Advent – zwei alternative Zugänge, Rezensionen von Christoph Fleischer, Welver 2016

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Zu: Martina Kaiser: Den Advent neu erleben, Ankommen in meiner Freiheit, AURUM in J. Kamphausen Mediengruppe, Bielefeld 2016, gedruckt auf 100% alterungsbeständigem Altpapier, 110 Seiten, ISBN 978-3-95883-089-9, Preis: 14,95 Euro

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Und: Hans Scheibner: Wer nimmt Oma? Weihnachtssatiren, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 14. Auflage 2011, gebunden, 192 Seiten, ISBN: 978-3-8319-0133-3, Preis: 14,95 Euro

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Neulich las ich auf einer Facebook-Seite für Pfarrerinnen und Pfarrer einen Kommentar für jemanden, der nach einer Geschichte für eine Adventsfeier gefragt hat: „Hans Scheibner geht immer.“ Meine persönlichen Favoriten in seinem Buch sind die Gedichte. Wie immer ist die Satire der Wirklichkeit am Nächsten. Ich finde es auch darum gut, weil es in der emotional überladenen Adventszeit gut ist, über etwas lachen zu können, am Besten über sich selbst. Manche Geschichten erscheinen mir zum Vorlesen ein wenig lang, obwohl sie durch ihre Komik auch bestechen. Ich meine sogar, ich hätte einmal einen Sketsch gesehen, der auf einer Seniorenweihnachtsfeier aufgeführt wurde und sich am Text von „Wer nimmt Oma diesmal?“ orientiert hat. Auch dazu lassen sich also die Geschichte verwenden, um gesellige Anlässe in der Adventszeit zu gestalten.

Mit wurde beim Lesen einiger Satiren erneut bewusst, dass das Weihnachtsfest eigentlich jeden und jede herausfordert, einmal seinen Status in Bezug auf die Familie zu klären. Wobei auch der Verzicht auf einen Pflichtbesuch unter Umständen eine akzeptable Lösung sein kann.

Scheibners Prinzip ist: Ein respektloses Weihnachtsfest ist besser als gar keins. Und es gibt auf jeden Fall etwas zu lachen, besonders dann, wenn die Menschen meinen, es besonders ernst und richtig machen zu müssen.

Ein Beispiel:

 

Frederikes Weihnachtsgedicht (S. 185)

(als sie vier Jahre alt war)

Lieber guter Weihnachtsmann,
guck mich nicht so blöde an.
Steck deine Rute ein, du Wicht.
Bangemachen giltet nicht.
Willst es doch nicht etwa wagen,

Alter, hier ein Kind zu schlagen!
Jetzt schütte die Geschenke aus.
Und dann verdufte, nix wie raus!

 

Das Buch „Den Advent neu erleben“ geht in eine völlig andere Richtung. Ob hier an ein christliches Fest gedacht ist, wird nur an einzelnen Themen deutlich. Es gibt genauso die Wintersonnenwende wie andere adventliche Gebräuche. Trotzdem ist es eine sinnvolle Anregung zur Gestaltung der Adventszeit, die sich hier an den Tagen des Dezembers orientiert, also vom 1. bis 24.12. Die Adventszeit wird nicht als Fastenzeit propagiert, aber es wird schon an die eigene Besinnung erinnert. Für jeden Tag gibt es einen Text zu einem Thema und dazu eine ausgewählte Meditationsübung. Ich schildere exemplarisch ein wenig den achten Tag: „Das Göttliche in mir erlauben“ (S. 36). Der esoterische Zugang ist doch gerade in der Adventszeit immer ein wenig mit angedacht, wenn es in der Kirche oder Gemeinde besinnlich wird. Wie kann man mit Martina Kaiser das „Göttliche“ in sich selbst erfahren? Ganz einfach, denn wer „Ich bin“ sagt, hat das Wesentliche berührt. Bereits die christliche Mystik hat auf diese schlichte Wahrheit hingewiesen, dass Gott bzw. Christus in uns selbst geboren werden muss. Hier heißt es in Gestalt einer Anrede: „Neben Ihrem Mensch-Sein, Ihrer menschlichen Identität und Geschichte sind Sie auch eine große, wunderbare, ewige Seele, die Teil der göttlichen Quelle ist.“ (S. 37).

Wenn die Leserin, der Leser die naturreligiösen Elemente auch etwas distanzierter lesen kann, dürfte man hier doch etwas mehr Advent finden als nur in der etwas plumpen Ansage: „Advent ist im Dezember“ (Aktion siehe: www.ekd.de). Letztlich ist es egal, ob der Advent im Dezember ist, wenn er nicht bei jedem oder jeder selbst anfängt. Oder in Worten von Martina Kaiser: „Zuerst einmal erlauben wir uns zu sein, was wir sind.“ (5. Tag, S. 25).

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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