Die Publikationen von Neale Donald Walsch („Gespräche mit Gott“, 1995) sind bemerkenswert, da sie eine Brücke schlagen zwischen Religion, auch esoterischer Prägung, einerseits und säkularer Welt andererseits. Der Autor Walsch beklagt an einer Stelle des Buches „Was Gott will“, dass seine Bücher zwar die Bestsellerliste der New York Times angeführt haben, nicht aber von ihr rezensiert worden sind. Warum, geht vielleicht aus den folgenden Bemerkungen hervor: Die innere Stimme, mit der sich Walsch seit seiner Rettung aus dem Scheitern seiner Existenz in ständigem Dialog befindet, nennt er bewusst Gott. Im vorliegenden Buch „Was Gott will“ erklärt er ausführlich, was er unter ‚Gott‘ versteht. Erstaunlich ist, dass er das Gespräch mit Gott, das normalerweise ein personales Gottesbild voraussetzt, mit einer pantheistischen Einstellung verbindet. Das 13. Kapitel des o.g. Buches besteht aus fünf leeren Seiten, was bedeutet: Was Gott will ist – nichts. Doch wieso ist es dann relevant, was Gott zu sagen hat? Der Grundgedanke besteht kurz gesagt darin, dass Gott alles ist, keine zweite religiöse Wirklichkeit. Aus dem Kontakt mit allem ergeben sich Ansätze zu einem lebendigen Dialog, da sich das eigene Ich im ständigen Dialog mit allem befindet. Wer das Buch „Was Gott will „ theologisch liest, wird daher einigen alten Bekannten begegnen, wie der Botschaft, dass Gott Liebe ist und dass die Rechtfertigung Gottes den Menschen dazu bringt, sich selbst vergeben zu können, nur, dass alles nun anders ausgedrückt wird, eben säkular, nicht religiös. Dass jeglicher (vermeintlicher) Wille Gottes dagegen ausschließlich aus der Projektion oder Konstruktion entsteht, muss dazu nicht im Gegensatz stehen.
Den inneren Dialog mit Gott in Form einer säkular gelebten Spiritualität (wieder-)zu finden, ist eine Botschaft, der sich die christlichen Kirchen nicht verweigern sollten, verkündigt der Autor Walsch doch damit ihre ureigenstes Thema. Gott, so wie es der Autor auch im Interview auf der DVD „Gespräche mit Gott, der Film“ darstellt, spricht durch alle Religionen und lässt sich in vielen Formen menschlicher Spiritualität entdecken. Der Film zeigt die biographische Einbettung des Denkens, ohne dabei ins Private abzugleiten. Die Ausgrenzung privater Sachverhalte lässt die Story zunächst zwar etwas dünn erscheinen, was jedoch dazu führt, dass die Auditorien der Lese- und Vortragsreisen einerseits und die Menschen, denen er in seiner Heimatstadt Ashland/Oregon während seiner Obdachlosenzeit begegnete, zu seinem ständigen Gegenüber werden. Sie verkörpern im Film die Stimme Gottes, die also nicht nur aus unserem Inneren, der Seele, spricht, sondern uns in allen begegnet, die uns begegnen. Gott, der alles ist und nichts will, tritt uns im Anderen gegenüber und fordert uns heraus, zu den Beziehungen und zu uns selbst Ja zu sagen. Dieses göttliche Ja sollte unser Leben bestimmen. Diese Verkündigungsbotschaft dürfte Theologen und Gemeindegliedern bekannt vorkommen. Doch: der religiöse Gehalt ist anscheinend überwuchert von Ressentiments. Das Evangelium, das nichts anderes ist, als dieses Ja, braucht die Luft der Freiheit, hier am Beispiel des Autors Walsch, präsentiert durch den Buchmarkt. Die Stärke des Films wie des Autors liegt darin, dass er aufgrund des eigenen Schicksals ganz unten gelandet ist und dass er sich dabei nicht aufgegeben hat und immer weiter an sich und die Zukunft geglaubt hat. „Gespräche mit Gott“ – gibt es nicht jenseits gelebten Lebens, sondern nur darin verwoben. Der Film zeigt an einer Stelle, dass sich auch in dieser Gottes-Predigt die Frage stellt, was Gott angesichts des Leids und eines ungerechten Schicksals sagt. Gott ist hierbei kein Nichts, auch wenn Gott nichts will, sondern die Botschaft, dass alles gut ist, was dem Leben dient, so zufällig und schicksalhaft es individuell auch empfunden werden mag. Es gibt keinen Gott außerhalb der Welt. Daher liegt die Lösung aller Fragen im Leben selbst. Dieses Leben im Ganzen ist Gott. Gott ist das Leben, Schöpfer und Schöpfung in einem. Das leuchtet jenseits aller Dogmen ein. Manchmal bleibt nicht mehr als das Vertrauen in das Leben selbst, aber das sollte reichen.
Literatur und DVD zu Neale Donald Walsch:
Neale Donald Walsch: Was Gott will, Goldmann Verlag, Arkana, zweite Auflage 2006
Monty Joynes mit Neale Donald Walsch: Buch zum Film, The Making of… Gespräche mit Gott, J. Kamphausen Verlag Bielefeld 2007
DVD: Gespräche mit Gott, der Film, die Lebensgeschichte von Bestsellerautor Neale Donald Walsch, TAO Cinematek 2008, 105 Minuten, Regie und Produzent: Stephen Simon, Bonusmaterial: Interview mit Neale Donald Walsch 46 Minuten, Making of 55 Minuten, diverse Trailer, Fotogelerie, Booklet32 Seiten.