Religion praktisch erklärt. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2012

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Zu: Jörg Zink: Gottesgedanken, Vom inneren Weg eines Christen, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2012, ISBN 978-3-579-06571-7, Preis: 14,99 Euro

Im Jahr seines 90. Geburtstags legt Jörg Zink ein Buch über den christlichen Weg der Meditation vor und knüpft damit zum Beispiel an das Buch „Gotteserfahrung“ an.

Es geht ihm darum, die religiöse Erfahrung auf der Basis des Christentums darzustellen.
Die Sprache Jörg Zinks, die aus seinen Werken insgesamt bekannt ist, ist sehr verständlich und will trotzdem zum Nachdenken anregen. Das Buch enthält zahlreiche Zitate, die sich aber gut in den Ablauf der Argumentation einfügen. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um christliche Traditionen, entweder aus der Bibel oder überwiegend aus der Quelle der christlichen Mystiker.

Der Aufbau des Buches sei kurz skizziert, weil damit auch die wesentlichen Schritte der christlichen Meditation dargestellt werden können. Die Einleitung stellt sich der Gegenwart. Es geht um die Ermöglichung der religiösen Erfahrung in der Gegenwart; so wird auch an den Wert der Achtsamkeit erinnert, denn die spirituelle Erfahrung vollzieht sich in der Welt. Nachdem der Ort der Meditation bezogen worden ist, vollzieht sich die Meditation in sechs Stufen.

Die erste Stufe ist die Stufe der Sammlung. In dieser kurzen Anleitung wird dargestellt, wie die Sammlung der Gedanken im Einzelnen vollzogen werden kann. Die zweite Stufe dient der bewussten Wahrnehmung der Zeit, bewusst hören, bewusst sprechen und Gedanken wegschicken oder in einen Fluss legen. Damit ist ein meditatives Bild gemeint. Diese Stufe führt zur dritten Phase, der ungeteilten Anwesenheit. Schweigen zu lernen heißt, nicht alles sagen zu wollen. Dies bedeutet auch zu beten, sozusagen schweigend, um Gott Raum zu geben.

Nun folgt der Schritt der spirituellen Hingabe. Hierbei geht es in der christlichen Traditionen besonders auch darum, etwas zu hören oder zu lesen. Es ist möglich, einzelne Bibelworte oder andere Texte auszuwählen und diese zu meditieren. So dieser Satz: Der Geist Ruht auf mir; einen Auftrag hat er mir gegeben. Beide Sätze stammen aus dem Evangelium nach Lukas. Sie können als Beispiel dafür dienen, einen christlichen Text zu meditieren. Die fünfte Stufe heißt: Vergiss dein Ich und finde dich selbst. Dieser Vorgang wird Erleuchtung genannt. Erleuchtung wird als Metapher gebraucht und kann auch aus der Bibel erklärt werden, zum Beispiel aus dem zweiten Korinther-Brief. Praktisch folgt nun eine Christus-Meditation in Form eines Kreuzwegs von 15 Stationen.

Zusammenfassend geht es um das Wort und die Gestalt Christi. Das Ziel besteht darin, in der Meditation die Gestalt Christi anzunehmen. Die letzte Stufe ist die Kontemplation. Der Begriff Kontemplation wird aus dem Wort Tempel erklärt und zwar aus dem Lateinischen. Der Tempel ist der Bereich, der Raum des Himmels. Das Ziel der Meditation, auf das das Schlusskapitel noch eingeht, besteht dann darin, in den Alltag hineinzugehen und zwar mit einer konkreten Frage oder einer Aufgabe.

Die religiöse Erfahrung zielt auf die Praxis. An einigen Begriffen wie Erleuchtung oder Achtsamkeit kann man erkennen, dass Jörg Zink auch hier im Dialog mit anderen Religionen steht. Doch die Meditation in dieser Form basiert auf dem Christlichen. Dieses Buch ist als eine eigenständige Leistung Jörg Zinks anzusehen, mit dem er eine Vorstellung und Lehre von der christlichen Meditation begründet.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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