Gottesdienste in der Altenheimseelsorge. Rezension von Christoph Fleischer, Werl 2014.

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Zu: Jürgen Gauer: Du siehst alle meine Wege, Kasualgottesdienste im Seniorenheim, Schwaben Verlag Ostfildern 2013, ISBN: 9783796615962, Preis: 17,99 €

20140114-083543.jpgJürgen Gauer, der als evangelischer Pfarrer in der Altenheimseelsorge eines großen christlichen Seniorenpflegezentrums tätig ist, präsentiert in diesem Buch in der Hauptsache Gottesdienste und Andachten. Im ersten Teil des Buches handelt es sich um Anlässe im Zusammenleben der Seniorinnen und Senioren, während im zweiten Teil das Seniorenheim selbst und seine Mitarbeiter in den Fokus kommen. Der Aufbau der jeweiligen Andachten wirkt recht traditionell, was wohl dem Anliegen geschuldet ist, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Kontakt mit ihrer eigenen Erinnerung und spirituellen Gewohnheit treten können, sofern es einen solchen religiösen Hintergrund in ihrem Leben gibt. Anlässe sind allgemein gesehen Geburtstage, Jubiläen, Begrüßung und Verabschiedung, auch im Todesfall. Drei Andachten zum Tageskreis bieten eine allgemeine Möglichkeit, die Zeit zum Anlass zu nehmen.

Einen ausdrücklichen Bezug zum Kirchenjahr gibt es nicht. Die religiöse Begleitung richtet also das Augenmerk auf die Wahrnehmung persönlicher Anlässe und Gegebenheiten. In der Begleitung der wichtigen Stationen des Lebens ist Kirche und ihre Religion nicht nur gefragt, sondern auch mit ihrer Botschaft von der Nähe Gottes am Platz. Die Kirche im Altenheim gibt keine religiösen Rituale und Anlässe vor, sondern greift menschliche Gegebenheiten als Anknüpfungspunkte auf, in denen sich der Kreis der Beteiligten und Gäste über die Bewohnerinnen und Bewohner und die Mitarbeitenden hinaus gelegentlich öffnet. Dies kann auch als „missionarische Gelegenheit“ (S. 14) bezeichnet werden, doch trifft diese Formulierung das Anliegen nicht, die Menschen in ihrem Alltag aufzusuchen und im Licht der Nähe Gottes wahrzunehmen. Der Gottesdienst wird vielmehr zur Geburtstagsfeier, zur Trauerfeier, zur Begrüßung und zur Verabschiedung und so zur Wahrnehmung und Begleitung von Lebenshöhepunkten.
Inwiefern dieser Ansatz einer spirituellen Begleitung in Seniorenpflegeeinrichtungen auf den Pflegealltag abgestimmt ist, wird in der Einleitung deutlich, die auch als Situationsbeschreibung kirchlicher Altenarbeit gelesen werden kann. Das Buch ist so nicht nur eine Dokumentation von in der Praxis erprobter Altenheimseelsorge, sondern dadurch indirekt auch ein spirituelles Handbuch. Beispiele aus kirchlicher oder säkularer Literatur zum Beispiel von Bonhoeffer, Ringelnatz, Brecht werden im Anhang als Quelle belegt, dazu kommen Bibel- und Gesangbuchtexte. Herausragend sind die vom Autor authentisch formulierten Gebete, die als Vorlage für ähnliche Gottesdienste geeignet sind.
Das Buch ist eine Einladung dazu, die spirituelle Dimension der Altenheimseelsorge weiterzuentwickeln, auch dann wenn nicht alle Aspekte der kirchlichen Begleitung vor Ort möglich oder gefragt sind. Trauerbegleitung, Geburtstage, Begrüßung von neuen Bewohnerinnen und Bewohnern sind in jedem Altenheim möglich. Je besser die Seelsorge mit altenpflegerischen Anknüpfungspunkten verbunden ist, umso besser wird sie in den jeweiligen Heimalltag eingebunden sein. Die Gottesdienste zeigen, dass dabei auch das Kirchenjahr wie Ostern und Weihnachten in der inhaltlichen Gestaltung vorkommt. Im Zentrum jedoch steht der Mensch, der an diesen wichtigen Tagen des Lebens einen Grund hat, nach der Tiefe und dem Sinn des Lebens zu fragen. So heißt es zum Beispiel in einer Predigt zum 100. Geburtstag: „Feste sind Paradiese, die aus dem alltäglichen Alltag herausragen. Feste sind so etwas wie die Kür des Lebens. Feste führen Menschen zusammen; sie erinnern uns daran, dass unser Leben mehr ist als Mühe und Arbeit.“ (S. 48)

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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