Zu: Maja Lunde: Die Geschichte des Wassers, Roman, Aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein, btb in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München 2018, gebunden, 480 Seiten, ISBN 978-3-442-75774-9, Preis: 20,00 Euro
Die Autorin Maja Lunde hat im letzten Jahr einen Welterfolg veröffentlicht: „Die Geschichte der Bienen“. Insofern klingt „Die Geschichte des Wassers“ wie eine Doublette. Die Antwort auf diese Frage habe ich nicht, da ich den Bienenroman nicht kenne.
Im Anhang des Romans mit dem sachlichen Titel von der „Geschichte des Wassers“ werden Sachbücher zum Thema „Wasser“ und „Klima“ genannt. Der Roman ist dennoch kein narratives Sachbuch, sondern ein Roman, der menschliche Schicksale schildert.
Zwei Erzähllinien werden nebeneinandergestellt. Die Hauptperson der einen Geschichte ist die 70-jährige Umweltaktivistin Signe, die mit ihrem Segelboot „Blau“ von Norwegen nach Frankreich segelt und dabei auch beinahe in Seenot gerät. Ihre Geschichte zeigt im Rückblick Situationen ihrer Lebensgeschichte, die damit beginnt, dass ein natürlicher Wasserfall in ein Wasserkraftwerk umfunktioniert wird.
Der Riss zwischen Akzeptanz und Widerstand geht mitten durch die Familien. So ist Signes Mutter als Hotelbesitzerin dafür, ihr Vater aber dagegen. Die Eltern leben getrennt. Auch ihre eigene Beziehung zu Magnus, mit dem sie lange Zeit in Bergen gelebt hat, scheitert an diesem Konflikt, dem Streit um das Wasser, der zuletzt dazu führt, dass man versucht Eisstücke von einem Gletscher abzuschneiden und dieses Gletschereis zu exportieren.
Ein etwas skurriles Element der Geschichte ist der Versuch Signes, ein paar Stücke von diesem Gletschereis mit dem Segelboot nach Frankreich zu bringen. Im Interesse des Fortgangs der Geschichte glaube ich einfach, dass das Eis nicht schmilzt.
Die andere Geschichte, die parallel erzählt wird, handelt von David und seiner Tochter Lou. Beide leben in einem Flüchtlingslager in Nordfrankreich. Das Wasser ist streng rationiert, wobei deutlich wie, wie lebensnotwendig dieses Element wirklich ist. Im Abschnitt „Dank“ erwähnt die Autorin am Ende des Buches, dass sie sich einige Tage in einem Flüchtlingslager in der Nähe von Athen aufgehalten und das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner studiert hat. Davon ist einiges in die Schilderung dieser Erzählung eingegangen.
Im Jahr 2041 ist aufgrund einer Brandkatastrophe in ganz Europa kein natürliches Süßwasser mehr vorhanden. Das Gebrauchswasser im Lager stammt aus Entsalzungsanlagen. In der Landschaft gibt es immer noch Reste der vorherigen Zivilisation, die aber völlig untergegangen zu sein scheint.
David und Lou finden in der Nähe des Lagers ein Boot, das jetzt zwar auf dem Trockenen liegt, sich aber sehr gut zu einem gemeinsamen Spielplatz eignet.
Warum diese beiden Geschichte außer dem allgemeinen Wassermotiv etwas miteinander zu tun haben, erschließt sich wirklich erst am Ende des Buches, so dass eben die Antwort auf diese Frage die Pointe des Buches bildet, die natürlich nicht verraten wird.
Schöne Naturschilderungen, Auseinandersetzungen um den Staudamm, die Herausforderung eines Segeltörns in der Nordsee und dem Atlantik auf der einen Seite steht die Zeit der absoluten Katastrophe entgegen. Der trockene Sommer 2018 mit seinen zahlreichen Bränden lässt das Buch gerade darin realistisch erscheinen, wo es ein Science-fiction-Roman ist.