Zu: Christina Bergmann: Und meine Seele lächelt, Transsexualität und Spiritualität – Mein Weg zu einem authentischen Selbst, Pomaska-Brand-Verlag Schalksmühle 2011, ISBN 978-3-935937-870, Preis: 16,80 Euro
Die geschlechtliche Identität ist nicht gewählt, sondern bestimmt. Es gilt nicht, zu wählen, sondern anzuerkennen, was ist. Doch damit ist nicht die biologische Disposition gemeint. Transsexuell zu sein, bedeutet: ein Mann ist eine Frau. Dazu gilt es ja zu sagen und sich dementsprechend zu entwickeln. Doch anders als dieses Verständnis orientieren sich Elternhaus und Gesellschaft am vorgegebenen. In welchem Alter sich die Umwandlung vom Mann zur Frau dann real gestaltet, ist auch sehr stark vom Vollzug der heterosexuellen Vorprägung her bestimmt. Die evangelische Pfarrerin wird zur Frau, als sie schon verheiratet und Vater zweier Kinder ist. BILD schreibt: „Oh Gott! Pfarrer wird Frau!“ Warum geschieht dies erst so spät? Wer hat hier den Fuß auf der Bremse? Diese hintergründige Frage erschließt sich dem Leser kaum, wenn auch der Vorgang der transsexuellen Wandlung detailliert und mit psychologischer Einsicht dargestellt wird. Zur eigenen Identität zu finden, ist ein beglückendes Erlebnis; doch der Weg dorthin bereitet Probleme. Die Pfarrstelle wird aufgegeben. Aus dem Pfarrhaus heraus, die Eltern informieren, die Öffentlichkeit ebenfalls, all dies hinterlässt auch schmerzvolle Gefühle. Die in diesem Buch so oft geschilderten Tränen sind in den Exerzitien Tränen des Glücks. Ich darf vor Gott so sein, wie ich bin und so leben, wie ich will! Diese geistlichen Einkehrwochen nehmen manchmal den Charakter einer Therapie an. Stück für Stück wird Gelerntes und Gelesenes neu erfahren und neu sortiert. Beim Segnungsgottesdienst kommen der Autorin oft die Tränen, weil sie ihre weibliche Identität ausleben darf und will. Psychologische Erfahrungen werden mehr geschildert als gedeutet. Die Selbsterfahrung bleibt oft unerzählt. Sie steht im Hintergrund. Und sie nimmt die Gestalt einer Begegnung mit Mystik an. Gott in Allem zu sehen und nicht in vorgeprägten Formeln, ist eben oft nicht so einfach wie es klingt. Auch im Nichts und in der Leere ist Gott selbst, ist also selbst nichts als Nichts und Leere. Das möchte der Theismus nicht wahrhaben und überträgt es ins „einfache Evangelium“ (S.162), ein Glaube, in dem der Mensch letztlich nur klein und schwach und Gott groß und stark ist. Dieses einfache Evangelium spaltet statt zu verbinden: Wenn es mir gut geht, dann ist es nicht mein Verdienst, wenn es mir schlecht geht, dann ist es meine Schuld. Was es stattdessen zu entdecken gilt, ist die erhaltene Liebe, die trägt. In der Liebe ist Gott, ist Christus lebendig. Im Ganzen gesehen ist es ein gutes Buch, wenn auch ein weniger an Bibeltexten und Gebeten manchmal mehr gewesen wäre.
Ein wunderschönes Buch, voll tiefer Einblicke in den Wandlungsweg und den Gefühlsregungen bis zum, und nach dem Outing. Es hat mir sehr auf meinem Weg geholfen und Mut gemacht ihn zu gehen. Ich habe es nie bereut!
Danke Christina Bergmann!
Lg Danièlle