Kirchenrecht – notwendige Unterstützung kirchlichen Lebens, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

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Zu: Annette Kurschus (Hrsg.): Mit Talent und Freude, „Bewahre, was dir anvertraut ist.“ 1. Timotheus 6,20, Vizepräsident Klaus Winterhoff zum Abschied, Luther-Verlag, Bielefeld 2016, gebunden, 460 Seiten, ISBN 978-3-7858-0689-0, Preis: 19,95 Euro

Inhaltsverzeichnis und Leseprobe http://www.lutherverlag.de/Winterhoff_Inhalt.pdf

9783785806890

Die Festschrift zur Verabschiedung des juristischen Vizepräsidenten Klaus Winterhoff ist von der evangelischen Kirche von Westfalen herausgegeben worden, um „Dankbarkeit“ auszudrücken, aber auch, um seine persönliche Stellung als Jurist in der Leitung der Evangelischen Kirche von Westfalen zu würdigen. Seine Leistung geht bis hin zur Gestaltung des Gebäudes des Landeskirchenamtes, was zwei Archivfotos auf dem Umschlag dokumentieren.

Die umfangreiche Zahl der Beiträge und deren Vielfalt dokumentierten das Wirken von Klaus Winterhoff, dessen Haupteigenschaften Glaube, Bodenständigkeit und Humor sind, wie Präses Annette Kurschus im Geleitwort des Buches herausstellt.

Die Beiträge beziehen sich auf folgende Themen: „Kirche im öffentlichen Raum“, „Recht in der Kirche“, „Pfarrdienst und Arbeitsrecht“, „Arbeit und Geld“, der kirchliche Reformprozess, „Glaube und Frömmigkeit“ sowie persönliche Reminiszenzen. Dieser letzte Teil enthält auch ein kabarettistisches Gedicht von Klaus Winterhoff über die Arbeit des Landeskirchenamts, das intern auch mal von der Abkürzung LKA her mit den Stichworten „Lange Keine Antwort“ bezeichnet wird. Das greift Klaus Winterhoff auch im Titel des Gedichts auf: „Fragt ein Mensch das LKA, ist lange keine Antwort da…“. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt nun darin, dass sich manche Anfragen durch diesen Zeitfaktor irgendwann von selbst erledigen. So schreibt Klaus Winterhoff gegen Ende des Textes: „So erledigt (unter Freunden) man den Blödsinn aus Gemeinden und dämpft dazu die Lust zu fragen…“ (S. 417). Was sich hier sarkastisch anhört ist auch ein Stück weit interne Kritik, die sicher berechtigt ist.

Dazu gibt Klaus Winterhoff in einem Interview Antwort auf Fragen zu ‚Leben und Einstellung‘. Zu seinem Beruf liest man dort: „Ich schätze die Jurisprudenz. Das ist weit mehr als alle Paragraphen. Das ist eine Struktur des Denkens. Sachverhalte klarstellen. Lösungsorientiert arbeiten.“ (S. 427).

Wichtig zu betonen ist, dass Klaus Winterhoff auch auf Ebene der EKD ein gefragter Mitarbeiter war. So schreibt Marlene Thieme über ihre gemeinsame Arbeit im Rat der EKD, dass Klaus Winterhoff wesentlich „…beigetragen (hat) zur Sensibilisierung der Gefahren durch die Kirchenfinanzen angesichts der Mitglieder- und Kirchensteuerentwicklung… Wirksam unterstützt hat er die Gestaltung der Solidargemeinschaft der Landeskirchen.“ (S. 439/440). Neben den vielen Beiträgen über Klaus Winterhoff und seiner Arbeit finden sich Beiträge der ehemaligen Präsides aus Westfalen und dem Rheinland Alfred Buß, Manfred Kock, Nikolaus Schneider, Manfred Sorg, und Hanns-Martin Linnemann.

Im Blick auf das Kirchenrecht erinnert der Münsteraner Theologieprofessor Hans-Richard Reuter an die Ebene des Rechts im Vollzug des kirchlichen Handelns. So hatte die Barmer Theologische Erklärung Recht und Ordnung der Kirche an die Verkündigung von Jesus Christus geknüpft (Barmen III). Prof. Reuter geht hingegen einmal der Tradition des doppelten Rechtsbegriffs in der Kirche nach, so weit dieser von Martin Luther her geprägt ist. Interessant ist, dass auch der Gottesdienst als Gestalt des Kirchenrechts gesehen wird. Reuter hingegen legt eher Wert auf die ethische Begründung des Kirchenrechts. Das Recht ist demnach auch in der Kirche ein menschlich gesetztes Recht, ohne dabei den „…von Karl Barth herausgestellten positiven Zusammenhang zwischen der göttlichen Rechtfertigung und dem menschlichen Recht zu leugnen“. (S.98) So steht das Kirchenrecht auch von der Sache her mit dem Recht der Gesellschaft in Verbindung, was Hans-Richard Reuter mit folgendem Satz herausstellt: „Ein Test für die legitime Eigenart des kirchlichen Rechts kann und sollte in der Frage bestehen, ob eine bestimmte kirchenrechtliche Regelung Vorbildcharakter auch für das für alle geltende staatliche Recht haben könnte.“ (S. 101).

Ein Beispiel dafür kann der teilweise Verzicht auf Regelungen im Pfarrerdienstgesetz sein, der vom pfarramtlichen Alltag aus gesehen den Effekt des Gestaltungsspielraums hat (vgl. Beitrag von Heinrich de Wall, S. 194).

Juristisch gesehen ist ein Verzicht auf eine gesetzliche Regelung kein leerer Raum, sondern eine Unterstützung der kirchlichen Arbeit vor Ort. Klaus Winterhoff hat so dem Recht zur Durchsetzung verholfen, in dem er auch um den Wert des Verzichts auf Recht und Regelung wusste.

So stellt die Festschrift für Klaus Winterhoff ein gutes Kompendium kirchlichen Handelns in Leitung und Verantwortung dar, bezogen auf die letzten Jahrzehnte. Klaus Winterhoff kann seinen Ruhestand genießen, wenn er weiß, dass seine Arbeit weitergeht und seine Anstöße Früchte tragen.

Diese Festschrift ist wie immer auch eine Art Dokumentation der jeweiligen in einer Zeitperiode bestimmenden Probleme und Aufgaben. Zu dieser Rückschau gehören Beiträge wie die Ansprachen zu „Kirche mit Zukunft“ oder der Wiedereröffnung von Haus Villigst nach einem längeren Umbau und Umgestaltung. Die Festschrift macht bewusst, dass die Beiträge eines Mitarbeiters, einer Mitarbeiterin in der Kirche sicher dann noch einmal ins Bewusstsein gehoben werden, indem sie gewürdigt werden. Das Abschiedsbuch für Klaus Winterhoff ist ein gutes Beispiel einer für die gesamte Kirche sinnvollen Kultur der Würdigung und Dankbarkeit.

 

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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