Zu: Juliane Ungaenz: Beziehungsstatus: Verliebt in Facebook, Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt 2012, ISBN 9783848226634, Preis: 13,90 Euro
Das Buch von Juliane Ungaenz, die eine fleißige Twitterin und Bloggerin (unter dem Pseudonym „immerabgelenkt“) ist, fasziniert von der ersten Seite an. Schon in der Widmung verspricht sie ihrem Freund/ Lebensgefährten/ Ehemann ausdrücklich, ihren (unseren) „Beziehungsstatus nie wieder heimlich zu verändern“. Dieser Satz ist sowohl bei Facebook, als auch im wirklichen Leben möglich. So führt diese Widmung hinein in die Doppelbödigkeit des Romans. Doch was daran ist Sachbuch, was Roman? An dieser offenen Frage zeigt sich die Schwäche der Veröffentlichung „on demand“, da bei einem stärkeren Lektorat, das vom Autor unabhängig arbeitet, eine deutlichere Zeichnung der einen oder anderen Linie zu einem klareren Buch-Konzept geführt hätte. Dabei ist die Anlage des Buches und die Idee der Doppelbödigkeit zwischen Onlineerlebnis und der Sach-Reflexion durchaus reizvoll und hätte eine breitere Verbreitung z. B. durch einen renommierten Verlag verdient.
Die Ich-Erzählung ist kombiniert mit qualifizierten Sachtexten, die die Facebook-Anwendung beschreiben und reflektieren. Die Beispieltexte machen als Erzählung deutlich, dass die Wahrnehmung und Pflege von Facebook-Kontakten immer ein Teil des Lebens ist, auf welcher Seite des Bildschirms man sich auch befindet. Auch die Untiefen der sexuellen Anspielungen und des Cyber-Mobbings werden ausgelotet. Was fühle ich, wenn neben einem bekannten Namen ein grüner Punkt aufleuchtet? Wozu ist der Schraubenzieher da und wozu nicht? Ist der andere echt oder tritt er anonym auf? Die Leserinnen und Leser werden zu nehmend in die Facebook-Welt verwickelt, von der ein Soziologe unserer Tage sagt, Facebook sei angewandte Soziologie. So gesehen ist Juliane Ungaenz’ Buch eine narrative Einführung in die Soziologie. Landen die Leserinnen und Leser einer solchen Schulung im wirklichen Leben, ja ist Facebook eigentlich etwas anderes als dies, als echte Kommunikation auf Distanz? Im Nachwort fordert die Autorin auf, einen Facebook-Test zu absolvieren, und für den Fall, dass man mehrere Seiten übersprungen hat und sich direkt zum Nachwort durchgeblättert hat, gibt es zum Schluss drei Alternativen: 1. Sich zu Facebook zu begeben, 2. einen Spaziergang mit dem Hund zu machen oder 3. das Buch zu lesen.
Die Lektüre dieser Schrift wird also schon dadurch belohnt, dass man danach bestimmt sicherer und selbstbewusster mit Facebook oder anderen sozialen Netzwerken umgeht. Aber ob das Buch letztlich wirklich ein Roman ist oder ein erzählerisch illustriertes Sachbuch, müssen Leserinnen und Leser selbst entscheiden.