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Drüggelter Kapelle am Möhnesee

 

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Von der Freiheit des Denkens, Rezension von Christoph Fleischer, Fröndenberg 2025

Zu:

Kurt Riezler: Parmenides, Übersetzung, Einführung und Interpretation, Vittorio Klostermann, Frankfurt/Main, 4. Auflage 2017 (1. Auflage 1934), Klostermann Rote Reihe 93, Paperback, 105 Seiten, ISBN 9783465043027, Preis: 16,80 Euro

Parmenides‘ fragmentarische Überlieferung

Der Text des Parmenides (515-455 v. Chr.) besteht aus numerisch gegliederten Fragmenten, deren Zusammenhang nicht immer rekonstruiert werden kann. Die Gliederung der Fragmente bei Riezler weist von der davor gängigen ab. Dadurch kann es vorkommen, dass etwa Martin Heidegger aus Text IX zitiert, den Text ab er mit VIII benennt. Die jeweiligen Abweichungen sind aber im Buch klar notiert.

Wie schon bei Homer (8. Jahrhundert v.Chr.) sind die Texte in der Form eines Gedichtes verfasst, das durch Lücken unterbrochen ist. Die Frage danach, auf welche Frage Parmenides antwortet, ist gar nicht leicht zu beantworten.

In der Philosophie bleibt der mythologische Rahmen des Parmenides meist unterbewertet. Es ist schließlich eine Göttin, der Moira, der er die Worte über das Sein in den Mund legt.

Welche Mythologie ist das denn?

Die griechische Mythologie ist eigenartig immanent. Nicht in der Ewigkeit, sondern im Sein, im Denken, in der Gegenwart liegt der Sinn des Lebens. Die Göttin Moira verkörpert das Schicksal. Die alte griechische Götterlehre der Sagen Homers scheint bereits überholt. Die neuen Götter heißen Schicksal, Wahrheit, Ruhm, sind also eher irdisch zu deuten.

Kurt Riezler schreibt dazu: (S. 54): Warum sollen Anagke (Notwendigkeit) und Moira(Schicksal) ein jenseitiges Sein in ihren Fesseln binden? Was sie gefügt haben und festhalten ist Themis (Recht) und Dike (Gerechtigkeit), in ihnen das Wesen der Physis(Gestalt), das Seinsgesetz alles Seienden, gegenüberstehend als göttliche Setzung dem Nomos (Urteil) und der Thesis (Rede) des flüchtigen, nicht in sich ruhenden, sterblichen Menschen.“ (S. 54, Übersetzung der griechischen Begriffe durch den Rezensenten).

Die Götterlehre dieser elatischen Philosophenschule greift auf Gottesnamen zurück, die in das Denkgefüge und die Weltdeutung der Menschen selbst gehören, also keine übermenschlichen Naturmächte sind. Selbst das hier genannte Schicksal meint das Grundverständnis des menschlichen Daseins selbst, genannt das Sein.

Ontologie des Parmenides, Vorbild für modernes Denken

Das Sein wird vom Seienden unterschieden: „Dieses Sein ist oberhalb jenes Gegensatzes, in dem wir etwa Ruhe als Sein der Bewegung und als Werden gegenüberstellen. Es umfasst als Eines das Sein dessen, was wir Bewegung nennen.“ (S. 58)

Hierzu kommt nun fast in idealistischer Intuition, dass Parmenides die Einheit von Sein und Denken feststellt. Damit wird das Denken zuerst als Wahrnehmung gedeutet und erst danach als Reflektion. Und, wieder modern gedacht: Das Sein ist für uns nur insoweit vorhanden, wie wir es erkennen.

Fazit: Meine Notizen sind keine erschöpfende Wiedergabe der Lehre des Parmenides, sondern stellen nur eine Beobachtung heraus, wie sie später auch von Martin Heidegger reflektiert worden sind. (hier im Literaturverzeichnis: Martin Heidegger, Moira (Parmenides VIII, 34-41, in: Vorträge und Aufsätze usw.).

BONHOEFFER, Bericht über den Kinofilm, Christoph Fleischer, Fröndenberg 2025

BONHOEFFER,

Regie und Buch: Todd Komarnicki,

Land, Jahr: Irland/Belgien 2024,

Bilder des Films aus der Pressemappe entnommen: bonhoefferfilm.de

Vorweg: „In der heutigen Gesellschaft schrecken Populisten und Nationalisten nicht davor zurück, die Geschichte und in diesem Fall das Vermächtnis eines ganzen Menschen für ihre unmenschliche Weltanschauung zu verdrehen.“ (Jonas Dassler, Moritz Bleibtreu, August Diehl und weitere Schauspieler des Films BONHOEFFER in der Stellungnahme zu Vorwürfen aus USA und Deutschland, Quelle: bonhoefferfilm.de)

Der Film über Dietrich Bonhoeffer als Erzählung eines beispielhaften Lebens

In der folgenden Besprechung schildere ich, wie ich den Film im Kino aufgenommen und in mein Wissen über Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945) eingeordnet habe.

Der Film (etwa 2 Stunden, 15 Minuten) beginnt mit einer sich durchziehenden Rahmenhandlung. Dietrich Bonhoeffer sitzt in einem antiken Reisebus, mit dem eine Gruppe Gefangener in den letzten Kriegstagen aus Berlin evakuiert werden, alle in Zivil nicht in Gefangenenkleidung. Bonhoeffer redet wenig mit anderen, sondern sitzt stattdessen allein und schreibt in kleines in Leder gebundenes Tagebuch. Er notiert dabei Erinnerungen an sein ganzes Leben. Seine notierten Stichworte rufen die Erinnerungen an die Zeitabschnitte seines Lebens auf, die im Film episodenhaft gezeigt werden.

Diese Reise beginnt damit, dass die Gruppe in ein KZ gebracht wird, wahrscheinlich Buchenwald bei Weimar. Hier wird ein prominenter Nazi sein Zellennachbar, der wohl bei Hitler in Ungnade gefallen ist. Als das Gefängnis unter den Folgen einer Bombardierung zusammenstürzt muss die Gruppe die Fahrt im Bus fortsetzen. Hierin erkenne ich auch eine Anspielung auf die Bombenangriffe, die Bonhoeffer während seines Aufenthalts im Gefängnis in Tegel zwischen 1943 und 1945 erfahren musste. (Der Aufenthalt in Tegel bleibt im Buch Film unerwähnt).

Von dort kommt der Bus nach einer längeren Irrfahrt an einer eingestürzten Brücke zum Stehen. Der Ort, den sie kurz danach besuchen, heißt Schönberg. In der dortigen Dorfkirche feiert Bonhoeffer das Abendmahl mit seinen Mitgefangenen und wird danach zum Hinrichtungsplatz gebracht, wo drei Galgen aufgestellt sind. Die angebotene Möglichkeit, in der Kleidung eines Gefängnisaufsehers zu fliehen schlägt er aus mit Rücksicht auf seine Familie, die dadurch Schwierigkeiten bekommen hätte. Die Hinrichtung erfolgt an diesem Ort. Von Flossenbürg ist jedenfalls nicht die Rede. Ob und wo die anderen Insassen getötet werden, wird nicht erwähnt.

Bonhoeffers Gefangenschaft und spätere Hinrichtung wird zum Leitmotiv des gesamten Films

Im Folgenden gehe ich auf einige Szenen ein, von denen mir die meisten noch in Erinnerung geblieben sind.

Zu Beginn des Films ist Bonhoeffer noch ein Kind (gespielt von Phileas Heyblom, geb. 2012). Die Frisur ist mir von einem bekannten Foto bekannt Bonhoeffers als Kind bekannt. Seine Schwestern und der älteste Bruder werden hervorgehoben, außerdem der Vater und seine Mutter. Das Kinderzimmer sieht ein wenig wie eine kleine Schulklasse aus, vielleicht weil die Kinder in den ersten Schuljahren zu Hause unterrichtet wurden.

Als der Bruder Walter zur Wehrmacht eingezogen wurde, war Dietrich 8 Jahre alt. Vater, Mutter und einige Geschwister begleiten den jungen Soldaten zum Zug. Sofort darauf (im Film) kommt dieser in einem Sarg zurück. Beim Beerdigungskaffeetrinken spielt Dietrich Klavier, das Lieblingsstück von Walter, heißt es.

Die nächste Szene zeigt Dietrich als älteren Studenten in Amerika. Während des dortigen Studienaufenthalts lernte er sowohl den Jazz kennen. Er wird eingeladen, mitzuspielen und spielte ein Thema auf dem Klavier, das dann von der Kapelle aufgenommen wurde. Dann war er auch in einem Gottesdienst einer schwarzen Gemeinde, wo ein großer Gospelchor sang. Nach dem Gottesdienst war er bei der Pfarrersfamilie zum Mittagessen zu Gast.

Zurück in Deutschland arbeitet Bonhoeffer als Pastor. Seine Predigt richtet sich gegen die Umdeutung der Bibel durch die Nazis und gegen den Antisemitismus. Er muss mitansehen, wie seine Konfirmandengruppe in der entsprechenden Kluft zur Hitlerjugend geht. Die Deutschen Christen machen sich in den Gottesdiensten breit und wählen einen Nazibischof. Religiöse Gegenstände wie ein Kruzifix werden in einer Kirche heruntergerissen und stattdessen Nazifahnen aufgehängt. In den vorderen Bänken sitzen Uniformierte als geschlossene Gruppe.

Pfarrer Niemöller gründet die bekennende Kirche. Bonhoeffer legt ihm sein eigenes Bekenntnis vor, dass von dieser Richtung der Kirche auch angenommen wird. Die Kirche bekennt sich zum Alten und Neuen Testament und zu Israel als auserwähltem Volk Gottes.

Danach geht Bonhoeffer nach England und wird Pfarrer in einer deutschen Gemeinde. Er berichtet dem dortigen Bischof über die neuen Verhältnisse in Deutschland besonders über die Judenverfolgung.

Schon nach wenigen Jahren kehrte er zurück, um in Finkenwalde (Pommern, heute Polen) ein Predigerseminar der Bekennenden Kirche zu leiten. Dort lernte er Eberhard Bethge kennen, erst Student und dann enger Mitarbeiter.

Dann wird er noch einmal in Amerika gezeigt. Es war als Auswanderung geplant und wurde nur ein kurzer Trip. Er sollte dort in Sicherheit gebracht hat werden und den deutschen Widerstand aus dem Ausland unterstützen.

Doch ein Professor der Uni leitete eine Meinungsänderung ein. Vermutlich zeigt er ihm auf, dass er an die Seite seiner Familie gehört und in Amerika nichts ausrichten kann. Dass Bonhoeffer hier als Asylant nach Amerika kam, hatte sicher einen anderen Stellenwert als in einem Gaststudium wie 10 Jahre zuvor. Dietrich Bonhoeffer kehrte nach Deutschland zurück. Diese Entscheidung bleibt sicher nicht nur den Kinobesuchern ein stückweit rätselhaft.

In Berlin eingetroffen, schließt der sich dem Widerstand an und wird Mitarbeiter der Abwehr. In deren Auftrag begleitete er eine Gruppe jüdischer Männer in die Schweiz, die das Gerücht entkräften sollten, es sei in Deutschland zu Judenverfolgungen gekommen. Doch Bonhoeffer selbst hatte schon zuvor mit seinen Brüdern einen Film in seinem Zimmer gesehen, der Originalaufnahmen von den Deportationen zeigte.

Dann nahm er in Berlin an einem Attentatsversuch teil. Der Offizier Gersdorff trug eine Bombe unter seiner Jacke und sprach mit Adolf Hitler, als dieser das Mahnmal für den Ersten Weltkrieg in Berlin besuchte. Unter der Jacke muss es heiß gewesen sein, denn sofort danach legte er den Bombengürtel in einer Herrentoilette wieder ab. Die Detonation war nicht eingetreten.

Auf einer Reise kommt Bonhoeffer als Agent wieder nach London und sprach mit dem ihm bekannten Bischof. Dieser wollte sich für den Widerstand einsetzen, meinte aber, Churchill wolle unbedingt Deutschland im Krieg besiegen.

Als zweiter Attentatsversuch wurde die Platzierung einer Bombe in Hitlers Nähe gezeigt. Bei diesem Attentat war Dietrich Bonhoeffer aber nicht selbst anwesend. Im Film war dies dann aber der Anlass für die Aufdeckung der Verschwörung. Sämtliche Mitverschwörer, auch Bonhoeffer selbst, wurden verhaftet.

Damit unterschlägt der Film Bonhoeffers Gefängniszeit in Tegel. Zum Zeitpunkt des Attentats 1944 war er schon mehr als ein Jahr in Haft. An diesem Attentat konnte er also nicht beteiligt gewesen sein. Dass Bonhoeffer für die Abwehr als Agent tätig war, ist historisch richtig. Aber im Film wird nicht gezeigt, dass er seine Tätigkeit als Pfarrer im Rahmen seiner Möglichkeiten fortgesetzt hat.

Durch den Verzicht auf die Tegeler Gefängniszeit unterschlägt der Film auch die Gefängnisbriefe. Das Gedicht „von guten Mächten“ wird nicht erwähnt. Nur, dass der Gefangene Bonhoeffer ständig in sein Tagebuch schreibt, kann vielleicht als Andeutung auf die andauernde Schriftstellerei im Gefängnis gedeutet werden. Ein solches Tagebuch Bonhoeffers ist bis heute aber nicht aufgetaucht.

Dass ein Film aus der Biografie auswählen muss, ist verständlich. Die konspirative Tätigkeit als Agent der Abwehr wurde in der Vergangenheit vielleicht auch zu wenig betont. Doch dass der Christ und Pazifist so zu einem Vertreter des bewaffneten Widerstands geworden ist und als Teil der Abwehr im Grunde auch Soldat war, wird als Problem gesehen. Der Film zeigt tatsächlich auch ein Gespräch in der Familie, in dem man Bonhoeffer gerade damit konfrontiert, dass er ein bekennender Pazifist gewesen sei. Im Grund hat ihm jedoch die Aufnahme in die Abwehr den Dienst mit der Waffe selbst erspart.

Aus Interviewszenen nach der Deutschlandpremiere erinnere ich mich an die Aussage des ehemaligen bayrischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Film mache Mut, für das einzustehen, was man glaubt und dafür, sich für die Menschen einzusetzen, denen Unrecht widerfährt. Die Biografie Bonhoeffers bleibt gegenüber den bekannten Biografien ein wenig sperrig, ist aber durchaus plausibel erzählt. Der Spannungsbogen bleibt durch die Rahmengeschichte bestehen, wenn auch die eingefügten Fragmente sich nicht immer zu einer geschlossenen Erzählung zusammenfügen lassen.

„Der Blaue Reiter“ – Ein philosophisches Journal, Rezension von Christoph Fleischer, Fröndenberg 2025

Eine philosophische Halbjahresschrift

Wenn dieses Journal sich den Namen „Der blaue Reiter“ gibt, so greift es bewusst ein Motiv aus der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts auf. Das Motiv stammt aus dem Expressionismus, der der Kunst eine zeitgenössische Richtung gab. Doch woher das Motiv des Blauen Reiters genau stammt und wie es auf diese Zeitschrift anzuwenden ist, ist nicht einfach festzustellen.

Vielleicht passt noch am ehesten die Frage nach einer exakten Abbildung, die es für die Kunft nach der Entstehung der Fotografie nicht mehr geben kann. Es in der Kunst nichts mehr zu darzustellen. Daher mussten vielmehr Eindrücke gefunden werden. Ist Philosophie nicht auch eher Konstruktion als exakte Wissenschaft, und gibt somit die Pluralität der Gesellschaft wieder?

Wird ein philosophisches Thema behandelt, so wird es weniger um richtig oder falsch gehen als darum, die Facetten der Diskussion anzureißen. Als philosophisches Thema wird also hier ein Blick in das Konzept von Philosophie gewährt, nicht nur eine originalgetreue Abbildung gegeben. Hier soll es um Verantwortung gehen, ein sicherlich aktueller Begriff.

Der „Blaue Reiter“ genannt nach einem Bild von Wassily Kandinsky (1906)

In jedem Heft des „Blauen Reiters“ kommt die Kunst zu Wort. Künstler dieser Ausgabe ist Frank Nordiek aus Hannover. Auf dem vorderen Umschlag sind zwei farbige Abbildungen, im sonstigen Heft etliche Abbildungen in Grautönen. Weitere Graphiken beziehen sich auf die jeweiligen Artikel. Zusätzlich auch Anzeigen zu Literatur, zum Teil aus dem eigenen Verlag.

Aufbau der Zeitschrift: Inhaltlich differenziert und zugleich unterhaltsam

Wie jede andere Zeitschrift, so hält sich das Heft an einen bestimmten redaktionellen Aufbau. In der Rezensionsarbeit darf ich heute exemplarisch die aktuelle Ausgabe des Journals vorstellen.

Zunächst fällt das Format auf. Das Heft ist etwas größer als DIN A4. Passt also im Bücherschrank eher zu den Bildbänden.

Verantwortung heute

Der thematische Teil dominiert das ganze Heft. Ihm folgt je eine Umfrage, eine Kolumne, ein Lexikon mit vier Begriffen wie Erbsünde und Rache, dann „Unterhaltung“, ein Portrait, eine Presseschau, Rezensionen und das Impressum.

Ich greife ein Beispiel heraus: Unter Unterhaltung findet sich ein (fiktiver) Briefwechsel mit Lesern. Hier werden drei Fragen beantwortet (von „Dr. B. Reiter). Die letzte lautet z. B. „Warum sehen so viele Philosophen Religion kritisch?“ (S. 93) Die Antwort der Redaktion beginnt mit dem Satz „Philosophie beginnt genau da, wo Religion aufhört.“ (S. 93). Hier ist Religion intolerant und Philosophie tolerant (vielleicht abgesehen von Martin Heidegger, so die Meinung der Redaktion).

Philosophie heißt, sich eine eigene Meinung zu bilden

Zwischenfazit: Das Heft des Blauen Reiters fördert die eigenständige Auseinandersetzung mit einem philosophischen Thema, und lädt dazu ein, einen philosophisch begründeten Standpunkt zu vertreten. Die eigene Meinung ist dann reflektiert, aber nicht unumstößlich. Was oben zu Religion gesagt wurde, ließe sich auch auf Politik anwenden. Wie kann Verantwortung erprobt werden, wenn jeder recht hat?

Drei Beispiele des inhaltlichen Diskurses

Nach Dieter Birnbacher (Professor emeritus aus Düsseldorf) steht Verantwortung zwischen Vergangenheit und Zukunft, „die zwei Zeitrichtungen der Verantwortung“. Sie fragt nach Verantwortung „wofür“ wohl eher im juristischen Sinn und danach, was an Vorsorge nötig ist und welche Zukunft sich Menschen wünschen.

Paul Stephan (philosophischer Redakteur) zeigt exemplarisch zwei philosophische Auswege aus der Krise der Verantwortung zwischen Egoismus (nach Stirner) und der Selbstverantwortung (nach Nietzsche) auf. Eine Formulierung erinnert an Sören Kierkegaard, ohne ihn jedoch zu nennen: „Sobald ich überhaupt wähle, ein Selbst zu sein, muss ich auch wählen, Verantwortung zu übernehmen“ (S. 15)

Christina Schüess (Professorin, Lübeck) greift dazu ein Thema Hannah Arendts auf, die Bedeutung des Lebens. Für diese Philosophin ist die Geburtlichkeit der Grund für die Übernahme der Verantwortung. Der Weltbezug ist den Menschen also im Grund von Geburt an mitgegeben. Auch Emmanuel Levina wird hier einbezogen.

Weitere Aspekte von Verantwortung

Weitere Artikel seien hier nur kurz stichwortartig skizziert

  • Die Rolle des Wissens und der Wissenschaft (Dr. Otto Peter Obermeier, Philosoph und Mediziner)
  • Künstliche Intelligenz (Catrin Misselhorn, Professorin, Göttingen)
  • Schuld und Verantwortung (Jutta Heinz, Literaturwissenschaftliche Autorin)
  • Freiheit (Martin Booms, Professor, Alfter)
  • Armut (Dr. Valentin Beck, Direktor des Instituts für Global Value Inquiry, Berlin)
  • Andere oder Fremde (René Weiland, philosophischer Autor)
  • Selbstbestimmung nach Sokrates (Jörg H. Hardy, Professor, Georgien und Flagstaff, USA, Privatdozent, Berlin)
  • Moralische Verantwortung (Thomas Zoglauer, lehrt Philosophie in Cottbus und Stuttgart)

Verantwortung zwischen Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit

Die gegenwärtige Aktualität dieser Aufsätze ist offensichtlich, die Themenfelder durchaus unterschiedlich. Der Begriff der Verantwortung stellt sich als das vorrangige Aufgabenfeld der Gegenwart dar. Dass dazu auch Religion etwas zu sagen hätte, wird hier leider nicht in den Blick genommen.

Vom Schlechten des Guten, Predigt von Joachim Leberecht, Herzogenrath 2025

Predigt über Prediger 7,15-18 zum Sonntag Septuagesimae 2025   

15 Dies alles hab ich gesehen in den Tagen meines eitlen Lebens: Da ist ein Gerechter, der geht zugrunde in seiner Gerechtigkeit, und da ist ein Gottloser, der lebt lange in seiner Bosheit. 16 Sei nicht allzu gerecht und nicht allzu weise, damit du dich nicht zugrunde richtest. 17 Sei nicht allzu gottlos und sei kein Tor, damit du nicht stirbst vor deiner Zeit. 18 Es ist gut, wenn du dich an das eine hältst und auch jenes nicht aus der Hand lässt; denn wer Gott fürchtet, der entgeht dem allen. (Luther 2017)                 

Liebe Gemeinde,

„Nur die besten sterben jung“ dröhnt es aus den Lautsprechern. Es scheint, als hätten die Böhsen Onkelz, eine Kultband um die Jahrtausendwende, die auf wummernde Rockmusik mit dumpfen Texten daherkam, beim Prediger Salomo abgeschrieben. Beobachtet der Prediger doch, dass gute, gerechte Menschen oft früher sterben als die bösen, die sich nicht an Gottes Gebote halten.

Die Böhsen Onkelz schreien es heraus, Zeile für Zeile, dass das Leben nicht gerecht ist. Es ist sinnlos darüber nachzudenken, warum es so ist.

Das Leben ist absurd, zufällig, unberechenbar. Mit diesem Lebensgefühl drücken die Böhsen Onkelz das aus, was im Prediger Salomo schon über 2000 Jahre vorher als Weisheit aufgeschrieben ist.

Alles ist eitel

„Alles ist eitel“ – übersetzt es Luther. Alles ist ein Nichts, ein Windhauch könnte man auch übersetzen. Diese Erkenntnis des Prediger Salomos ist verstörend und grenzt an Nihilismus, der Verneinung des Lebens und der Hoffnung, dass es sich lohnt, sich für das Gute einzusetzen. Da bleibt dann nur noch Resignation, oder?

Ist das Leben gerecht?

Es gibt keine Garantie, dass aus guten Handlungen ein gutes Leben folgen wird. Es gibt aber auch keine Garantie, dass aus bösen Taten ein schlechtes Leben folgt. Und wenn wir ehrlich sind: Ist das nicht auch unsere Erfahrung? Wieviel Menschen gibt es, die sich abrackern, die sich ehrlich bemühen, die wirklich Gutes wollen und doch auf keinen grünen Zweig kommen? Immer geht das Glück eine Tür weiter.

Von der Weisheit, des Guten nicht zu viel zu tun

Der Prediger Salomo geht sogar in seiner Analyse noch einen Schritt weiter. Er rät den Guten nicht zu viel des Guten zu machen. Der Prediger steht einem Aufstand der Anständigen skeptisch gegenüber. Wer sich auf der richtigen Seite wähnt, neigt dazu, andere radikal abzuwerten.

Wir alle kennen Menschen, die voller Überzeugung und mit gutem Beispiel vorangehen und entsprechend ihren ethischen Erkenntnissen moralisch „sauber“ leben. Sie trinken keinen Alkohol. Sie essen kein Fleisch. Sie fahren kein Auto. Sie fliegen nicht mit dem Flugzeug. Sie leben bewusst und gesund. Sie treiben viel Sport. Sie setzen sich für Minderheiten ein. Sie gendern, wie es gerade angesagt ist. Mit einem Wort. Sie sind perfekt und auf der Höhe eines fortschrittlichen Zeitgeistes. Sie wollen auf der richtigen Seite stehen, unbedingt, koste es, was es wolle. Dabei merken Sie nicht, wie sie sich und andere mit ihrer rigiden Moral schaden. Sie wollen oft gute Veränderungen, nehmen Minderheiten in den Blick, stellen sich auf die Seite der Ausgegrenzten, kritisieren Machtstrukturen und legen dunkle Kapitel der eigenen Geschichte offen und gleichzeitig sehen sie sich selbst als die besseren Menschen. Sie gehen in einen permanenten Klage- und Angriffsmodus über, canceln öffentlich Andersdenkende, werden zu Moral- und Sprachpolizisten. Ganze gesellschaftliche Schichten werden manchmal von einem Gerechtigkeitswahndiskurs erfasst, der bar aller Lebenspraxis ist. Da kann es schon einmal passieren, dass aus Friedensaktivisten über Nacht glühende Befürworter von Waffengattungen aller Art werden. Aus „Frieden schaffen ohne Waffen“ wird kurzerhand: „Frieden schaffen mit Waffen“. Jetzt zählt nur noch Stärke und Aufrüsten. Wer bestimmt eigentlich, was gut ist und was nicht?

Selbstgewählte Askese

Selbstgewählte Askese kann etwas Gutes sein. Sie kann sich aber auch schnell zu einer überheblichen Selbstgerechtigkeit entwickeln, die das Verhalten der anderen nur als schädlich und defizitär wahrnimmt. Dann wird aus einer vitalen Moral ein starrer Moralismus. Das kennen wir aus jeder Gemeinschaft und Gruppe, sei es in der Kirche, in politischen Parteien oder in Vereinen.

Dann ist man als Dieselfahrer der Sünder schlechthin; der Genussmensch, der gern ein gutes Stück Fleisch isst oder eine Zigarre qualmt und dem Wein zugeneigt ist: Ein unbeherrschter Fresser und Säufer. Vor allem, ein schlechtes Vorbild für Kinder, und jemand, der mit seiner Gesundheit fahrlässig umgeht. Gutsein sein heißt auf der richtigen Seite stehen, auf der anderen Seite sind die Bösen.

Gott als höchstes Gut?

Es gibt keinen Gott mehr als höchstes Gut, da muss der Mensch schon der bessere Gott sein (Homo Deus, Noah Harari) und mit gutem Beispiel vorangehen. Welch eine Überforderung, wenn der Mensch sich nicht mehr von Gott rechtfertigen und erlösen lassen will.

Der Prediger Salomo kritisiert das überhebliche Gutsein der Gutmenschen. Es schadet mehr als es nützt. 

Ethik statt Moralismus

Gleichzeitig brandmarkt der Prediger Menschen, die jegliches Maß einer guten Ethik und einer regelbasierten (Welt)ordnung hinter sich gelassen haben und leben, als gebe es nur sie selbst und ihre Bedürfnisse (oder die ihrer Gruppe). Sie achten nicht den Besitz und die Würde des anderen, sie übertreten Grenzen und Gebote, sie freuen sich diebisch, wenn ihr böses Treiben Angst und Schrecken verbreitet, sie achten nicht die Wahrheit und schließen jeden Pakt mit dem Teufel, solange es sich für sie rechnet. Kommen sie an die Macht, spielen sie mit Recht und Ordnung und Lüge wird in Wahrheit verkehrt.

Das rechnet sich aber nicht, hält ihnen der der Prediger vor. Sie bauen sich die Grube, in die sie fallen, selbst. Sie zerstören das Leben anderer und damit auch ihr Leben. Selbst wenn sie lang leben – und viele von ihnen leben länger als die Gerechten – sind sie doch Sklaven ihrer Bosheit, letztlich sind sie ein lebendiger Spiegel ihrer Gottlosigkeit.

Aber wenn alles im Leben eitel und ein Nichts ist, das Gute wie das Böse, und wenn dem Guten nicht zwangsläufig Gutes und dem Bösen nicht zwangsläufig Böses folgt – und wenn auch mit allem Einsatz für das Gute der Mensch das Ziel verfehlt und sogar verkehren kann, wenn also das Leben (dir) zeigt, es scheint egal zu sein, was du machst, es kommt sowieso anders als du denkst, woran soll sich der Mensch denn dann noch halten? Es ist dann doch alles egal – oder?

Ehrfurcht Gottes als Lebenshaltung

Der Prediger verfällt nicht in Resignation. Er nimmt das Leben wie es ist und kommt mit einer Antwort daher, die abständig erscheint angesichts seiner Erkenntnis: „alles ist eitel“. Seine Antwort ist so einfältig wie genial, weil sie trotz aller Vergänglichkeit und dem drohenden Nichts eine Orientierung bietet. Das Leben, das eine Mal schön und gut, das andere Mal bitter und böse, will gelebt sein in der „Ehrfurcht vor Gott.“  Selbst das Nichts, die Vergänglichkeit und der Tod werden dann in der „Ehrfurcht vor Gott“ gelebt. Die Furcht Gottes ist keine Furcht, die den Menschen erstarren lässt, sondern eine, die allem Irdischen Würde verleiht. Wir können nicht – und auch das ist Ehrfurcht vor Gott – hinter die Rätselhaftigkeit eines Planes Gottes (Vorsehung)) oder des Zufalls schauen. Die wahre Ehrfurcht Gottes verleiht Demut. Eine Demut, die sich in das Leiden der anderen und der gesamten Schöpfung einfühlt und das eigene oder fremde Schicksal nicht verurteilt oder gar unter Gottes Gericht stellt. Auch wenn es keine Garantie gibt, dass du empfängst, was du tust, hört ein Mensch, der sein Leben in Ehrfurcht vor Gott lebt, nicht auf das Gute zu suchen und zu tun. Der Mensch, der darum weiß, dass alles eitel ist und der gleichzeitig Gott die letzte Wirklichkeit sein lässt, achtet den anderen und sich selbst.

Ich schließe mit einem Gebet und Eduard Mörike:

„Herr, schicke was du willst. Ein Liebes oder Leides! Ich bin vergnügt, dass beides aus deinen Händen quillt. Wollest mit Freuden und wollest mit Leiden mich nicht überschütten! Doch in der Mitte liegt holdes Bescheiden.“

Was hat Weihnachten mit Dantes Göttlicher Komödie zu tun? Predigt von Joachim Leberecht, Herzogenrath 2024

Christvesper Predigt 2024     

eigenes Foto: Lürbker Weihnachtskrippe, Ausschnitt Verkündigung der Engel.

Sünd und Hölle mag sich grämen, Tod und Teufel mag sich schämen; wir, die unser Heil annehmen, werfen allen Kummer hin.  EG 39,2 Paul Gerhardt 1666

Liebe Gemeinde,

in Dantes Göttlicher Komödie gibt es eine Gruppe von Seelen, die weder in den Himmel noch in die Hölle kommen – die sogenannten „laueren“ Seelen. Diese sind diejenigen, die ein Leben der Unentschlossenheit und Gleichgültigkeit geführt haben, die weder im Guten noch im Bösen standhaft waren, sondern in einer Art neutraler Haltung verharrten. Sie sind für den Himmel unbrauchbar, weil sie nie die Entscheidung getroffen haben, sich für das Gute einzusetzen, und für die Hölle ungeeignet, weil sie nie wirklich Böses getan haben. Dante beschreibt sie als „die, die in ihrem Leben weder geliebt noch gehasst haben“, und ihre Strafe ist, dass sie auf ewig in einer Art existentiellen Leere gefangen sind, ohne Hoffnung auf Erlösung oder Befreiung. (Quelle: chat-gpt mit der Frage nach den lauen Seelen in der Göttlichen Komödie)

bloß nicht auffallen und ja nichts riskieren

Diesen Typus Mensch, weder Fisch noch Fleisch, bloß nicht auffallen und ja nichts riskieren gab es schon immer. Mir scheint, dass dieser Typus heute grassiert. Ich könnte ja etwas falsch machen, also mache ich es lieber gar nicht. Ich halte mich zurück in einer Gruppe, sage nicht, was ich denke, hinterher muss ich mich noch rechtfertigen, ich passe mich lieber an. Damit fahre ich gut im Leben. Ich suche nicht den Streit, die Auseinandersetzung. Das ist viel zu anstrengend. Ich bin am liebsten mit denen zusammen, die genauso denken wie ich. Und wer nicht so denkt, verschwindet mit der Zeit ganz von allein.

Beispiel: (Gedanken eines Gottesdienstbesuchers)

Es ist halt der Wunsch meiner Mutter, dass wir als Familie in den Heilig Abend-Gottesdienst gehen. Diese ganze museale Veranstaltung sagt mir zwar nichts, aber um des lieben Friedens willen, geh ich halt mit und besuche diese mittelmäßige Show. Irgendwie haben die Christen noch nicht begriffen, dass sie voll out sind, keiner kümmert sich mehr um sie, sie spielen keine Rolle mehr. Sie sind unglaubwürdig und haben mir nichts mehr zu sagen.

Dante bezeichnet die Lauen als „die, in ihrem Leben weder geliebt noch gehasst haben.“  Das ist doch eine interessante Beschreibung! Wie stehts mit dir? Hast du geliebt? Liebst du? Was fühlst du? Wie zeigt sich deine Liebe? Wird sie sichtbar? Wie wandelt sie sich? Es gibt viele Arten zu lieben.

Das Weihnachtsevangelium ist eine Liebesgeschichte

Eines der schönsten Liebesgeschichten ist für mich das Weihnachtsevangelium. Gott wird Mensch, nimmt unser Wesen an, wird ein hilfsbedürftiges Neugeborenes, um uns von Sünde und Tod zu erlösen.

Jesus ist dem ganzen zufälligen Leben ausgesetzt. Nichts ist planbar. O wie gern planen wir: geben dem Leben, dem Tag und dem Fest eine Struktur – und es hilft und doch ereignet sich das Entscheidende in den Zwischenräumen, geschieht einfach. Das Gespräch an der Weihnachtstafel oder im Restaurant oder während der langen Autofahrt zu den Verwandten am ersten oder zweiten Feiertag, bekommt durch eine Frage oder ein Erzählen eine andere Wendung, geht in die Tiefe, weil eine oder einer sich traut, etwas von sich zu zeigen und es in dem Moment gerade passt, auf Zuhören und Resonanz stößt, nicht in der Hektik des Alltags und der tausend Dinge, die noch zu planen sind, untergeht.

Wir brauchen solche Räume des Miteinanders, wo wir uns der Nähe und der Zuwendung der anderen versichern, wo wir spüren, hier bin ich wie ich bin angenommen, ich darf mich zuwenden und auch abgrenzen, ich darf hier mit meinen Gefühlen, Wünschen und Sehnsüchten sein. Das gelingt, wenn sich Vertrauen gebildet hat, wenn wir nicht auf unsere vermeintlichen Fehler festgelegt werden und wir den anderen Raum geben, ihr Wesen zu entfalten. Das gelingt, wenn wir die Zeit nicht vollstopfen und sich einstellende Leere aushalten, uns selbst spüren.

Jesus ist dem ganz zufälligen Leben ausgesetzt. Das beginnt schon mit seiner Geburt. Die vielen Krippenbilder von der heiligen Familie lügen alle. Wir haben Sehnsucht nach heiler Familie, die Krippenbilder sind Sehnsuchtsbilder. Sie halten ein Ideal fest, romantisieren ein Wunder, das in Bildern nicht festgehalten werden kann. Wenn es damals Selfies gegeben hätte, die Welt wäre voll davon und würde doch auf den tausenden von Selfies nichts erkennen. Das Entscheidende geschieht in der Begegnung. Wie immer im Leben. Auch im Glauben. Auch in der Begegnung mit dem Neugeborenen, der später der Erste sein wird, der den Tod überwunden hat, und der mit seiner Liebe die Sünde zugedeckt hat. Gewalt ist keine Option mehr. Versöhnung ist der Weg zum Frieden.

Weihnachten als unverfügbare Begegnung

Wenn aber Weihnachten vor allem eine Begegnung mit dem unverfügbaren Göttlichen ist und sich in geglückten Begegnungen ereignet, dann ist Weihnachten ein Resonanzgeschehen. „Wir, die unser Heil annehmen, werfen allen Kummer hin“, dichtet Paul Gerhardt im 17. Jahrhundert. Das ist eine doppelte Bewegung: annehmen und wegwerfen.

Ich nehme das Geschenk Gottes an und lasse dafür das Kreisen um mich selbst. (Selbsterlösung, Selbstoptimierung)

Ich spüre Gottes Liebe und übe mich in Liebe.

Ich lasse mich neu Werden und lasse Neues werden.

Ich lasse mich versöhnen und bin bereit zu versöhnen.

Ich bin aufgehoben und frei für andere.

Weihnachten als Resonanzgeschehen zu begreifen heißt, es nicht gleichgültig distanziert anzuschauen, sondern bereit zu sein, Gott und Mensch zu lieben, mehr noch: die ganze Schöpfung.

Gott gegenüber indifferent zu sein oder den Menschen gegenüber soviel Distanziertheit gegenüber zu bringen, dass sie prinzipiell austauschbar sind, dass ich mich ihnen nicht zumute, nichts von ihnen erwarte, oder mitfühle und Verantwortung übernehme, führt in eine existenzielle Leere, in ein Funktionieren um des Funktionierens willen, in ein gefühlsloses, erstarrtes Innen- und Beziehungsleben, letztlich in eine unmenschliche Welt.

Für diese „laueren Seelen“, die weder lieben noch hassen, gibt es kein Weihnachten, kein Licht, keine Hoffnung, keine Zukunft – nur eisige Kälte.

Für sie gibt es noch nicht mal nach Dante einen Zugang zur Hölle, weil selbst der Teufel nichts mit solchen Menschen zu tun haben will, die kein Feuer unterm Hintern haben.

Deshalb: Wenn wir schon die brennenden Kerzen vom Weihnachtsbaum entfernt haben, brennt für Gott und die Liebe!

Sünd und Hölle mag sich grämen, Tod und Teufel mag sich schämen; wir, die unser Heil annehmen, werfen allen Kummer hin.  EG 39,2 Paul Gerhardt 1666

 

„Und der Friede Gottes, welcher höher ist als allem menschliche Vernunft bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem HERRN.“

Amen

Siehe auch:
Hans Conrad Zander: Warum es so schwierig ist in die Hölle zu kommen. Himmlische Komödien aus der Geschichte der Religion, Bonifatius Verlag, Paderborn 2022, 2 Auflage, Seiten 11 – 19