Predigt Ewigkeitssonntag 2020, Über die Trauer, Joachim Leberecht, Herzogenrath 2020

„Ich bin durch der Hoffnung Band zu genau mit ihm verbunden“ EG 526,3a

 

Liebe Gemeinde,

der Tod eines Menschen geht bekanntlich denen nahe, die in der gemeinsamen Lebenszeit mit ihm verbunden waren. Der Verlust hinterlässt nicht nur eine Lücke, mehr noch eine undurchdringliche Leere.

Es kann aber auch sein, dass der Tod eines nahen Menschen die Wunde wieder aufreißt, die der Verstorbene dem Hinterbliebenen zugefügt hat, dann werden nur zu oft Wut und Groll das Verhältnis zu dem Gestorbenen bestimmen.

Bleiben wir aber heute bei denen, die dem Verstorbenen überwiegend im Guten nahe waren, denen ihre Zuwendung und Liebe galt, die ihn schmerzlich vermissen. Eine klaffende Wunde hat ihr Tod geschlagen. Und das verschlägt uns die Sprache. Vor dem Schmerz werden wir schweigsam. Tränen liegen uns näher.

Wir trauern. Wir müssen Abschied nehmen und den Toten ziehen lassen, obgleich wir das nicht wollen. Die Tränen fließen einfach angesichts des Verlustes. Wir erfahren das Zerstörerische des Todes.

Der Tod trennte, was im Leben zusammen gehörte: Ehemann und -frau, Eltern und Kinder. Der Tod trennt und stellt vor Augen: Das Leben des Verstorbenen ist endgültig zu Ende. Er wird nicht mehr sichtbar, hörbar und fühlbar. Der Tod schweigt und macht den Gestorbenen schweigend, entzieht ihn den Lebenden. Wie sollte das nicht einschneidend sein?

Unsere Liebe findet keine fühlbare Gegenliebe mehr und in der Trauer irren wir schwankend umher, weil wir weiter auf Zeichen der Gegenliebe hoffen. Viele von uns müssen durch eine Phase der Verstörung hindurch um dann, wenn es sich fügt, aber niemand kann die Zeit, wann das eintritt, vorhersagen, im Glauben tastend zu erfassen, dass der Verstorbene nicht im Tod geblieben ist, sondern verwandelt in Gott weiterlebt. Das ist ja das Band der Hoffnung, die dem Glaube innewohnt und dessen er sich gewiss ist. Schon jetzt sind wir mit „der Hoffnung Band“ mit Gott verbunden. Wie sollte dieses Band nicht über den Tod hinaus bestehen, wo Gottes Liebe doch den Tod überwunden hat?

Doch wahr ist auch: Je stärker einer mit dem Verstorbenen zeitlebens verbunden war, je mehr er zu seinem Leben und zu seiner Liebe gehörte, desto schmerzlich ferner ist er ihm durch den Tod – doch auch wieder näher, weil sehnlich entbehrt. Und also ist der Schmerz der Trauer selbst ein Ausdruck der Liebe: und zwar der Liebe, die über den Tod des Geliebten hinaus geblieben ist und ihm weiterhin gilt. Wen wir lieben, den behalten wir lieb – ganz von selbst, solange wir leben.

Wir brauchen den Verstorbenen nicht krampfhaft festhalten, da wir ihn ja lieb behalten. Unsere Trauer und unser Leben brauchen nicht rückwärts gewandt sein. Wir können uns der Gegenwart und auch der Zukunft öffnen, auch wenn Traurigkeit immer wieder wie eine starke Welle über uns schwappt.

Wenn wir, die Trauernden überzeugt sind, dass die Verstorbenen bei Gott gut aufgehoben sind und eins mit Gott leben, dann können wir die, um die wir trauern ziehen lassen, ohne sie zu verlieren. Sie sind uns gegenwärtig in unserer Liebe und in unserem Herzen. Aber nicht nur da, sie sind gegenwärtig wahr und wirklich als die, die wir lieben und das Leben mit ihnen geteilt haben bei Gott selbst. Gott hat sie verwandelt. Alle Schuld, alles Schwere, alles Leid ist von ihnen abgefallen.

Wir können sie Gott überlassen, seiner unendlichen Liebe, der sie umfängt. Wir können uns wieder dem weitergehenden Leben zuwenden und darin neu unseren Weg finden. Gott gebe es.

In der Worten von Dietrich Bonhoeffer finden wir beides wieder;

Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag.  Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag. (Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, Seite 608)

 

 

 

 

Vom Regenbogen lernen, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2020,

Zu:

Jando: Die Weisheit des Regenbogens, Wegweiser des Herzens, Mit Illustrationen von Antje Arning, KoRos Nord, Bad Zwischenahn 2020, gebunden und farbig illustriert, 155 Seiten, ISBN: 978-3-945908211, Preis: 13,99 Euro

Link: https://jandoautor.com/2020/05/14/die-weisheit-des-regenbogens-wegweiser-des-herzens/

  

Wie einen Kuchen mit aromatisierten Rosinen durchziehen  das Buch immer wieder kleine, weisheitliche Sprüche, die der Erzähler oft seinem Vater zuordnet. Es sind Leitworte des Lebens, die immer zur nächsten Generation weitergegeben werden.

Wir verstehen damit das Leben als ununterbrochenen Lernprozess. So heißt es im Vorwort des Erzählers: „Ich habe gelernt, dass man manchmal nur eine schützende Hand braucht, die einen hält, und ein liebevolles Herz, das einen versteht.“ (S. 9)

Und so gebe ich im Folgenden einige Stichworte zur Geschichte dieses Buches, natürlich ohne die Pointe oder den Spannungsbogen des Buches vorweg zu nehmen.

Malin verbringt seit ihrem vierzehnten Geburtstag immer wieder mal ein Wochenende auf einem Reiterhof. An einem Wochenende vor Ostern ereignet sich ein plötzlicher Wintereinbruch. Malin tobt mit ihrem Hund Ava im Schnee herum.

Doch sie merkt nicht, dass sie sich in Gefahr befindet, rollt auf die Straße und kollidiert mit einem Auto. Beide, Ava und Malin überleben den Unfall schwer verletzt. Die Konsequenzen des Unfalls sind schmerzhaft.

Malin, die im Krankenhaus erwacht, hat Angst um ihren Hund Ava. Ihre Mutter Sina trifft eine gute Entscheidung. Sie bucht eine Woche Urlaub auf einer kleinen Insel. Dort leben sie bei Bent, der einen Rettungshof für Hunde betreibt. Bent wird auch an anderer Stelle als „Hundeversteher“ bezeichnet. Er wird mehr und mehr zur Hauptperson des Buches.

Jando gelingt es hierbei immer wieder, sensibel und einfühlsam das Leben als Beziehungsgeflecht erfahren zu lassen. Menschen und Tiere werden füreinander zu Stützen und Hinweisgebern.

Hier kommt auch Bents Vater Ohlsen ins Spiel. Er ist Leuchtturmwärter und rät seinem Sohn, sich nach dem Tod seiner Ehefrau wieder dem Leben neu zuzuwenden. Er lädt Malin auf den Leuchtturm ein, wodurch Sina und Bent einige Stunden gemeinsam verbringen können.

Doch die Sache wird kompliziert, so, als ob das neue Leben kaum mehr als ein bloßer Traum wäre.

Jando fasziniert nicht nur durch die Darstellung von Personen und Tieren, sondern auch durch die Schilderung von Ereignissen, die den Atem stocken lassen und Dramatik in die Geschichte bringen.

Der Sinn des Lebens bleibt unverfügbar und ereignet sich dennoch spürbar. Die Farben des Regenbogens symbolisieren das Beziehungsgeschehen. Weisheitliche Stichworte halten die Mutworte fest, die als Perlen immer wieder Elemente des Sinns in die Erzählung bringen .

Mein Fazit: Jandos Buch, wie schon seine Bücher vorher, trifft das Herz von Erwachsenen und Kindern gleichermaßen. Jandos Bilder auf seiner Homepage, die ihm mit seinem Hovawart „Sunny“ am Ufer eines Sees frühmorgens zeigen, passen gut zur Erzählung des Buches und lassen Bent und Jando zu einer Person verschmelzen.

Ohne weiter ins Detail zu gehen, spüre ich eine tiefe lebensgeschichtliche Erfahrungsbasis des Autors, die zu wesentlichen Erkenntnissen führt: Lerne mit den Verletzungen zu leben und sei immer offen für die Zukunft. Sieh deine jetzigen und zukünftigen Beziehungen als Quelle der Hoffnung an.

Instagram: https://www.instagram.com/p/CCX7d3vo4wG/

Frei ist, wer in Ketten tanzen kann (F.Nietzsche), Rezension von Joachim Leberecht, Herzogenrath 2020

Zu: Tore tanzt, Tore tanzt, Deutschland 2012/2013 Spielfilm, FSK ab 16 freigegeben, Erscheinungstermin: 18.7.2014, Drama, 107 Min., Regie: Katrin Gebbe, Darsteller: Julius Feldmeier,  Sascha Gersak,  Annika Kuhl,  Swantje Kohlhof, Specials: Interviews; Audiokommentar

Tore tanzt bis er umfällt. Immer, wenn Tore sehr erregt ist, schlägt seine Epilepsie zu und es reißt ihn zu Boden. Für Tore ist es der Heilige Geist, der ihn schachmatt setzt. Als Jesus-Freak deutet Tore alles, was ihm widerfährt, als Botschaft Gottes. Auf der Suche nach seiner Berufung gerät er mit Benno und seiner Familie zusammen. Sie leben in einer Bruchbude im einem Schrebergartenrevier. Benno ist von Tore fasziniert und gleichzeitig angeekelt, sodass von Minute zu Minute seine sadistischen Züge hervortreten.

Filmisch ist das gut gemacht, von Kapitel zu Kapitel -Glaube (1.Kapitel)- Liebe (2.Kapitel) – Hoffnung (3.Kapitel) steigert sich seine Gewalt- und seine Demütigungseskapaden gegen Tore. Auch seine Partnerin Astrid und später ein befreundetes Pärchen werden in die Gewaltspirale gegen Tore hineingezogen. Für Tore ist klar, Benno ist meine Mission, Jesus will, dass ich Benno bedingungslos liebe und in Liebe zu ihm alle Schmerzen und Demütigungen ertrage. Seine Duldungshaltung ist für den Zuschauer schwer zu ertragen.

Tores zweite Mission ist es, Sanny, die 15jährige Tochter, die von Benno, mit dem Wissen ihrer Mutter Astrid, missbraucht wird, zu retten. Zwischen Tore und Sanny entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte. Diese macht den dunklen Film, der die Abgründe menschlichen Lebens schonungslos offenbart, zeitweise hell. Tore gibt sein Leben für Sanny. Sein Glaube macht ihn fähig, unendlich zu leiden: „Was können mir Menschen schon tun“, sagt er und ist selbst im Sterben der Liebe Gottes gewiss.

Sein Tod ist der Auslöser, dass Sanny mit ihrem kleineren Bruder Dennis fluchtartig Reißaus nimmt und ein neues Leben beginnt. Katrin Gebbe hat das Drehbuch geschrieben und Regie geführt. Die Auswahl der Darsteller ist gelungen. In ihrem Erstlingswerk zeigt sie, dass sie zielgerichtet eine Geschichte so erzählen kann, dass der Zuschauer verwirrt, gebannt und fragend zurück bleibt. Sie verdichtet den Stoff, versteht es Nuancen einzufangen und Stimmungen zu erzeugen. Folie für Tores Tanz in den Tod ist die Passionsgeschichte Jesu. Die großen menschlichen Fragen nach Leiden, Gewalt und Liebe durchziehen diesen Film.

Der Film gibt keine Antworten, er stellt in Frage, auch die Wirkmächtigkeit der Passionsgeschichte Jesu in unserer Kultur. Wer noch Fragen aushalten will, der wird diesen Film nicht vergessen. Der Film ist ein kleines Wunder in unserer ach so harten, technokratisch-vernünftigen Welt. Die unterlegte Musik ist spitze und steigert das sich langsam entwickelnde Drama. Katrin Gebbe ist ein kleines Meisterwerk gelungen. Ich bin gespannt, wie ihr filmischer Weg weiter geht.

Predigt am Buß- und Bettag – Von guten Mächten – , Christoph Fleischer, Werl 2007

Predigt über „Von guten Mächten…“ von Dietrich Bonhoeffer.

Liebe Gemeinde,

Heute möchte ich das Gedicht „Von guten Mächten“ in den Mittelpunkt der Predigt stellen. Es ist inzwischen ein Kirchenlied geworden. Schon von der ersten Zeile an enthält es biblische Bezüge. Die Wortwahl lehnt sich an biblische Texte besonders an die der Psalmen an. Es ist anzunehmen, dass Bonhoeffer eine Lutherbibel benutzte. Mit einer alten Bibelkonkordanz versuchte ich, den biblischen Quellen dieses Liedes auf die Spur zu kommen. „Predigt am Buß- und Bettag – Von guten Mächten – , Christoph Fleischer, Werl 2007“ weiterlesen

Religion im Gedicht, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2018

Zu: Das Gedicht, hrsg. Von Anton G. Leitner und José F. A. Oliver, #25, Jubiläumsausgabe, Ein Vierteljahrhundert Das Gedicht, Religion im Gedicht, Anton Leitner Verlag, Weßling bei München 2017, 224 Seiten einschließlich Werbung, ISBN 978-3-929433-82-1, auch als e-Book erhältlich, Preis: 14,00 Euro

Es ist interessant und wichtig, dass die Religion zunächst formal gesehen einen so hohen Stellenwert hat, dass die Jubiläumsausgabe von „Das Gedicht“ diesem Thema gewidmet ist.

Die fortlaufende Lektüre hat mich allerdings wenig inspiriert. Es scheint, als müsse sich ein Lyriker, eine Lyrikerin an Religion abarbeiten.

Die Gedichte im Hauptteil sind offenbar in erster Linie dem Abschied von der Religion gewidmet, der doch in einer säkularen Gesellschaft längst erledigt sein müsste. Die Religion, so gewinnt man den Eindruck, hat hier beinahe die Funktion eines Schützenfestadlers, der alljährlich wieder aufsteht, um von den Schützen regelrecht zerlegt zu werden. „Religion im Gedicht, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2018“ weiterlesen