine Worte sagen, sie gehorchen oder lassen es; denn sie sind ein Haus des Widerspruchs.

8 Aber du, Menschenkind, höre, was ich dir sage, und widersprich nicht wie das Haus des Widerspruchs. Tu deinen Mund auf und iss, was ich dir geben werde.

9 Und ich sah, und siehe, da war eine Hand gegen mich ausgestreckt, die hielt eine Schriftrolle. 10 Die breitete sie aus vor mir, und sie war außen und innen beschrieben, und darin stand geschrieben Klage, Ach und Weh.

3.1 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, iss, was du vor dir hast! Iss diese Schriftrolle und geh hin und rede zum Hause Israel!

2 Da tat ich meinen Mund auf und er gab mir die Rolle zu essen 3 und sprach zu mir: Du Menschenkind, gib deinem Bauch zu essen und fülle dein Inneres mit dieser Schriftrolle, die ich dir gebe. Da aß ich sie, und sie war in meinem Munde so süß wie Honig.

 

Liebe Gemeinde,

was für eine Berufungsgeschichte! Sie macht den Wandel deutlich und die Verunsicherung, was Gottes Wort überhaupt noch bewirken kann. War es für den Propheten Jeremia noch selbstverständlich, von der Selbstwirksamkeit und der Machtfülle des Wortes Gottes auszugehen: „Ist mein Wort nicht wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?“(Jeremia 23,29), heißt es relativierend nüchtern in unserer Berufungsgeschichte: „und du sollst ihnen meine Worte sagen, sie gehorchen oder lassen es.“(Ezechiel 2,7)

Genauso wie die Menschen sich verhärtet haben, sich verschlossen haben gegenüber Gottes Geboten und seiner Weisung, von Gott nichts mehr halten, verstockte Herzen haben, soll Ezechiel sich hart machen gegenüber den Worten seiner Widersacher. Ezechiel, um es modern zu sagen, soll resilient werden gegenüber den Worten und Einflüsterungen derer, die ihn menschlich gesehen das Fürchten lehren. Ezechiel soll das Gift ihrer Worte und Gedanken, soll ihren Geist der Brandstiftung, der Revolte und der Kriegsführung nicht in sich einlassen. Das ist schwer, denn die Rädelsführer haben die Mehrheit und üben Gewalt aus. Sie sind ein „Haus des Widerspruchs“ gegen den Willen Gottes, gegen den Bund Gottes mit seinem Volk und seiner Schöpfung. Sie vertrauen auf menschliche Macht, statt Gott zu vertrauen. Sie achten und ehren Gott nicht mehr in ihrem Verhalten, sie jagen Götzen und dem Verführungsgeflüster selbsternannter Götter nach. Sie brechen das Recht und setzen auf Gewalt.

Das erinnert mich doch sehr an Ausschnitte aus der Eröffnungsrede von Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier auf der Münchener Sicherheitskonferenz, die diese Woche stattfindet. Statt den Frieden zu sichern, Völkerrecht und Menschenrechte zu achten, einen gemeinsamen Weg in der Völkerverständigung zu suchen, gilt wieder vermehrt das Recht des Stärkeren, wird aufgerüstet und sich in Stellung gebracht. Mit diesen und ähnlichen Worten legt Steinmeier den Finger prophetisch in gegenwärtig offene Wunden.

Zu nichts anderem beruft Gott Ezechiel, stellt ihn auf die Füße, begabt ihn mit seinem Geist, furchtlos die Wahrheit zu sagen: Ach und Wehe soll der Prophet über den eingeschlagenen Weg ausrufen. Die Klage über Jerusalem soll er anstimmen.

Fünf Jahre nach der öffentlichen Berufung des Propheten, der kaum Gehör fand und nur auf Widerstand stieß, wird Nebukadnezar den politischen Aufstand in Israel niederwalzen und Jerusalem samt Tempel schleifen. Das einstmals „glorreiche“ Reich Davids wurde gänzlich zerstört. JHWH war aus dem Tempel ausgezogen und emigrierte in´s Exil. Wie ging es weiter mit JHWH und seiner besonderen Beziehung zu seinem Volk Israel?

Gibt uns die Berufungsgeschichte Ezechiels einen Hinweis? Was wird aus dem Bund und der Treue Gottes, wenn es niemanden mehr interessiert?

Was wird – und so fragen wir uns auch gegenwärtig – aus der Kirche in unserer Gesellschaft, wenn die Kirche und die Frage nach Gott scheinbar niemanden mehr interessiert?

Ezechiel hat eine verstörende Vision. Sie ist vielfach in die Kunstgeschichte eingegangen. Sie ist sehr eindrücklich. Sie ist mehrschichtig. Viele Exegeten haben sich an ihr die Zähne ausgebissen. Enthält diese Vision etwas, was auch uns stärken kann? Was unserem Glauben in den Anfechtungen unserer Zeit Halt und Orientierung zu schenken vermag?

Ezechiel sieht, wie sich eine Hand gegen ihn ausstreckt. Die Hand hält eine Schriftrolle, die von beiden Seiten beschrieben ist. Die Hand entrollt die Schriftrolle und darauf ist für Ezechiel zu lesen:

„Klage, Ach und Weh“

Und Ezechiel hört eine Stimme, die zu ihm spricht:

„Iss, was du vor dir hast!

Iss diese Schriftrolle und rede zum Haus Israel.“

Und Ezechiel öffnet den Mund und die Hand führt die Schriftrolle zu seinem Mund – und Ezechiel verzehrt die Schriftrolle, füllt damit seinen Bauch.

Und es steht geschrieben: „Da aß ich sie und sie war in meinem Munde so süß wie Honig.“(3,3)

Wie kann das sein? Der Inhalt ist Klage, Ach und Weh und schmeckt doch süß wie Honig? Wie kann das Schreckliche sich in Süße verkehren?

Ist damit die Zukunft Israels gemeint? Zuerst kommt eine Zeit der Schrecken und Heimsuchung, aber zuletzt Süße – ein Land, wo Milch und Honig fließt? Durch das Bittere hindurch zur vollkommenen Süße?

Kann so Geschichte verstanden werden? Durch Gewalt und Leid hindurch zu Recht und Freiheit? Nach einer Phase des gegenwärtig erstarkenden Nationalismus, der Kriege und des millionenfachen Flüchtlingselends hindurch zu einer gerechteren Weltgemeinschaft?

Oder könnte es nicht auch sein, dass Gottes Klage, Ach und Weh süß schmeckt dem, der darauf kaut? Vielleicht schmeckt er oder sie, dass sein Wort in Liebe und Treue gesprochen zu seinem Volk weiter gilt.

Gott, der hier spricht, ist ein enttäuschter Liebhaber. Es ist seine Liebe, die schmerzvoll mit ansieht, dass sein geliebtes Volk sich von ihm immer und immer wieder abwendet.

Wer aber Gottes Klage, Ach und Weh durchkaut, dem schmecken selbst diese Klageworte süß, weil sie von Gottes Treue und Liebe zeugen.

Gottes Wort bleibt bestehen, selbst wenn die Menschen sich von Gott und seinem Wort abwenden, selbst wenn das Land und der Tempel zerstört werden, selbst wenn wir unsere Kirchen schließen müssen, selbst, wenn die Liebe zu Gott erlischt.

Für den aber – dafür steht stellvertretend der Prophet – der sich von Gottes Wort ernährt, der es durchkaut, der sich auf Gottes Liebe einlässt und seine Gebote hält, nach Gottes Willen fragt, für den ist Gottes Wort süß wie Honig. Damit lässt es sich leben und die Welt gestalten.

 Was für eine schöne Reinszenierung, dass jüdische Kinder im Lehrhaus die vier ersten und vier letzten Buchstaben des Alefbets abschlecken und die Süße der Tora kosten. Die Tora ist Nahrung für Leib, Seele und Geist.

 Die Tradition des Verkostens der Heiligen Schrift aufgreifend, formulierte Dorothee Sölle auf dem Kirchentag 1995 in Hamburg über die Psalmen: „Sie sind für mich eines der wichtigsten Lebensmittel. Ich esse sie, ich trinke sie. Ich kaue auf ihnen herum, manchmal spucke ich sie aus, und manchmal wiederhole ich mir einen mitten in der Nacht.“

Unser Glaube braucht Nahrung, damit wir aus ihm leben. Das Wort Gottes ist eine edle Gabe. Der Tisch ist reich gedeckt. Lasst uns davon kosten – immer und immer wieder. Amen

 

 

 

 

 

 

 

 

Trauer als Sinnsuche, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2019

Zu: Giannina Wedde: Es wächst ein Licht in deinem Fehlen, Ein Trost- und Trauerbuch, Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach 2019, gebunden, 143 Seiten, ISBN: 978-3-7365-0228-4, Preis:

Ob Giannina Wedde als freie Rednerin arbeitet, weiß ich nicht. Was ich weiß, ist, dass sie eine Homepage als Blog pflegt: www.klanggebet.de. Ich sehe dort heute (17.06.2019), dass dieses Buch kürzlich von einer Trauerbegleiterin in einem Interview mit der Autorin aufgegriffen wurde.

Giannina Wedde fokussiert das Thema Trauer in unterschiedlichen Varianten. Während sie sich sonst durchaus der Sprache christlicher Religion bedient, zum Teil auch verknüpft mit anderen Formen wie Mantren, ist das in diesem Buch kaum zu spüren.

Wie schon im Vorwort angedeutet, geht sie mit Meditationstexten und Gedichten den Weg der Trauerbewältigung entlang. Die Lehre der Trauerstufen sieht sie als Phasen, in der Trauernde zwar nach Sinn fragen, aber weniger mit religiöser Bewältigung anfangen können. Ja, sie konstatiert hier die Erfahrung der Trostlosigkeit, „weil viele der bewährten Trostworte heute leer und fremd klingen und weil religiöse Antworten das Brennen der Trauer nicht lindern.“ (4)

Das Inhaltsverzeichnis deutet verschiedene Ebenen der Trauererfahrung an, die sicher auch wie Schichten ineinander gehen. Trauer durch den Tod eines Angehörigen ist eine Schmerzerfahrung, die aber auch die Beziehungsfragen und die Sinnfragen berührt.

Die Texte bemühen sich um Klarheit und Verständlichkeit, verzichten auf Floskeln und Allgemeinplätze. Man hat immer den Eindruck, dass eine konkrete Trauererfahrung gemeint sein könnte.

Was also ersetzt Religion? In diesem Fall ist es das Bemühen um Verstehen der Erfahrungen, die Akzeptanz von Verletzung und Traurigkeit und die Überwindung der Trauer durch das Neufinden des Lebens.

Die Trauer bildet das Beziehungsgeschehen im Zustand der Abwesenheit ab: Wer bin ich ohne den Anderen? Die Krise der Trauer ist auch die Krise meiner Selbstbilder durch die abgebrochene Beziehung. Die Schmerzerfahrung zeigt, dass wir im Gegenüber geborgen sind. Trauernde spüren die Präsenz der Menschen. „Alles in diesem Haus bezeugt das Leben, das in dir umherging.“ (32)

Dabei geht es immer auch darum, sich selbst in den Blick zu nehmen: „Ich lerne, mit mir geduldig zu sein.“ (35)

Und, was für sprachliche Bilder glücken der Autorin: „Man darf nicht toter als die Toten sein.“ (39) Gefühlslandschaften zeigen die Individualität der Trauer, wie die des Lebens selbst.

Unter dem Stichwort „Geteilte Ohnmacht“ geht Giannina Wedde den Floskeln nach, um dann zu schließen, man soll sich dann gerade im Gespräch der eigenen Sprachlosigkeit und Ohnmacht stellen. Genau darin liegt der Trost. Mir kommen die Freunde Hiobs in den Sinn, die sieben Tage und sieben Nächte mit dem trauernden Freund schweigen.

Ich verkürze bewusst nun den Weg durch die Texte, die die Trauererfahrung ehrlich verbalisieren und gerade darin, die Trosterfahrung sehen, die die religiösen Antworten ersetzt.

Und so ist er klar, dass die Texte zum Ende hin auch den Weg ins Leben verbalisieren. Der Lebensweg führt einfach weiter. Die verstorbene Person ist schon auch immer noch dabei, aber sie begleitet ohne zu binden.

Ich muss die Texte einfach noch einmal selbst sprechen lassen: „Ich kann mich selbst nicht trösten, doch ich kann aufatmen/ im Wissen, dass ich es nicht muss.“ (129) Ja, jeder hat Recht auf ein zweites, ein weiteres Leben, „wie eine Antwort auf mein Beten“ (135).

Jeder Morgen bringt immer wieder einen neuen Tag und die Vergangenheit lassen wir hinter uns. Doch die Trauererfahrung streifen wir nicht ab, sondern lassen sie wie eine unserer Lebenserfahrungen einfach mit uns gehen.

Was ersetzt die Religion? Diese Frage sollten wir ändern und uns fragen: Wie zeigt die Erfahrung der Trauer Antworten auf die Sinnfragen, die im Leben selbst liegen?

Nicht der Himmel über uns, sondern die Liebe in uns ist die Antwort auf die Sinnfrage. Und war diese Wahrheit nicht gerade das, was Jesus verkündigt hat und wofür er bis zur letzten Konsequenz einstand?

Das Buch von Giannina Wedde verbindet kurze Texte der Reflexion und der Meditation des Trauerweges mit Gedichten, die dazu anregen die Perspektiven der eigenen Situation wahrzunehmen.

Es ist genauso für professionelle Trauerbegleiter wie für Trauernde geeignet, besonders dann, wenn die ersten Schockreaktionen vorübergegangen sind. Ob Texte auch zur Gestaltung einer Trauerfeier geeignet sind, sollte man von der Situation abhängig machen.

 

Predigt über Jeremia 31,31-34, Christoph Fleischer, Welver 2018

Die Predigt wird gehalten in Neuengeseke und Möhnesee-Völlinghausen am Sonntag Exaudi 2018 über: Jeremia 31, 31-34 (Lutherbibel 2017). Weiterhin werde ich die Predigt in erweiterter Form am Pfingstsonntag in der reformierten Kirche in Soest halten.

Als freien Einstieg habe ich einige aktuellen Beobachtungen zu Thema Antisemitismus zusammengetragen:

Es handelt sich um einen sogenannten Kippa-Test. Ein 21-Jahre alter israelischer Student, wollte einem Bekannten, der auch Israeli ist, beweisen, dass es völlig sicher ist, sich in Deutschland als Israeli bzw. als Jude zu erkennen zu geben. Er ist mit seiner Kippa, einer jüdisch-religiösen Kopfbedeckung auf die Straße gegangen. Im Stadtbezirk Prenzlauer Berg wurde er von einem palästinensischen Flüchtling mit einem Gürtel geschlagen. Der daraufhin wegen Körperverletzung angeklagt und festgenommen wurde. Wie ich lese, war der Begleiter des israelischen Studenten ein Redakteur vom Deutschlandfunk. Daher wurde der ganze Vorfall auch aufgenommen und ins Internet gestellt.

Ein anderer Test, zweifelsohne eigentlich politischen Inhalts, wurde von der Bild-Zeitung veranstaltet. Sie haben in der Nähe einer U-Bahnstation in Berlin-Neukölln eine israelische Flagge an einem Zaun aufgehängt. Diese Fahne wurde von zwei jungen Männern heruntergerissen. Diese versuchten dann auch die Fahne anzuzünden und sich dabei zu filmen.

Der Zeitungsbericht über den Kippa-Test notiert, dass es im Jahr2017 1453 neue Straftaten in Deutschland gegeben hat, wovon allerdings 90 Prozent von der rechtsradikalen Szene verübt wurden.

(Quelle u.a.: https://www.swp.de/politik/inland/angriff_-kippa-tragen-war-ein-test-25358318.html)

Ergänzend möchte ich noch darauf hinweisen, dass mich die Vorfälle am Grenzzaun des Gazastreifens mit großer Betroffenheit erfasst haben. Man mag den Vorgang bewerten wie man will, aber der Schusswaffeneinsatz gegen die Zivilbevölkerung ist gegen alle völkerrechtlichen Regeln. Ich denke, dass man einen Ausdruck der Sorge angesichts dieser Vorgänge nicht als Antisemitismus bezeichnen kann, auch wenn er sich zum Teil ähnlich äußert.

Ich möchte in dieser Predigt insofern auf die Frage des Antisemitismus eingehen, indem das Thema des religiösen Antijudaismus, der im Christentum überliefert worden ist, näher betrachtet wird. Der Predigttext aus dem Buch Jeremia gibt dazu eine gute Vorlage:

Jeremia 31, 31-34:

31 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR,

da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda

einen neuen Bund schließen,

32 nicht wie der Bund gewesen ist,

den ich mit ihren Vätern schloss,

als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen,

mein Bund, den sie gebrochen haben,

ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR;

33 sondern das soll der Bund sein,

den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit,

spricht der HERR:

Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben,

und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.

34 Und es wird keiner den andern noch ein Bruder

den andern lehren und sagen:

»Erkenne den HERRN«,

denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß,

spricht der HERR;

denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben

und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

Foto: Niklas Fleischer (c)

Liebe Gemeinde,

diese Vision des Jeremia taucht im weiteren Alten Testament immer mal wieder auf. Man kann sie vielleicht auf den einfachen Nenner bringen: Es wird keinen Umweg mehr zu Gott geben.

Es gibt keinen Weg mehr über das Opfer, keinen Weg mehr über das Studium der einzelnen Gesetze, keinen Weg mehr über die vollkommene Ethik, keinen Weg mehr über die Institution, sondern nur noch den direkten Weg von Gott zu uns Menschen.

Kein Wunder, dass Jesus sich auf diese Traditionen berufen hat, sei es auf Jeremias Rede vom neuen Bund oder später auf die Verheißung des Joel, die in der Pfingstgeschichte eine Rolle spielt: „Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen.“ (Joel 3,1) „Predigt über Jeremia 31,31-34, Christoph Fleischer, Welver 2018“ weiterlesen

Predigt 1. Weihnachtstag, Christoph Fleischer, Welver 2017

Die Predigt über den vorgeschlagenen Predigttext am 1. Weihnachtstag halte ich in der reformierten Kirche Soest (Schiefer Turm) am 25.12.2017 um 10.30 Uhr.

1. Johannes 3, 1-6

1 Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum kennt uns die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht. 2 Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden.
Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.

3 Und ein jeder, der solche Hoffnung auf ihn hat, der reinigt sich, wie auch jener rein ist. 4 Wer Sünde tut, der tut auch Unrecht, und die Sünde ist das Unrecht. 5 Und ihr wisst, dass er erschienen ist, damit er die Sünden wegnehme, und in ihm ist keine Sünde. 6 Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer sündigt, der hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt.

Forum der Völker, Werl, Krippenausstellung

Liebe Gemeinde,

Der Text fängt euphorisch an. Er nimmt uns in unserer Weihnachtsstimmung ernst. Wir finden uns hier zusammen unter dem Weihnachtsbaum und haben Weihnachtslieder gesungen. Heute ist ja ein Weihnachts-Feiertag, das Christfest und das Weihnachtsfest.

Die Nacht der Nächte liegt schon hinter uns. Und wir haben diese Nacht gefühlsmäßig alle mitgemacht. Doch damit heißt es auch für das heutige Weihnachtsfest: Wir feiern ein Ereignis, das hinter uns liegt. In der Heiligen Nacht gebiert Maria das göttliche Kind. Es ist der Erlöser, er ist erschienen, damit er die Sünden der Welt wegnehme. „Predigt 1. Weihnachtstag, Christoph Fleischer, Welver 2017“ weiterlesen

Predigtvorbereitung für Matthäus 17, 1-9, Christoph Fleischer, Welver 2015

Matthäus 17, 1-9 (Gute Nachricht Bibel)

Sechs Tage später nahm Jesus die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes, den Bruder von Jakobus, mit sich und führte sie auf einen hohen Berg. Sonst war niemand bei ihnen.  Vor den Augen der Jünger ging mit Jesus eine Verwandlung vor sich: Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden strahlend weiß.
Und dann sahen sie auf einmal Mose und Elija bei Jesus stehen und mit ihm reden.  Da sagte Petrus zu Jesus: »Wie gut, dass wir hier sind, Herr! Wenn du willst, schlage ich hier drei Zelte auf, eins für dich, eins für Mose und eins für Elija.«
Während er noch redete, erschien eine leuchtende Wolke über ihnen, und eine Stimme aus der Wolke sagte: »Dies ist mein Sohn, ihm gilt meine Liebe, ihn habe ich erwählt. Auf ihn sollt ihr hören!«
Als die Jünger diese Worte hörten, warfen sie sich voller Angst nieder, das Gesicht zur Erde.  Aber Jesus trat zu ihnen, berührte sie und sagte:»Steht auf, habt keine Angst!«
Als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus allein.  Während sie den Berg hinunterstiegen, befahl er ihnen: »Sprecht zu niemand über das, was ihr gesehen habt,  bis der Menschensohn vom Tod auferweckt ist.«

Zunächst ein Blick auf die Exegese(Kommentar zum Matthäusevangelium von Hubert Frankemölle, Band 2, Patmos Verlag Düsseldorf 1997): „Predigtvorbereitung für Matthäus 17, 1-9, Christoph Fleischer, Welver 2015“ weiterlesen