Notizen zur Buchmesse in Frankfurt/Main 2013, Christoph Fleischer, Werl 2013

Ehrengast Brasilien; Ein Land voller Farben. Aufbau im ForumCopyright: Frankfurter BuchmesseFrankfurter Buchmesse 2013 Frankfurt book fair 2013

Am Donnerstag, den 10.10.2013 brachen Markus Chmielorz und ich zur Frankfurter Buchmesse auf. Dabei war mein Ziel, die entstandenen Kontakte zu verschiedenen Verlagen weiter zu pflegen und auszubauen. Der Gang über die Buchmesse führte mich zuerst durch den Bereich der Kinder- und Jugendbuchverlage,  in dem ich nur ein wenig verweilte.

Mir fielen auf: Eine Kinderbibel mit dem Alten und Neuen Testament in je einem Band, ein Stand von Illustratoren mit vielen Postkarten (Archiv der Zeichner und Fotografen, www.filu-archiv.de). Am Verkaufsstand der Satire-Zeitschrift Titanic fand ich die „Titanic Bibel“, die beim Rowohlt-Verlag als Neuerscheinung angezeigt ist.
Das Gespräch mit dem Geschäftsführer der Presseagentur LITERATURTEST zeigte mir einen guten Einblick in die Arbeit einer Presseagentur. Herr Voigt greift gern Bücher aus dem Bereich Geschichte und Theologie auf und vermittelt die Rezension, auch dann, wenn sie gegen den Mainstream argumentiert. Er empfiehlt z. B. das Lexikon des Dialogs aus dem Herder-Verlag, das aus der Kooperation einer muslimischen Hochschule in Ankara und einer christlich-theologischen Fakultät entstanden ist. Dazu ein Buch über religiöse Toleranz aus der Umgebung von Jean Calvin in Genf, in dem es als Kommentar zur Hinrichtung Servets schlicht heißt: „Einen Menschen zu töten heißt nicht, eine Lehre zu verteidigen, sondern einen Menschen töten“. Statt religiöser Abgrenzung wird Toleranz empfohlen. Darüber hinaus stellte er mir den Wiener Verlag Styria vor, dessen Verlagsprospekt interessante Bücher aus den Bereich der religiösen Praxis beinhaltet.
Nach dem Gespräch wechselte ich in Halle 3.1, wo ich mich eine Zeit lang aufhielt (Philosophie, Religion). Aufgefallen sind mir dort eine Anzahl muslimischer Verlage, in denen vermehrt Literatur über den Islam in deutscher Sprache angeboten wird, wie z. B. das aus dem Englischen übersetzte „Handbuch für den neuen Muslim“. Im Gespräch über philosophische und theologische Fragen erhielt ich die Auskunft, dass Gott im Sinn des Koran von allen Menschen gleich erkannt wird und es keinen religiösen Vorzug gibt, es sei denn auf der Stufe der Spiritualität . Wenn der Koran empfiehlt, alle Propheten seien zu achten, so meine der Prophet damit alle Religionsstifter. Im Übrigen schienen die islamischen Gruppen einen eher traditionellen Religionsstil zu befürworten. Angesprochen werden aber keine speziellen Volksgruppen. Deutsch ist die gemeinsame Sprache, vom Arabischen als Ursprache des Koran abgesehen. Die türkisch-sprachigen Muslime, die über die DITIB organisiert sind, waren auf der Buchmesse dagegen nicht vertreten.
Beim Verlag Donata Kinzelbach, wo ich ein Buch über den Islam in Händen hielt, gibt es „Literatur aus dem Mahgreb“, aus dem nordafrikanischen Land Marokko.
Am Stand von C.H.Beck fragte ich nach der Korankommentierung von Hartmut Bobzin, die im nächsten Jahr erscheinen soll und daher jetzt noch nicht im Programm ist. Als Neuerscheinung wird bei C.H.Beck die Ethik von Wolfgang Huber angezeigt.

Im Bereich Philosophie führte mich der Weg zum Verlag Brinkmann und Bose, wo ich ein Gespräch über Derrida führte, da dort sein Buch „Berühren: Jean Luc Nancy“ ausgestellt war. Die Bücher dieses Verlages sind bibliophil gestaltet und vom Preis her durchaus anspruchsvoll. Empfohlen wird das schon etwas ältere Buch von Jacques Derrida „Dem Archiv verschrieben“, das bewusst gebunden im Taschenformat herausgegeben wurde. Daneben verweist die Mitarbeiterin des Verlages auf das „Institut für Buchkunst“ in Leipzig, dass der Mitverleger Günter Karl Bose gegründet hat. Hier gibt es einen Vortrag über Derridas Verständnis der Schrift (siehe unter: Bücher).
Beim deutsch-schweizerischen Verlag Diaphanes fand ich mehrere Neuerscheinungen von Jean Luc Nancy, wie den Dialog mit Daniel Tyradellis „Was heißt uns denken?“. Das im Katalog angezeigte Buch „Das nackte Danken“ ist noch nicht erschienen. Das Buch über Fukushima stellt dieses Ereignis nicht als gesondertes, sondern als Teil der globalen Katastrophe der Zivilisation dar.
Am Stand des Wilhelm Fink Verlages konnte ich einen Blick in das Buch über Cornel Wests „Prophetischen Pragmatismus“ werfen. Es gibt inzwischen immer noch keine deutsche Übersetzung des amerikanischen Musikers und Philosophen, bis auf ein in diesem Buch enthaltenes Interview.
Ein längeres Gespräch führte ich am Stand des Passagen-Verlages aus Wien und informierte mich über die Neuerscheinungen zu Derrida und die Dekonstruktion z. B. von Peter Engelmann (siehe: Bücher).

Bei den christlichen Verlagen fiel auf, dass einige in ökumenischer Zusammenarbeit aufgestellt sind. Der katholische Herder-Verlag und der evangelische Kreuz-Verlag gehören inzwischen zusammen, wie andererseits die Verlage Patmos und Grünewald mit dem Schwabenverlag und deren Abteilungen kooperieren. Bei Grünewald gibt es die meisten Titel zum Thema Kirche und Gesellschaft, wie das neu erschienene Buch von Ottmar Fuchs „Der zerrissene Gott“, Bücher von Hubertus Halbfas, wie die „religiöse Sprachlehre“. Hier finden sich auch Titel des aus der Kirche ausgetretenen katholischen Theologen Eugen Drewermann sowie einige Titel zur Wirtschaftsethik und zum interreligiösen Dialog.Beim Hänssler Verlag wird auf die Neufassung der Bonhoeffer-Biografie von Metaxas hingewiesen, die in einer textlichen Kurzfassung nun als illustrierte Ausgabe erschienen ist.
Beim Psychosozial-Verlag führte ich ein Gespräch mit dem Geschäftsführer Hans-Jürgen Wirth über die Arbeit von Bruno Preisendörfer in der Aufarbeitung der Geschichte des sexuellen Missbrauchs in kirchlichen Einrichtungen, der die ehemaligen Schutzbefohlenen zu Opfern macht, da sie  die Täter zu „Schutzbefohlenen“ machen. Es wird überlegt, eine Lesung mit Bruno Preisendörfer durchzuführen.
Am Stand von Vandenhoeck & Ruprecht machte ich die Bekanntschaft mit der Presserefentin Ulrike Schermuly und dem Mitarbeiter im Volontariat Raphael Mühlhölzer, denen ich die Arbeit meines Blogs www.der-schwache-glaube.de erläuterte. Empfohlen wird ein Buch von Peter Matheson über Argula von Grumbach, der ersten Reformatorin Europas und der Briefwechsel „Charlotte von Kirschbaum und Elisabet Freiling“ (Hrsg. Günther van Norden).
Ohne Gespräch verließ ich den recht kleinen Stand der Berlin University Press, dessen Voranzeigen ich ohnehin regelmäßig erhalten habe. Hier rezensierte ich kürzlich das neu erschienene Buch Joachim Willems‘ „Pussy Riots Punky Gebet“.
Am Stand von „Freies Geistesleben“ stellte ich mich nur kurz vor und erinnerte an meine Rezension zu Dag Hammarskjöld. Zu einem weiteren Gespräch über Neuerscheinungen kam es auch hier nicht, da ich lieber einen Rundgang machen wollte, anstelle vereinbarte Termine abzuarbeiten.
Am Stand von Kürschner NDV traf ich meinen Großneffen Markus Fleischer aus Bonn und erhielt das vorläufige Verzeichnis des neugewählten Deutschen Bundestages, das von diesem Verlag herausgegeben wird. (Ein Überbleibsel aus der Bonner Bundesrepublik).
Die den Grünen nahestehende Heinrich Böll Stiftung sicherte mir zu, dass es im nächsten Jahr eine Publikation zur Aufarbeitung der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs bei den Grünen geben würde.
Ein Informationsgespräch über die Möglichkeiten und Grenzen von E-Books und die Angebote für ein Book on Demand bei der Edition Winterwork rundeten den Besuch der Buchmesse ab, nicht ohne einen Abschiedsbesuch bei Diogenes abzustatten, wo mit einem großen Bild auf Paulo Coelho als Vertreter des Gastlandes Brasilien hingewiesen wurde. Am vereinbarten Treffpunkt traf ich auf meinem Mitfahrer Markus Chmielorz, und wir besprachen bei einem Kaffee die Eindrücke und Konsequenzen für die weitere Arbeit.

Auswahl einiger Bücher, die im Text genannt werden:

Leo Fischer, Tim Wolff, Michael Ziegelwagner (Hg.): Die Titanic-Bibel, Rowohlt Berlin 2013, 320 Seiten, ISBN 978-3-87134-766-5, 25,00 Euro

Im Auftrag der Eugen-Biser-Stiftung herausgegeben von Richard Heinzmann in Zusammenarbeit mit Peter Antes, Martin Thurner, Mualla Selçuk und Halis Albayrak: Lexikon des Dialogs, Grundbegriffe aus Christentum und Islam, Verlag Herder, 2013, 2 Bde., Gebunden mit Schutzumschlag in Schuber, 854 Seiten, ISBN 978-3-451-30684-6, Preis: 38,00 Euro

Das Manifest der Toleranz: Sebastian Castellio: Über Ketzer und ob man sie verfolgen soll, Aus dem Lateinischen von Werner Stingl, Mit einer historischen Darstellung von Hans R. Guggisberg, Herausgegeben und eingeführt von Wolfgang F. Stammler, Alcorde Verlag Essen 2013, ISBN 978-3-939973-61-4, Preis 34,00 Euro

Huber, Wolfgang: Ethik, Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod, C.H.Beck 2013, 310 S.: Gebunden, ISBN 978-3-406-65560-9, Preis: 19,95 Euro

Eingefaltete Zeit, Derridas Philosophie der Schrift, von Rike Felka, Institut für Buchkunst Leipzig 2013, 40 Seiten, ISBN 978-3-932865-73-2, Preis: 8,00 Euro

Jean-Luc Nancy: Äquivalenz der Katastrophen, (Nach Fukushima), Aus dem Französischen von Thomas Laugstien, 64 Seiten, Broschur, ISBN 978-3-03734-251-0, diaphanes Zürich Berlin 2013, Preis: 10,00 Euro

Jürgen Manemann, Yoko Arisaka, Volker Drell, Anna Maria Hauk (Hg.): Prophetischer Pragmatismus, Eine Einführung in das Denken von Cornel West, Wilhelm Fink Verlag 2., durchges. u. korr. Aufl. 2013, 171 Seiten, kart., ISBN: 978-3-7705-5564-2, Preis: EUR 19.90

Peter Engelmann: Dekonstruktion, Jacques Derridas semiotische Wende der Philosophie, Reihe Passagen forum, Passagen Verlag Wien 2013, ISBN 9783851659573, Preis: 21,50 Euro

Eugen Drewermann: Liebe, Leid und Tod, Daseinsdeutung in antiken Mythen, Patmos 1. Auflage 2013, 768 Seiten, mit s/w-Abbildungen und 16 Farbtafeln, ISBN: 978-3-8436-0347-8, Preis: 44,00 Euro

Eric Metaxas, Bonhoeffer – Eine Biografie in Bildern, SCM Hänssler 2013, Gebunden, 352 S., ISBN: 978-3-7751-5446-8, Preis: 39,95 EUR

Preisendörfer, Bruno, Die Schutzbefohlenen, Roman, Buchreihe: Imago, Psychosozial-Verlag 2013, 193 Seiten, Gebunden, ISBN-13: 9783837922516, Preis: 19,90 EUR

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.