Zu: Hans-Martin Schönherr-Mann: Vom Nutzen der Philosophie, Pragmatismus als Lebenskunst, S. Hirzel Verlag Stuttgart 2012, ISBN978-3-7776-2247-7, Preis: 19,80 Euro
Zu: Hans-Martin Schönherr-Mann: Vom Nutzen der Philosophie, Pragmatismus als Lebenskunst, S. Hirzel Verlag Stuttgart 2012, ISBN978-3-7776-2247-7, Preis: 19,80 Euro
Obwohl der ordentliche Professor für Politische Philosophie an der Ludwig-Maximilians- Universität in München, Prof. Dr. Dr. Schönherr-Mann bereits recht viele Bücher veröffentlicht hat und so daran beteiligt ist, die Inhalte der Philosophie einem breiteren Publikum zu vermitteln, ist das hier zu besprechende Buch sicherlich eines der wichtigsten. Dabei ist es inhaltlich recht einfach strukturiert. Der Begriff Pragmatismus wird im ersten Kapitel ausführlich erklärt und in den weiteren im Hinblick auf die unterschiedlichen Themenbereiche der Philosophie sowie des praktischen Lebens in der Gesellschaft erörtert.
Bekannt ist der Begriff eher aus dem Sprachgebrauch des politischen Lebens und wird angewandt auf Politiker und Politikerinnen, die sich in ihren Entscheidungen eher an die Anforderungen der konkreten Situation halten, als an Parteitagsbeschlüsse oder ideologische Vorgaben. Hans-Martin Schönherr-Mann legt dar, dass sich eben dahinter ein gut begründetes philosophisches Konzept befindet und keine bloße Durchwurstelei der gesellschaftlichen Existenz. Wer das Buch liest, wird dann auch bei sich selbst erfahren, dass er dieses Konzept eigentlich schon immer gekannt und vielleicht sogar schon immer ein wenig beherzigt hat. Begründer des Konzepts des Pragmatismus, also der konsequenten Handlungsorientierung, ist der amerikanische Psychologe und Philosoph William James (1842-1910). Im Prinzip ist Pragmatismus eine konsequente Anwendung einer Verantwortungsethik im Bewusstsein der Tatsache, dass die plurale Gesellschaft die unterschiedlichsten Konzepte und Lebenshaltungen integriert. In der Mitte dieser Einstellung stehen Toleranz, Fairness und Lernwilligkeit. Entscheidungen sind jeweils eher an konkreten Folgen und Konsequenzen orientiert, als an Prinzipien und Ideologien. Besonders interessant ist die Haltung der Pragmatiker gegenüber einer solch stark weltanschaulich ausgerichteten Einrichtung wie der Kirche oder einer Religion. Pragmatisch leben bedeutet nicht, ungläubig zu sein, jedoch heißt es, unter der Berücksichtigung der Vielfalt den eigenen Glauben als individuell private Entscheidung anzusehen, die man niemand anderem aufdrängen kann. Gerade William James hat sich mit der pragmatischen Gestalt des Glaubens auseinandergesetzt. Pragmatisch, also handlungsorientiert glauben bezieht sich weniger auf ein Fürwahrhalten. Daher stehen bei dieser Gestalt der Religion das Gebet und das glaubensgemäße Handeln im Vordergrund. Pragmatikern geht es eher um Glaubwürdigkeit als um missionarischen Eifer. Die Religionsfreiheit wird als ein hohes Gut und auch als eine wichtige Voraussetzung für die eigene Religiosität angesehen. Ein Zitat mag dies kurz belegen: “Glaube ist zu glauben und damit eine rein persönliche Überzeugung, die es zu achten gilt, weil man damit eine Person achtet…” (S.96). Gerade im Zusammenhang der Religion fällt auf, dass hier eine Einstellung beschrieben wird, die so in der Theologie noch nicht oft auf den Punkt gebracht worden ist, die man aber etwa auch bei Dietrich Bonhoeffer findet, der nicht zuletzt durch sein Studium in den USA 1930 stark geprägt worden ist. Wer allerdings Umfragen wie die der Bertelsmann-Stiftung zur Kenntnis nimmt, wird beobachten, dass die pragmatische Orientierung gerade in unserer volkskirchlichen Situation weit verbreitet ist. Ein erneutes Studium von William James und die aktuellen Publikationen des Pragmatismus, die vom Autor im Literaturverzeichnis genannt worden sind, haben es verdient in der Theologie stärker Beachtung zu finden.