Heidelberger Katechismus zwischen Mittelalter und Neuzeit, Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2018

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Zu: Profil und Wirkung des Heildelberger Katechismus, Neue Forschungsbeiträge anlässlich des 450jährigen Jubiläums/ The Heidelberger Catechism: Origins, Characteristics, and Influences: Essays in Reappraisal in the Occasion of ist 450th Anniversary, Herausgegeben von/ edited by  Christoph Strohm, Jan Stievermann, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, Softcover, 415 Seiten, ISBN: 978-3-579-05996-9, Preis: 44,00 Euro

Profil und Wirkung des Heidelberger Katechismus The Heidelberg Catechism Origins Characteristics and Influences von

Zum 450jährigen Jubiläum des Heidelberger Katechismus (im weiteren: HK) fand das hier dokumentierte Wissenschaftsforum vom 9. bis 11. Mai 2013 in Heidelberg statt. Aus heutiger Sicht ist diese Dokumentation auch ein Beitrag zum Reformationsjubiläum im Jahr 2017.

Wie schon die Überschrift signalisiert, geht es um das theologische Profil dieser reformierten Bekenntnisschrift, seine Auswirkungen auf die reformierten Kirchen und Gemeinden und ihre kirchlichen Verbindungen sowie der Wirkungsgeschichte im 17. und 18. Jahrhundert.

Die ökumenische und internationale Weite des HK zeigt sich auch darin, dass sieben der 20 Artikel in englischer Sprache verfasst sind. Besser wäre es allerdings gewesen, die Dokumentation jedes Beitrags mit einer englischen und deutschen Zusammenfassung einzuleiten, wie es in mehrsprachigen Aufsatzsammlungen allgemein üblich ist.

Die Leseprobe des Verlags enthält auch das Inhaltsverzeichnis, so dass ich auf eine Zusammenfassung hier verzichte: https://www.randomhouse.de/leseprobe/Profil-und-Wirkung-des-Heidelberger-Katechismus/Christoph-Strohm/leseprobe_9783579059969.pdf

Ich widme mich vielmehr exemplarisch dem zweiten Aufsatz von Volker Leppin: „Ablehnung, Aneignung und Brechung, zur Gestalt des mittelalterlichen Erbes im Heidelberger Katechismus (S. 23-52).

Der Verfasser des HK Zacharias Ursinus (1534 – 1583) hat im Studium in Wittenberg bei Philipp Melanchton schon das mittelalterliche Erbe der Reformation kennengelernt. Die Auseinandersetzung damit ist auch daran motiviert, als Glaubensflüchtling Argumente zu einer Abgrenzung gegen die zeitgenössische katholische Lehre auszuarbeiten. Eventuell gehört auch dazu die deutliche Verurteilung des Messopfers, das 1562 im Dekret zum Messopfer neu definiert worden ist. Gegenüber dem dort zu beschreibenden Opfer der Kirche steht hier im HK das Opfer Christi selbst im Vordergrund. Im Sinn der katholischen Kirche ist das Opfer Christi (in der Messe) wiederholbar, was die evangelische, reformatorische Theologie ablehnt.

Der HK betont stattdessen den Christusbezug wie im Satz 1: „Was ist dein einiger Trost…“ (vgl. S. 30)

Volker Leppin zeigt allerdings, dass der Grundgedanke des evangelischen Trostes der mittelalterlichen Lehre entstammt, die darauf zielt, Gott als barmherzig und gütig zu bekennen.

Die Argumentation greift zurück auf eine Denkfigur von Anselm von Canterbury. Gottes Verlangen nach Genugtuung wird durch das Opfer des „theuren Blutes Christi“ beantwortet. Dazu argumentieren die Fragen 13 bis 18 des HK, dass wahre Genugtuung nur von jemandem gegeben werden kann, der Mensch und Gott zugleich ist. Dazu kann der Mensch nur durch eine Erlösungstat gerettet werden (vgl. S. 37).

Volker Leppin kann in dem Zusammenhang auf Philipp Melanchton verweisen, der eine solche Satisfaktionslehre bis hin zur augsburgischen Konfession in die evangelische Lehre einführte. Johannes Calvin und Heinrich Bullinger konzentrieren danach die Satisfaktion ebenfalls auf Christus.

Zacharias Ursinus verknüpft als Autor des HK die Satisfaktionslehre mit der Bundestheologie, die zur „biblischen Begründungsstruktur“ (S. 41) gehört. Diese biblischen Anspielungen wiederum lassen sich auf Anselm zurückverweisen. Der Untersuchung von Volker Leppin gemäß geht die Argumentation von Ursinus parallel zu Anselm, wobei er eine „reformatorische Transformation“ leistet (Vgl. S. 46).

Weitere Parallelen zur Theologie Anselms sind die Begriffe „Sünde“ und „Gerechtigkeit“.  Der Gerechtigkeitsbegriff des HK ist Calvin entlehnt, der hier gemeinsam mit Luther auf Thomas von Aquin hinweist. Mystische Anklänge des HK lassen sich als Anspielung auf Bernhard von Clairvaux herleiten.

Volker Leppin zeigt an etlichen Beispielen, wie Grundgedanken der reformatorischen Theologie auf die Argumente mittelalterlichen Theologien verweisen, die hier allerdings auch weiterentwickelt und transformiert werden.

Die reformatorische Theologie hier im HK und in der Reformation allgemein ist im Grundsatz mittelalterlichem Denken verhaftet, wobei allerdings die christologischen und biblischen Weiterführungen den reformatorischen Akzent verdeutlichen.

Als vorläufiges Fazit sollte festgehalten werden, dass der reformatorische Beitrag der reformierten Konfession z. B. Im HK auch auf die Reformation Luthers aufbaut und sie dann noch weiterführt.

 

 

 

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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