Zu: Dieter Vieweger: Archäologie der biblischen Welt, mit zahlreichen Zeichnungen von Ernst Brückelmann und Foto-DVD, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2012
Der Vorgängerband aus dem Verlag UTB bzw. Vandenhoeck und Ruprecht („Wenn Steine reden“) erscheint hier im Gütersloher Verlagshaus aktualisiert und um drei Kapitel erweitert in völlig neuer Ausstattung z. B. einer DVD mit 1368 Bildern zu allen Teilen des Buches. So wird die erste christliche Kirche auf dem Berg Nebo (Jordanien) zum Gedenken an den Tod des Mose, ausgestattet mit einem Baptisterium zur Erwachsenentaufe (6. Jahrhundert), errichtet auf einem alten römischen Mausoleum, im Text des Buches mit graphischen Darstellungen illustriert und auf der DVD mit den dazu passenden Fotos ergänzt.
Stumme Zeugen der Geschichte sind vor Ort lebendig
Weiterhin gehören zur Ausstattung vorn zwei Karten zur Lokalisierung der jeweiligen Lage der Ausgrabungsstätten, sowie im Anhang die 50-seitige Tabelle zur Chronologie Israels und seiner Umwelt und zur historischen Einordnung der Fundorte, ein ausführliches Literaturverzeichnis zur Archäologie des Heiligen Landes, sowie diverse Verzeichnisse und Register. Im Text bietet das Buch eine kurz gefasste Kulturgeschichte Israels mit exemplarischer Darstellung einiger Fundorte und deren historischer Bedeutung, wichtige geographische Informationen, die Geschichte der biblischen Archäologie und die exemplarischen Darstellungen von Funden und Fundorten in den jeweiligen Kapiteln.
Ein Fachbuch mit hervorragender Ausstattung
Rückschlüsse auf biblische Gegebenheiten ergeben sich nur en passant. Das Layout der Darstellung ist ausgesprochen attraktiv. Schwarz-weiß-Bilder und Grafiken ergänzen den Text wie auch hellbraun unterlegte Textblöcke zur Erläuterung einzelner Begriffe und Fakten. Da das Buch kein Reiseführer Israels und kein Kommentar zur biblischen Darstellung ist, muss man sich nach dem Zweck dieses Bandes fragen. Es ist nicht zuletzt ein Lehrbuch der biblischen Archäologie, das die vor Ort arbeitenden Gruppen in die Arbeitsweise der Archäologie einführt und dazu darstellt, wie aus den einzelnen Funden Rückschlüsse erzielt werden können.
Lehrbuch der Archäologie und Einführung zugleich lässt alte Texte in neuem Licht erscheinen, entlarvt Legenden und bestätigt Erzählungen
Wer jedoch nach Beobachtungen zur Illustration biblischer Geschichte sucht, findet auch diese. Man lernt präziser zu fragen. Lag das biblische Paradies im Jordantal unweit des Sees Genezareth, da dort eine steinzeitliche Siedlung mit ungeahnter Fruchtbarkeit und Landkultur gefunden wurde? Waren die zwölf Stämme Israels überhaupt in Ägypten, da das Heilige Land zu dieser Zeit ohnehin zum ägyptischen Einflussbereich zählte? Gab es die Hapiru wirklich (Hebräer), die sich zu einem Volk zusammengeschlossen haben und waren sie u. a. die Vorfahren Israels? Warum wurde in Israel vor dem babylonischen Exil Schweinefleisch gegessen? Wie kam es zur Ausbreitung der hellenistischen Kultur und des umfassenden griechisch-römischen Städtebaus und welche Volksgruppen waren neben den Israeliten in Palästina ansässig? War Israel nach der Eroberung durch die Römer und dem Erstarken des Christentums ein fast ausschließlich christlich besiedelter Landstrich, und wie gestaltete sich dann die Übernahme des Landes durch den Islam? Diese Fragen sind nur Beispiele persönlicher Rückschlüsse und zeigen, dass der Einfluss der Archäologie bedingt auch durch deren Methoden der modernen Wissenschaft nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die Bibel kann nur vor dem Hintergrund des alltäglichen Lebens gelesen werden, damals und heute.