Islam mit Humor, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2017

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Kerim Pamuk: Der Islam, das Islam, was Islam? Ein Lexikon für Durchblicker, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2017, Softcover, 237 Seiten, ISBN: 978-3-579-08675-0, Preis: 17,99 Euro

Eine kurze Vorstellung des Autors auf dem Umschlag, noch einmal gekürzt: Stammt aus der Türkei, schreibt und spricht deutsch, ist Schriftsteller und Kabarettist.

Doch der erste Eindruck täuscht: Hier sind doch mehr sachliche Texte enthalten, als es der etwas witzige Aufreißer andeutet: „Ist Dschihad die islamische Form von Butterfahrt?“ (S. 5) Ich suche die Antwort und finde sie auf Seite 38. Hier heißt es tatsächlich in einer Klammer: „türk. Cihat, von arab. Jahada, ‚sich für eine Sache bemühen, Einsatz für ein bestimmtes Ziel‘, deutsch für Ältere: ‚Butterfahrt zum Feind‘, für Jüngere: ‚Egoshooter in echt‘“ (S. 38). Vielleicht ist es fatal, etwas Harmloses wie eine Butterfahrt mit Gewaltbegriffen wie Ego-Shooter zu kombinieren, denn Ego-Shooter sind Gewaltspiele im Internet. Tatsächlich soll im Dschihad das „Haus des Islam“ erweitert werden (S. 38), sogar vom Krieg ist manchmal die Rede.

Doch die Geschichte zeigt, so Pamuk, dass Islam als Regierungsform gescheitert ist (mit dem Ende des Osmanischen Reichs im 1. Weltkrieg). Die Rede ist nun von Hadithen, die – informativ gesagt – Dschihad als Ersatz für die „große Lohntüte“ von Gott bezeichnen (S. 41). Aus dem politischen Kampf ist eine „Anstrengung für ein rechtschaffenes, frommes Leben“ geworden (S. 41). Das alles schreibt Kerim Pamuk zum Dschihad, um am Ende des Artikels dann doch noch zum Terrorismus zu kommen, der durch Anschläge Gewalt, auch mediale verbreitet.

 

Manchmal greift der Autor ein paar witzige Begriffe auf, so dass sich der Humor durch das ganze Buch zieht, das aber zuletzt mehrheitlich informativ und sachlich ist. Beim Thema „Dschihad“ kommt der Kabarettist doch noch zu Wort. Unter dem Stichwort „Dschihad 2.0“ bringt er eine witzige Variante, die den Schluss zulässt, dass Dschihadisten schlicht als Idioten erscheinen.

Ein „Feedback-Fragebogen“, also ob es nach einem Selbstmordanschlag ein Feed gäbe, stellt die Aufgabe: „Bewerten Sie bitte das Design ihres Bombengürtels: – Mein Fußpilz ist hübscher, – So was von 80iger, – Lagerfeld könnte es nicht besser, – Zum Sterben schön.“ (S. 48)

Die Artikel sind trotz ihrer humoristischen Variante deutlich informativ, so dass spürbar ist, dass Kerim Pamuk Religionswissenschaften studiert hat.

 

Das mag ein zweites Beispiel zeigen: Im Artikel „Scharia“ – vielleicht, weil dieses Wort im Alphabet recht weit hinten anzusiedeln ist – zeigt der Autor hier den informierten, aber auch zugleich distanzierten Muslim. Der Artikel ist fast gar nicht witzig, sondern informativ und sehr positioniert: „Die einen drohen regelmäßig mit der Einführung der Scharia, sprechen von der Herrschaft Gottes, meinen aber eigentlich die eigenen Allmachtsphantasien.“ (S. 195) Klar und deutlich: Nicht nur ironische Distanz zum Fundamentalismus, sondern auch ein Bekenntnis zu einem aufgeklärten, liberalen Islam legt Kerim Pamuk vor. Ob das Buch bei frommen Muslimen auf Gegenliebe stößt, darf bezweifelt werden. Trotzdem oder gerade deshalb ist es ein wichtiges Buch.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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