Leonardo Boff, Franziskus aus Rom und Franz von Assisi, ein neuer Frühling für die Kirche, aus dem Portugiesischen übersetzt von Bruno Kern, Butzon und Bercker, Kevelaer 2014, ISBN 9783766618375, Preis: 12,95 Euro
Leonardo Boff (geb. 1938, Theologe der Befreiung und ehemaliger katholischer Priester aus Brasilien) stellt in der Einleitung dieses Buches fest:
„Für die Päpste früherer Zeiten wäre es ein unerträglicher Widerspruch gewesen, sich selbst Franziskus zu nennen. […] Wenn ein Papst von der Peripherie der Welt und nicht aus der alten europäischen Christenheit kommt, zur Überraschung aller den Namen Franziskus wählt, dann will er damit etwas sagen. […] Der Papst wird auf Titel und Symbole der Macht verzichten und versuchen, den Nachdruck auf eine Kirche zu legen, die vom Leben und Beispiel des heiligen Franziskus inspiriert ist: in Armut, in Einfachheit, in Demut, in Geschwisterlichkeit mit allen, auch mit anderen Lebewesen und der Schwester und Mutter Erde selbst.“ (S. 7f)
Leonardo Boff blickt zurück auf das Auftreten des Papstes beim Weltjugendtag in Braslilien im Jahr 2013 und sieht diesen Anspruch bestätigt.
Dieses kleine, aus dem Portugiesischen übersetzte Buch schildert zunächst in der Ich-Form die Figur des Heiligen Franziskus aus dem 13. Jahrhundert, um danach in etwa zwanzig kurzen Texten Impulse des Heiligen Franz beim Papst Franziskus aufzuzeigen. Es ist zu spüren, dass Theologie der Befreiung nicht mehr darin besteht, nach Formen der Organisation oder des Protestes zu fragen, sondern nach echter Parteinahme durch den Papst als Repräsentant der katholischen Kirche. Manches wird sich hier zunächst als Hoffnung oder als Perspektive darstellen, und wie sich dieses alles umsetzen lässt, muss sich erst noch zeigen. Er schreibt etwa:
„Deshalb ist es ein neuer Hoffnungsschimmer, ein Zeichen dafür, dass es plötzlich Frühling werden kann in der Kirche, mit aller Lebenskraft und allem Glanz. Auf diese Weise wird die Kirche ihre Glaubwürdigkeit wiedergewinnen und zum Sakrament der Befreiung werden für so viele Menschen, die unter vielfachen Formen der Unterdrückung leiden.“ (S. 120)
Am Ende des Buches befindet sich ein „Offener Brief an Papst Franziskus – Einberufung einer Versammlung zum Schutz des Lebens“ verbunden mit einer Petition, die von Leonardo Boff initiiert worden ist.
Andreas Müller (Hg.): Prophetischer Protest, Franz von Assisi als Impulsgeber für Konzil und Kirche heute, Echter Verlag Würzburg 2014, ISBN 9783429036935, Preis: 9,90 Euro
Dass Papst Franziskus in seinem kirchenleitenden Auftrag die Option für die Armen befürwortet, hat er inzwischen verschiedentlich deutlich gemacht. Die Orientierung an Franziskus kann aus der Sicht einiger franziskanischer Texte die bleibende Bedeutung des 2. Vatikanischen Konzils verdeutlichen, zuerst veröffentlicht im CCFMC (Abkürzung für: Comprehensive Course on Franciscan Charism). Obwohl die Texte aus der Zeit vor dem Amtsbeginn des neuen Papstes entstanden sind, zeigen sie die Nähe des franziskanischen Geistes zu den Gedanken des 2. Vatikanischen Konzils mit seiner Öffnung der katholischen Kirche zu den Menschen vor Ort, den Menschen unterschiedlicher Religionen und den politischen Fragen, die den Armen im besonderen Maß zugute kommen sollten. Die Texte werden jeweils vom Autor und Herausgeber des Buches eingeleitet. Mit der Ökologie ist eine Frage aufgenommen, die im 2. Vatikanischen Konzil in der heutigen Deutlichkeit noch nicht vorkam, aber durchaus in dessen Linie liegt, da sich die Kirche nun für das Leben der Welt interessiert und die Realität der globalisierten Gegenwart zur Kenntnis nimmt. Es geht nicht nur um die Stärkung der Laien und der geschlechtlichen Gleichberechtigung, sondern um eine neue Spiritualität in einer säkularisierten Welt.
Gebete für Papst Franziskus, Herausgegeben von Gerda Schaffelhofer, Styria Premium Verlag Wien Graz Klagenfurt 2014, ISBN 9783222134685, Preis: 19,99 Euro
Aus dem Klappentext zu zitieren heißt hier den Inhalt des Buches kurz und knapp zu umreißen: „Im vorliegenden Buch haben mehr als 130 Autorinnen und Autoren ihr Gebete für Papst und Kirche eingebracht. Es sind persönliche Gebete, gesprochen aus unterschiedlichen Blickwinkeln; viele unterschiedliche Gedanken, die sich wie Mosaiksteine zusammenfügen.“ (Umschlag)
Bemerkenswert an der Begrüßung des neuen Papstes vom Balkon des Petersdoms war die Bitte, die Gläubigen sollen für ihn beten. Die Initiatorin und Herausgeberin Gerda Schaffelhofer ist Geschäftsführerin der kirchlichen Wochenzeitung „Die Furche“ und Verlegerin der Styria Buchverlage. Am Ende des Buches werden in einem Personenverzeichnis die Autorinnen und Autoren der Gebete kurz vorgestellt. Ein Inhaltsverzeichnis gibt es hingegen nicht, so dass das Buch zum Blättern einlädt; die Beiträge sind nach Autorennamen alphabetisch geordnet. Obwohl des Buch vor dem österreichischen Hintergrund entstanden ist und daher die meisten Gebete aus Österreich stammen, gibt es doch einige deutsche Beiträge wie z. B. diejenigen von Alois Glück (München), Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Rabbiner Walter Homolka (Potsdam), Kardinal Walter Kasper (Rom, früher Stuttgart), Professor Mouhanad Khorchide (Münster), Professor Clemens Sedmack (London, Salzburg), Notker Wolf (Rom), Bischof Robert Zollitsch (Freiburg). Die Gebete richten sich an Gott und nicht an den Papst, aber dennoch zeigen sie die Vorstellungen zur Kirche und die Wünsche, die sich mit der Zukunft der Kirche verbinden. Als Beispiel sei ein Abschnitt aus dem Gebets des Rabbiners Homolka zitiert: „Möge er an deinem Reich in dieser Welt bauen – in Gelassenheit. Bis die Erde erfüllt ist von der Erkenntnis Gottes, wie das Meer mit Wasser gefüllt ist. Gib ihm den Mut, die Wahrheit zu sagen, und die Demut, anderen zuhören zu können. Hilf ihm zum Wohl unserer Mitmenschen.“ (S. 104)
Paul Vallely, Papst Franziskus, Von Reaktionär zum Revolutionär, Übersetzt aus dem Englischen von Axel Walter, Theiss Verlag (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) Darmstadt 2014, ISBN 9783806229370, Preis: 24,95 Euro
Wenn das aus dem Englischen übersetzte Buch von Paul Vallely über Papst Franziskus in der wissenschaftlichen Buchgesellschaft erscheint, so wird man davon ausgehen können, dass hier sorgfältig recherchiert und kritisch geurteilt wird. Es ist kein Buch über den neuen Papst aus kirchlicher Sicht, kommt aber doch zu einer erstaunlichen Position. Nach der Schilderung der vergangenen Papstwahlen und ihrer Hintergründe, wobei das Buch mit Details aus der Abstimmung aufweist, wird die Biografie des Papstes aus Argentinien dargestellt. Die Familie des Papstes kommt aus einem Milieu Italiens, das im Anfang des 20. Jahrhunderts vor dem Faschismus Mussolinis nach Lateinamerika geflohen ist. Jorge Bergoglio, wie Franziskus mit bürgerlichem Namen heißt, musste als 36-Jähriger das Amt des Ordensprovinzials der Jesuiten in Argentinien übernehmen. Er versuchte mit der Autorität des Amtes zwei Ordenspriester aus dem Elendsquartier herauszuholen, weil sie sich der politisch angefeindeten Gruppe angeschlossen hatten. Dadurch wurden die aus Ungarn stammenden Ordensbrüder festgenommen und gefoltert. Sie waren einige Zeit in der Haft der Faschisten und wurden aber nach einigen Monaten freigelassen, wofür sich ihr Provinzial eingesetzt hat. Er hatte sicher nicht die Schuld für diese Tragödie, war aber jedoch daran beteiligt.
Der jetzige Papst, so zeigt das erste Kapitel, hat als Erzbischof von Buenos Aires die lateinamerikanische Bischofskonferenz unterstützt, in der sich nach etlichen Jahrzehnten erneut eine Position der Theologie der Befreiung mit ihrer Option für die Armen durchgesetzt hat. Der jetzige Papst galt nicht als politischer Theologe, war jedoch nach dem Ende der Diktatur um eine Aufarbeitung der Geschichte bemüht, wollte selbst in einfachen Verhältnissen leben und hielt sich selbst so oft wie möglich in den Elendsquartieren auf (Villa). Er sagt selbst in einem Interview, dass er nicht für „Vergebung der Sünden“ bittet, die er vielleicht und unbewusst getan habe, sondern für all die „Sünden und Vergehen, die ich mir tatsächlich habe zuschulden kommen lassen.“ (S. 108).
Das Buch zeigt einen Menschen, der heute als politisch bewusster Theologe in das Amt des Papstes gewählt worden ist. Es ist kein Buch, das aus einer kirchlichen Sicht versucht, etwas zurecht zu reden oder zu beschönigen. Umso deutlicher ist, dass der Papst der Mensch und Priester Jorge Bergoglio bleibt, der sich den Papstnamen Franziskus gegeben hat. Er weiß, dass dieses Amt keine Machtvollkommenheit ausstattet, sondern dass er darin auf die Unterstützung der Menschen und nicht zuletzt Gottes angewiesen ist. Der Autor hält seine Meinung nicht hinter dem Berg, dass er es bedauert, dass diese Papstwahl erst im Jahr 2013 zustande gekommen ist, zumal sie schon 2005 möglich gewesen wäre. Das Pontifikat Benedikt XVI. sieht der Autor als gescheitert an, bis auf die Tatsache, dass er durch seinen Rücktritt gezeigt hat, dass ein Papst nicht bis zum Ende seine biologischen Lebens im Amt bleiben muss, sondern in der letzten Lebensphase das Amt erneut frei machen kann. Vielleicht wird sich zeigen, dass der Rücktritt Benedikts nicht nur gesundheitliche Gründe hatte, sondern auch einer Intrige geschuldet war, für die der Geheimnisverrat des Kammerdieners eher ein Symptom als eine Ursache war.
Das Buch von Paul Vallely zeigt, dass die Amtsführung des neuen Papstes auch für die Repräsentanten anderer Religionen und christlicher Konfessionen von Interesse ist. Es zeigt sich, dass sich eine Neuorientierung der katholischen Kirche ankündigt, die auch im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit (vgl. Umgang mit Missbrauch) nötig ist.
Der Papst Franziskus wird am 17.12.2014 78 Jahre alt. Diese Rezension sei ihm gewidmet.