Macbeth – keine Willensfreiheit, oder doch? Rezension von Christoph Fleischer, Welver 2016

Zu: Macbeth nach William Shakespeare, Illustrationen: Anna Severynovska, Textbearbeitung: Barbara Kindermann, Reihe: Weltliteratur für Kinder, Kindermann Verlag, Berlin 2016, www.kindermannverlag.de, ISBN: 978-3-934029-68-2, Preis: 15,50 Euro, erscheint am 1.2.2016

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Macbeth ist ein Verwandter des schottischen Königs und wird nach einer Intrige zum Thronfolger, wenn dessen Söhne nicht zum Zuge kommen sollten. Er ermordet den König und lässt den Verdacht auf die Söhne fallen, so dass diese fliehen, um sich danach selbst zu krönen. Er hält sich selbst mehr schlecht als recht an der Macht, bis er vom englischen Heer besiegt wird, das den ältesten Sohn des alten Königs unterstützte, der nach England geflohen war. Nach dem Tod von Macbeth auf dem Schlachtfeld wird der rechtmäßige König eingesetzt. Diese Machtintrige wird von der Erscheinung der drei Hexen prophezeit und insofern gesteuert, als dass die Lady Macbeth und er selbst diese Prophezeiung als eine Handlungsanweisung deuten. Die Lady heckte auch den Mordplan aus. Zum Schluss zeigt sich, dass Macbeth die Weissagungen der Hexen zum Teil missverstanden und im Sinn seiner eigenen Machtgier ausgelegt hat, wodurch er auch letztlich den Entscheidungskampf verliert.

Im Original sagen die Hexen: „Fair is foul, and foul is fair.“

(Shakespeare, übersetzt von L. Schücking: „Schön ist hässlich, hässlich schön.“, zitiert aus: Hexen – Mythos und Wirklichkeit, Handreichung, Junges Museum Speyer 2009, S. 51, Internet: http://www.museum.speyer.de/dyndata/Handreichung_Hexen.pdf).

Dieser Satz der Hexen lesen wir im Buch von Barbara Kindermann so nicht. Allerdings leitet ein Satz von Macbeth die Hexenbegegnung ein, der ähnlich klingt: „So schön und hässlich sah ich nie einen Tag.“ Gerade die Jahre zu Beginn des 17. Jahrhunderts, in denen das Theaterstück von Shakespeare entstand, waren die unrechtmäßigen Hexenverfolgungen auch in England wie auf dem Kontinent verbreitet. Soll hier also Macbeth als verführbar dargestellt werden, um im Sinn der Hexenliteratur Hexen magische Kräfte zu zusprechen? Offensichtlich funktioniert die Gestalt der Hexen aber im Buch genauso wie eine Illustration der Bosheit, der Machtgelüste und Gewalt seitens Macbeth und seiner Ehefrau, die ihn darin unterstützte.

Dafür spricht auch die Fassung von Barbara Kindermann, wenn sie den Hexenspruch schon am Anfang Macbeth in den Mund legt. Für die Interpretation spricht auch, dass Macbeth im Laufe des Stückes noch weitere Geistererscheinungen hat. Er sieht den Geist seines toten Freundes auf einem leeren Stuhl bei einem Gastmahl. Die Frage ist also, ob Macbeth zu recht meint, von Hexen oder Geistern determiniert zu sein und insofern in der Willensfreiheit eingeschränkt ist.

Die Zeichnerin Anna Severynovska setzt die Hexenszenen bewusst einmal in die frühe Abenddämmerung und danach die Szene am Hexenkessel in die Nacht, was das Auftreten der Hexen als Erscheinungen illustriert. Dann liest man den Text als Narrativ, mit dem die Hauptperson Macbeth seine Verantwortung für das Böse an die bösen Mächte delegiert, zu denen er die Hexen rechnet.

Da zum Schluss des Dramas die Rechtsordnung sieht, stehen die Gestalten der Hexen dem Bösen nahe. So gesehen ist dann Macbeth kein Beitrag gegen die Hexenverfolgung, zeigt aber, dass die wahre Verantwortung beim Täter liegt und nicht bei seinen Ratgebern. Der Wahlspruch der Hexen ist kein guter Rat, wenn er auch letztlich Macbeth´s maßlose Machtgier illustriert.

Die Bilder zeigen klar eine Szenerie von Burgen und einer Ritterwelt. Die Stimmung ist düster. Die Zeichnerin, deren Masterarbeit das Buch zugleich ist, legt Wert auf Stimmungen und Emotionen. Der Text ist mehr als ein Kinderbuch. Es ist eine gelungene Kurzfassung des Macbeth-Stoffes.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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