Außenseiter der Reformation, Rezension, Christoph Fleischer, Welver 2017

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  1. Uwe Birnstein: Toleranz und Scheiterhaufen, Das Leben des Michael Seret, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013, 100 Seiten, ISBN: 978-3-525-56012-9, Preis: 13,00 Euro
  2. Uwe Birnstein: Argula von Grumbach, Das Leben der bayerischen Reformatorin, Mit Reiseführer „Auf Argulas Spuren“, Neufeld Verlag, Schwarzenfeld 2014, gebunden, 128 Seiten, ISBN: 978-3-86256-048-6, Preis: 14,90 Euro

Der Autor Uwe Birnstein auf Amazon: Luther, Melanchton, Hufeisen, Auguste Victoria, Klepper, Bach, Raiffeisen, Kierkegaard, Jung, Hüsch, Claudius, Hesse, Müntzer, Fliedner, Zwingli usw. Er ist der Biograf des Protestantismus.

Schon das Buch über Michael Servet zeigt, dass Uwe Birnstein gern vor Ort recherchiert und nicht nur zusammengelesene Fakten präsentiert. Er fuhr nach Spanien in den kleinen Ort Villanueva, um etwas über Servet zu erfahren und fand ein kleines Michael-Servet-Museum.

Das kleine Buch über den Spanier ist eine Liebeserklärung an einen Ketzer. Das letzte Kapitel widmet sich ausdrücklich dem neuzeitlichen Umgang mit dem Martyrium von Michael Servet im reformierten Genf unter Mitwirkung von Johanne Calvin. Dass überhaupt ein Ketzer in einer reformatorischen Gemeinde auf dem Scheiterhaufen landete ist ein Schandfleck der Reformationsgeschichte. Eine ausdrückliche Entschuldigung dafür gibt es, so Uwe Birnstein, bis heute nicht, nur die Ausrede, die Hinrichtung sei aus den Zeitumständen zu erklären.

Dabei macht der Text über Servet deutlich, dass es diesem nicht nur gelang über zwei Jahrzehnte unter einem Synonym erfolgreich zu publizieren, sondern auch seinem Beruf als Arzt nachzugehen. Spielt es eigentlich heute gar keine Rolle, dass nicht nur die Aufklärung, sondern auch die Exegese gezeigt haben, dass Servet dem jüdischen Hintergrund und der historischen Gestalt Jesu erfolgreich auf den Grund gegangen ist und so auch einen Weg zu einem möglichen Dialog der Religionen fand? Dass er in einem Buch Johannes Calvin persönlich und direkt angegriffen hat, wurde ihm erst fast 30 Jahre danach zum Verhängnis.

Respekt vor dem Autor Uwe Birnstein, der nicht nur sorgfältig recherchiert, sondern auch einleuchtend berichtet und im Hinblick auf die Wirkungsgeschichte Servets die richtigen Fragen stellt.

 

Birnsteins Buch über Argula von Grumbach gibt im zweiten Teil einen ausführlichen Reiseführer aller Orte, die mit der Reformatorin zu tun haben. War es die Tatsache, dass sie eine gute Verbindung zum bayrischen Adel hatte? Waren es die Tragödien um vergebliche Versuche in Bayern die Reformation einzuführen, wie bei Arsacius Seehofer aus Ingolstadt, der als Ketzer im Kloster Ettal festgehalten und inhaftiert wurde, Argula nahm die Verfolgung des reformatorischen Lebens zum Anlass, einen Sendbrief zu verfassen, der gedruckt und bis Wittenberg bekannt wurde. Sie traf parallel zum Augsburger Reichstag sowohl mit Luther auf der Coburg als auch mit Melanchton in Augsburg zusammen. Als ihr Mann allerdings früh starb, musste sie sich um die Ländereien und die Familie stärker kümmern und schrieb keine öffentlichen Sendbriefe mehr.

Mitte des 19. Jahrhunderts, als in Deutschland die Frauenbewegung aufkam, wurde die wichtigste Frau der Reformationszeit wiederentdeckt und in einer Ballade von Louise Otto-Peters geehrt. Das Buch lebt neben der anschaulichen Erzählung von der ausführlichen Dokumentation und der reichhaltigen farbigen Illustration. Das Buch von Uwe Birnstein ist ein wichtiger Beitrag zur bayrischen Reformationsgeschichte und ein Reiseführer.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

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