Angst vor dem Amoklauf. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2010

zu: Britta Bannenberg: AMOK. Ursachen erkennen – Warnsignale verstehen – Katastrophen verhindern. Gütersloher Verlagshaus 2010 ISBN 978-3-579-06873-2, 17,95 Euro

Die Gefahr von Amok-Taten ist für uns mit Erfurt (2002) und Winnenden (2009) kein Phänomen des Auslands mehr. Trittbrettfahrer und Amokdrohungen drehen zusätzlich an der Angstspirale. Die Juristin und ehemalige Langstreckenläuferin Britta Bannenberg wirkt dem durch Versachlichung entgegen: „Was ist von drohenden Äußerungen, Sympathiebekundungen für Amokläufe, Bombenanschlägen und Tötungsdelikten zu halten? Wann sollte die Polizei eingeschaltet werden? Was können Lehrer, Mitschüler, aber besonders auch Eltern frühzeitig tun, um auf beunruhigende Entwicklungen adäquat zu reagieren? In diesem Buch wird versucht, die Leser zu einer besseren Einschätzung solcher Entwicklungen und Situationen zu befähigen.“ Es ist hilfreich und der derzeitigen Situation angemessen, dass sich die Autorin auf Amok in Schulen konzentriert. Somit ist dieses Buch für den pädagogischen Kontext, für Eltern und Lehrer gut geeignet.

Die Täter verstehen lernen.
Gefährlich und eine Herausforderung für die Prävention ist, dass die späteren Täter im Vorfeld nicht auffallen. Mehrere Fakten müssen zusammenkommen: Mangelnder Schulerfolg, normales Elternhaus, Computerspiele, Zugang zu Schusswaffen und psychische Probleme, eventuell mit Suizidgedanken, sind wohl Voraussetzungen solcher Gewaltausbrüche, die einerseits mit der Publizität der Taten rechnen, Hass und Aggressivität auf die Schule projizieren und zugleich den eigenen Suizid einkalkulieren.

Vorbilder und Tatmuster.
Das Vorbild der Columbine Highschool und Abläufe wie in Erfurt, Emsdetten und Winnenden lassen die Autorin Tatmuster gewinnen, die dann auch Rückschlüsse für die Prävention erlauben. Abschiedsbriefe von Tätern, Emails von Trittbrettfahrern und Taten von Nachahmern wie Drohungen werden analysiert. Gewaltphantasien und ein gestörter Umgang mit Kränkung und Versagen, meist dann auch das Gefühl, gemobbt zu werden, führen in diese Tatmuster hinein. Eine öffentliche Berichterstattung über Suizid kann die Ausführung der Tat begünstigen, da ähnlich wie bei einem Selbstmordattentat der Suizid eingeplant ist.

Prävention.
Die Maßnahmen der Prävention, die die Autorin vorschlägt, sind besonders im schulischen Kontext zu sehen. Stille Schüler dürfen nicht ignoriert werden. Maßnahmen zur Verbesserung des Schulklimas, Aktionen gegen Mobbing sind auch präventiv gegen Amok. Die Beschäftigung mit Suizid allgemein sollte eher vermieden werden, außer im Kontext mit aktuellen Ereignissen. Die mediale Beschäftigung mit Gewalt aber ist ein sinnvolles Thema, zumal es im Vorfeld von Amok sogar dazu kommt, dass Computerspiele im Kontext des Plans der eigenen Schule gespielt werden. Drohungen sind stets ernst zu nehmen, Krisenpläne im Vorfeld abzustimmen. Das Handyverbot an Schulen sollte aufgehoben werden, da die Handys im Krisenfall sehr gut geeignete Warnmelder sind.

Fazit:
Die hier aus dem Buch herausgefilterten Bemerkungen ersetzen nicht die Lektüre dieses wichtigen Buches, das gerade im Detail und der Schilderung konkreter Fälle die Herausforderung deutlich werden lässt: AMOK-Taten geschehen mitten unter uns. Das Buch kann dazu verhelfen, mehr auf einzelne Menschen zuzugehen und das Schulklima zu verbessern.