Marx bleibt, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2018

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Zu: Christoph Henning: Marx und die Folgen, J. B. Metzler im Springer Verlag, Stuttgart 2017, gebunden, 149 Seiten, ISBN: 978-3-476-02675-0, Preis: 16,95 Euro

Der erste, recht kurze Teil gibt eine Übersicht über den Lebensweg von Karl Marx (1818-1883). Ich trage daraus einige Beobachtungen zusammen:

Vor 200 Jahren ist er geboren, und zwar am 5. Mai 1818 in Trier. Schon um 1848/49 endet sein öffentliches Leben als Journalist in und für Deutschland. Danach lebt und schreibt er im Exil in London, wo er mit Familie bis zu seinem Tod lebt.Kurz vor der Geburt ist sein Vater vom Judentum zum Protestantismus übergetreten. Sohn Karl wurde erst im Alter von 6 Jahren 1824 getauft. Nach einem Jurastudium wechselt er zur Philosophie, promoviert und wird zunächst Journalist in Köln. Wegen seines Einsatzes für Demokratisierung wurde er politisch verfolgt.

Sein umfangreiches publizistisches Wirken, das später von London aus erfolgte, wurde abgesehen von Gelegenheitsarbeiten von seinem Freund und Sponsor Friedrich Engels finanziert.

Im zweiten Hauptteil stellt Christoph Henning das Werk von Karl Marx vor, das sich zuerst der Pressefreiheit, dann der Religionskritik und danach der Kritik der Politik widmet. Erst die Spätschriften stellen seine bekannten Hauptthemen der ökonomischen Entfremdung, der Theorie der Gesellschaft und der Ökonomie dar. Von dieser Entwicklung her wird deutlich, dass das wirkungsvolle ökonomische Werk für Marx selbst mit einer politischen Gesellschaftsutopie verbunden war.

Wenn das Buch mit zwei Abschnitten zu den Folgen seiner Arbeit für Politik und Kultur beendet wird, auf die ich jetzt nicht ausführlich eingehen werde, ist doch gerade der zweite Teil bereits voller Hinweise auf mögliche Wirkungen und Folgen der marxschen Publizistik. Dazu ein Beispiel: „Marx Kritik an der Instrumentalisierung von Religion besagt, dass eine Ersatzerklärung durch religiöse Zusatzannahmen (Mystifizierung) immer dann auftritt, wenn eine vernünftige Erklärung fehlt, die der Prüfung der Öffentlichkeit standhalten könnte.“ (S. 30)

Einen aktuellen Bezug stellt Christoph Hennig ein paar Sätze weiter her: „Der Witz ist nun, dass man diese fragwürdige Instrumentalisierung der Religion sehr wohl kritisieren kann, ohne die Religion selbst anzugreifen. Marx berührt sich hier mit einer Strömung der Theologie des 20. Jahrhunderts, die es ebenfalls ablehnte, Gott lediglich als ‚Arbeitshypothese‘ zu benutzen (so etwa Dietrich Bonhoeffer und Dorothee Sölle).“ (S. 31)

Gerade im Bereich der Religionskritik wird exemplarisch deutlich, dass Marx nicht bei der Reflexion der Theorien stehen bleibt, sondern immer wieder an den Bereich der „menschlichen Praxis“ denkt, wie in der achten Feuerbach-These: „Alle Mysterien, welche die Theorie zum Mystizismus veranlassen, finden ihre rationelle Lösung in der menschlichen Praxis und in dem Begreifen diese Praxis.“ (Zitat MEW 3,7, hier S. 35)

Die Ziele von Karl Marx waren die Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit, Menschenwürde und Demokratie und nicht die Errichtung einer Diktatur. „Marx und die Folgen“ regt dazu an, Marx neu zu lesen.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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