Zu: Claus Koch: 1968, Drei Generationen – eine Geschichte, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2018, 285 Seiten, gebunden, ISBN: 978-3-579-08655-2, Preis: 22,00 Euro
Claus Koch, geboren 1950, Psychologe und ehemaliger Verlagsleiter (Beltz), ist zweifelsohne ein Zeitzeuge der Ereignisse von 1968 und danach. Der Anfang des Buches überschneidet sich ein wenig zu deutlich mit einigen Untersuchungen über Kriegskinder und – Enkel, weil dies eben die Altersgruppe ist, die 1968 zu den Akteuren zählt. Die Erziehungsideale des Nationalsozialismus prägen zweifellos noch die Kindheit und Jugend in der frühen Nachkriegszeit.
Der zweite Teil des Buches kommt dem Thema 1968 am nächsten. Hier gibt Claus Koch zu verstehen, dass 1968 auch in Deutschland Teil einer weltweiten Bewegung ist, ja vielleicht sogar das erste global vermittelte Ereignis. Für uns sind die Erfahrungen in Deutschland zwar prägend, aber ohne den internationalen Kontext nicht verständlich. In Amerika beginnt die Open-Air-Kultur der sechziger Jahre. Der Kulturprotest im Stil von „Gammlern und Hippies“ von der politischen Stimmung kaum zu trennen. Politische Impulse aus Amerika lassen sich bis nach Deutschland verfolgen.
Dennoch hat jeder Protest auch seine nationalen Aspekte. Im deutschen Kontext ist interessant, die Studentenbewegung auch in einer Schüler- und Fachhochschulbewegung zu sehen. (Persönlich: Die erste Demonstration, an die ich mich erinnern kann, war eine Demo der FH-Studenten in meiner Heimatstadt Iserlohn. D. Rez.).
Auch der europäische Kontext im Jahr 1968 ist für Deutschland prägend. Noch vor der sowjetischen Invasion in der CSSR spricht Rudi Dutschke auch in Prag. Stärker als Berlin ist sicher Paris, kein Dutschke ohne Daniel Cohn-Bendit (Paris).
Im dritten Teil berichtet Claus Koch von der auf die Jahre um 1968 folgende Politisierung, aber auch auf das neue Denken in der Pädagogik angeregt von den Projekten der „antiautoritären Erziehung“.
Zu schnell landet Claus Koch m. E. In der Zeit vor 1989 und moniert das „Versagen der Linken“ in der Gegenwart.
Die Leitfrage am Ende des Buches ist die der Folgen der 68iger Bewegung hinein in die Welt der Kinder und Kindeskinder. Am Ende stellt Claus Koch fest, dass Protest und Postmoderne nicht als Gegensatz verstanden werden dürfen: „Für universelle Menschenrechte einzutreten, gegen die Zerstörung der Welt zu protestieren, gegen Flucht und Elend anzukämpfen bedeutet noch lange nicht das Ende des freien Individuums. Es geht vielmehr darum, dass das wirkliche, das unverfälschte, selbstbestimmte Leben, die Hoffnung und zugleich die eigene Würde wieder in den eigenen Kopf zurückkehren.“