Scheidewege Ausgabe 2017/2018, Jahrgang 47, Jahresschrift für skeptisches Denken, Hrsg. Von der Max Himmelheber-Stiftung, Redaktion: Walter Sauer und Michael Hauskeller, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2017, 409 Seite, ISBN: 978-3-7776-2695-6, Preis: 37,90 Euro
Das Inhaltsverzeichnis auf dem inneren Buchumschlag vorn gibt die Reihenfolge der 27 Artikel wieder, dasjenige am Ende des Buchs ist alphabetisch geordnet. Davor werden die Autorinnen und Autoren kurz vorgestellt (zwei Frauen, 25 Männer). Das Buch enthält kein editorisches Vorwort.
Die Themen sind von der jeweiligen Arbeit der Autorinnen und Autoren selbst ausgewählt und werden nicht durch eine Vorauswahl präjudiziert. Das ist bei allen Bänden bisher so gewesen. Allerdings gehe ich davon aus, dass sie der kleinen inhaltlichen Bemerkung auf dem Umschlag hinten entsprechen: „Skeptisches Denken ist auf jene gerichtet, die glauben, den Code des Lebens und des Zusammenlebens entschlüsselt zu haben und daraus schnellfertig die Verfahren ihres Handelns ableiten können. Skeptisches Denken erbringt Einwände und Einsichten, die nicht immer Weg und Ziel, aber doch eine Richtung anzeigen.“
Das kann im Gegenteil ja nur bedeuten, dass die Aufarbeitung der Lebensfragen situativ zu erfolgen hat. Der skeptische Ansatz ist dem Pragmatismus verpflichtet. Die Stichworte sind demnach aktuellen Lebensfragen geschuldet wie: Migration, Europa, Städte, Moral, Kitsch, Tierhaltung, Körper, Digital, Diskriminierung.
Ich wähle exemplarisch einen Artikel aus: Harald Seubert (Vorsitzender der Martin-Heidegger-Gesellschaft und Professor in Basel) schreibt über „Die Zukunft der europäischen Seele“. Seit 1917 ist die Rede von der Krise im Zusammenhang mit Europa. Harald Seubert greift Jacques Derridas Buch „Vom Geist“ auf. Was bei Derrida als Analyse des Weges zu Diktaturen diente, wird jetzt auf die Gegenwart angewandt.
Ob 2018 hundert Jahre nach 1918 wieder ein Jahr des Aufbruchs wird, muss sich also noch zeigen. Europa galt bis heute als „Friedensprojekt“. Doch dieser Anspruch ist unter der Bedingung versagender Staaten (state failing) nicht einfach vorauszusetzen. So bleibt doch ein Glaubensbekenntnis festzuhalten: Europa hat eine Seele, die in der Verbindung zwischen Athen und Jerusalem begründet ist. So fordert Seubert, Israel solle zur Eurozone gehören. Europa sollte aus einer Gemeinschaft von Bürgern und Nationen geführt werden, sowie an Bildung und Erinnerung festhalten. Hier darf doch vorsichtig gefragt werden, ob der Anspruch der Skepsis noch leitend ist/war, wenn auch niemand wünscht, dass Europa im Chaos versinkt.
Nach dieser eher ernüchternden Lektüre lege ich das Buch zunächst zur Seite. Nicht ohne mir die Artikel von Michael Holzwarth „Ekel und Moral – zur Aktualität einer sozial vernichtenden Emotion“ und Hans-Martin Schönherr-Mann „Involution oder Diskriminierung“ als Versuch über Bildung als mediale Bedingung der Politik angesichts populistischer Bestrebungen noch vorzunehmen.