Zu: Peter Wick: Jona, Ein Freundschaftsdrama zwischen Gott und seinem Propheten zugunsten der Menschen, Luther Verlag, Bielefeld 2015, 142 Seiten, Softcover mit Umschlag, ISBN: 978-3-7858-0684-5, Preis: 12,95 Euro
Die Buchgestaltung dieses kleinen Bandes ist ausgesprochen ansprechend und lesbar. Auf dem Titelbild sitzt der Autor in einem kleinen Ruderboot auf dem Wasser. Will er sich selbst mit Jona identifizieren?
Der Text ist so gestaltet, dass die Bibeltexte, die man hier reichlich vorfindet, mit grauem Hintergrund vom übrigen Text deutlich abgesetzt sind. Das zeigt: Dass ein einziger Bibeltext, hier die vier Kapitel des Jonabuches, immer mit der übrigen Bibel vernetzt ist. Inhaltliche Parallelen, Motive der Gottesrede und Gottesbegegnung, Beschreibung der Prophetenrolle oder einfach Begriffsparallelstellen sowie die neutestamentliche Wirkungsgeschichte des Jona werden in die Lektüre eingeflochten. Mit Verlaub: Trotz der übersichtlichen Gestaltung ist das inhaltlich nicht immer nachvollziehbar. Der rote Faden stellt sich m. E. erst gegen Ende ein und ist auch dann mit einem sehr plötzlichen Ende auch eher ein offener Schluss. Doch vielleicht muss das auch so sein, dass wir die Bibellektüre nicht mehr wie geschlossene Wahrheiten präsentieren, sondern als Denk- und Glaubenswege, die uns eine Zeit lang begleiten und dann auch wieder ins Freie entlassen. (Anm. D. Rez.)
Die Auslegung des Bibeltextes mit dem biblischen Kontext folgt, so sagt es der Autor Peter Wick, rabbinischem Vorbild. Am Schluss des Buches wird der Prophet ein weiteres Mal von Gott belehrt, da er erneut nicht mit der Ausführung seines Auftrags einverstanden war. Gott teilt ihm und den Leserinnen und Lesern mit, er habe Mitleid mit der großen Stadt Ninive gehabt, um der vielen Menschen willen. „Dazu noch das viele Vieh.“ (Jona 4,11). Gott nimmt also eher Rücksicht auf die oft eher gottlos wirkenden Massen und dann noch auf das Vieh, als auf den Willen des frommen Propheten. Gewiss: Die Predigt Jonas hatte die Umkehr Ninives bewirkt, indem es eine Geste der Umkehr zelebrierte. Doch was sich wirklich geändert hatte, wird nicht so richtig deutlich.
Die Perspektive liegt tatsächlich eher auf dieser brüchigen Gottesbeziehung zum Propheten Jona. Jona selbst leidet unter einem Gottesbild, das zwar der Gerechtigkeit und der Umkehr zum einen Gott verpflichtet ist, sich aber zuletzt für die Barmherzigkeit entscheidet. Dass gerade in diesem phantasievollen Prophetenbuch die Begegnungen mit diversen Tieren, Pflanzen und der stürmischen See die Bedeutung der Schöpfung ins rechte Licht rückt, zeigt Gottes universelles Wirken an, das über den Willen und Wunsch eines einzelnen Propheten weit hinausgeht. Peter Wick schreibt: „Zuletzt sitzt die ganze Schöpfung und die Menschheit vor Gott in einem Boot.“ (S. 113).
Oder geht es in der Identifikation mit dem Propheten, der mit seinem Gottesbild immer an der weiteren Auffassung von Gott selbst scheitert, nicht doch einfach nur darum, sich im Glauben an Gott „in Beziehung zu biblischen Personen zu setzen“? (S. 138) Ist die Botschaft des Buches Jona dann doch mit dem Text auf dem Buchumschlag besser wiedergegeben, wo es heißt: „Jona ist ein Vorbild dafür, wie intensiv wir unsere Beziehung zu Gott leben können, auch wenn es dabei zuweilen zu Spannungen kommt“?
In der Tat erscheint der Prophet Jona gegenüber prophetischen Idolen wie Jesaja, Jeremia, Micha oder Hesekiel eher ein Anti-Typ zu sein. Zu ihm passt eher der Zweifler und Gottesankläger Hiob. Um so erstaunlicher ist, dass gerade diese Prophetengestalt in der urchristlichen Zeit zu einem christlichen Symbol geworden ist, dem „Zeichen des Jona“ als Bild der Auferstehung. Doch geht es dabei wirklich nur um den dreitägigen Ausflug in den Bauch des Fisches? Wäre nicht auch die Rettung der heidnischen Hauptstadt, die damals Ninive und später Rom hieß, ein passenden urchristliches Motiv? Dass Peter Wick am Ende des Buches mitteilt, dass das „Leben bedeutungsvoller“ wird, ist zuletzt demgegenüber doch ein wenig mager. Dazu sagt Peter Wick im Vorwort: „Wenn sich das Sinnpotenzial eines Textes in einem bestimmten Leser oder einer Gruppe von Lesern und Hörern durch ihr Verstehen und ihre Interpretation konkretisiert, entsteht dadurch Kraft.“ (S. 10)