Zu: Hubertus Halbfas: Das Christenhaus, Literatur und Religion, Ein Lesewerk, Patmos Verlag, Ostfildern 2015, ISBN 978-3-8436-0666-0, Preis: 30,00 €
Gorbatschow wollte am Haus Europa arbeiten. Es sollte in aller Verschiedenheit ein offenes Haus werden. Im Moment schließen sich mehr Türen als sie sich gastfreundlich öffnen. Hubertus Halbfas legt mit „Das Christenhaus“ ein Lesewerk vor, das über Literatur, besonders des 20.Jahrhunderts, sich mit den geistigen Wurzeln des christlichen Abendlandes kritisch auseinandersetzt. Verschiedenen Literaten kommen zu Themen wie: Gott, Schöpfung, Jesus, der Nächste, Juden, Kirche, Glaube, Gebet und Religion prägnant aus ihren Werken zu Wort. Sie alle waren mehr oder weniger im Christenhaus zu Gast, kennen Einrichtung und Geruch der Wohnung. Sie arbeiten sich an den großen Themen und der langen Wirkungsgeschichte des Christentums ab, lösen sich, distanzieren sich, radikalisieren das Evangelium, machen Vertrautes fremd, erkennen ungehobene Schätze und Werte, mit anderen Worten: Sie setzen sich mit dem Haus der Christen: wie sie leben, was sie denken, was sie glauben und hoffen, auseinander. Manch einer zieht aus dem Haus aus und sucht neue Räume, andere bleiben dem Haus verbunden, leben in ihm und versuchen seine Zukunft zu gestalten. Hubertus Halbfas hat ein gut gegliedertes Werk mit zahlreichen Bildern und Graphiken vorgelegt. Eine Fundgrube für jeden, der sich für den Resonanzboden des Christentums im aufgeklärten Haus Europa interessiert. Das Buch ist vor allem für die Bildungsarbeit in Kirche und Schule zu empfehlen. Mir persönlich bleibt die Auswahl zu sehr auf das 19/20.Jahrhundert beschränkt. Damit bleibt das Buch einer eurozentrischen Sicht und einer teilweise überholten Debatte verhaftet. Die neuen unverkrampften Annäherungen von Kunst, Literatur und Religion kommen nicht in den Blick (Navid Kermani: Ungläubiges Staunen, Jean Pierre Wils: Kunst. Religion: Versuch über ein prekäres Verhältnis, Martin Walser, Sibylle Lewitscharoff, Andreas Maier, Arnold Stadler, etc.) |